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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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großen Augen und schmalen Lippen. »Du bist durch die Gnade Gottes hierher gekommen und lebst im Luxus wie einer der Auserwählten…«
    »Nein«, widersprach Reah heftig. »Nicht auserwählt. Ich bin vielleicht durch Allahs Willen hergekommen, aber nicht, um mit anzusehen, wie alles verrottet. Ihr wollt mir also nicht helfen?«
    Belshezar schaute zu Boden. »Zu großes Risiko. Du solltest dich nicht einmischen. Sind wir denn nicht gut zu dir gewesen und haben wir dir nicht geholfen?«
    Für einige Sekunden stand Reah schweigend vor ihnen. »Ihr seid nur wenige«, sagte sie. »Ihr würdet Tage brauchen, um mich zu finden, wenn ich untertauchen wollte.«
    Rebeccas Kinnlade fiel hinunter und entblößte den Unterkiefer. »Was…« Ihre Augen verengten sich, als ob sie Reah auf einmal in einem klareren Licht sehen würde. »Wir sind schon länger hier. Wir kennen die Stadt besser. Paß nur auf, daß wir dich nicht rauswerfen.«
    »Ihr habt überhaupt nicht die Macht, jemanden rauszuwerfen!« giftete Reah. Belshezar wollte ihren Arm ergreifen, aber sie zog sich zurück, wobei ihr leichtes Kleid sich bauschte.
    »Dann geh freiwillig«, forderte Rebecca. »Laß uns in Ruhe!«
    Reah schüttelte den Kopf. Sie wandte sich ab, und Belshezar folgte ihr. »Warte einen Moment«, sagte er. »Laß uns darüber reden…« Sie rannte los. Bevor er sie eingeholt hatte, stieg sie in einen bienenförmigen Gleiter und wies ihn an, sie zum höchsten Punkt der Stadt zu bringen.
    Während der Gleiter sich langsam in die Höhe schraubte, verschmolzen Belshezar und Rebecca schließlich mit dem grandiosen Liliendekor des Bodens, das sich im kühlen grünen Licht intervallartig komprimierte und wieder expandierte.
    Der Scheitelpunkt der Stadt erhob sich zwölfhundert Meter über die Hochebene. In dieser Höhe war die Luft kälter und dünner, wodurch ihr das Atmen erschwert wurde. Mit der Aufforderung, auf sie zu warten, ließ sie das Fahrzeug am Landesteg zurück und ging unter den gebogenen Stützstreben hindurch, die den Scheitelpunkt der Stadt abstützten. Ober- und unterhalb der um den Schacht verlaufenden Galerie befanden sich terrassenförmig angelegte Gartendecks mit Wasserfällen und Flüssen. Blumenduft lag in der Luft, aber die Hälfte der Gärten war nun völlig verwildert, wobei die organischen Gartenmaschinen zu verwesendem Schrott zerfallen waren. Die Vegetation von Gott-der- Schlachtenlenker faßte hier oben bereits Fuß, weit entfernt von den stärker verteidigten unteren Sektionen. Vögel nisteten in den Bäumen oder in zersplitterten Säulen, und Insekten stoben bei ihrer Annäherung von den Wegen auf. Eine riesige Motte, deren Flügelspannweite ihrer Schulterbreite entsprach, rauschte mit einem leisen Quäken vorbei und flog eine geschlossene Knospe an.
    Sie verhielt im Flug und beäugte sie, flog weiter und verlor sich im Zentralwald des Gipfels der Stadt.
    Die Bäume waren einst integraler Bestandteil der Stadt gewesen; nach dem Versagen der Systeme hatten einige sich jedoch selbständig ausgebreitet und Generationen von autonomen Nachkommen hinterlassen. Nun unterschied der Wald sich kaum mehr von den natürlichen Wäldern des Planeten, mit der Ausnahme, daß es hier kein Großwild gab. Auf ihrer Wanderung stellte sie fest, daß die Systeme einiger im Wald verstreuter Häuser noch funktionierten, und sie beschloß, in einem davon die Nacht zu verbringen.
    Das Mobiliar war in den Räumen verstreut, windschief und verfallend, und verrottende Textilien lagen in Fetzen herum. Staub bedeckte den Boden und verursachte ihr einen Hustenreiz. Die Insektenpopulation war beachtlich. Zunächst hatte sie Bedenken – aber dann erspähte sie die Konsole und den verhüllten Monitor. Die Bank vor dem Rechner war solide. Sie nahm darauf Platz und rief Informationen ab. Die verstaubte Jalousie fuhr knisternd hoch, und ein Homunculus erschien auf dem Monitor.
    »Gibt es eine Möglichkeit, diesen Platz zu reinigen?« fragte sie. Die Gestalt schien einen Moment über dieses Ansinnen nachzudenken. »Ein Computer ist noch funktionsfähig; wünschst du, daß er aktiviert wird, so daß du damit arbeiten kannst?«
    »Ja. Außerdem möchte ich, daß frische Bettwäsche und neue Möbel bereitgestellt werden.«
    »Sie werden von Fabriken in den unteren Ebenen geliefert.«
    »Das ist fein. Und bis dahin möchte ich mit den städtischen Archiven verbunden werden.«
    »Die Archive sind geschlossen. Nur die Stadtverwaltung darf…«
    »Ich gehöre zur

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