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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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dieser verhielt den Schritt und schleuderte Dreckklumpen von den Schuhen. »Schicke alle Wachen an die Front«, befahl er. »Alle Veteranen, die Späher… ich will sie alle hier bei mir haben.« Um mich haben, dachte er. »Wir werden erst dann stürmen, wenn sie hier sind.« Er tastete nach seiner Pistole, und die schwere Waffe übte eine beruhigende Wirkung auf ihn aus.
    Die Stadt war noch eine Meile entfernt und kam unerbittlich näher. Ihre Reihen wirkten nicht schwächer als bei Anbruch des Tages.
    Dies war die Konfrontation, die finale Begegnung. Wenn er jetzt versagte, würden die Jäger ihre einst fast mystische Verehrung für ihn vollends verlieren (sie verloren sie ja bereits) und zu der Ansicht gelangen, daß er sich im Grunde überhaupt nicht um sie scherte und ihnen noch weniger Fürsorge angedeihen ließ als ein Gott seinen niedrigsten Gläubigen. Sie würden vermuten, daß es ihm nur um die Beute ging, die sie für ihn herbeischafften. Er hatte sich schon lange gefragt, wann sie dahinterkommen würden. Keinem Führer liegt das Wohl der Masse am Herzen, sagte er sich. Es ist ein Zweckbündnis, keine Liebesbeziehung. Sein Vater hatte ihn damals auf die gleiche Weise behandelt, ihn nach der Ernte, im Kerzenschein nach den kargen Mahlzeiten mit düsteren, mißtrauischen Augen angesehen, weil er sich über sein Kind nicht im klaren war, aber zumindest wußte er, daß sein Sohn zur Arbeit taugte, als Stütze für seine schwindenden Kräfte. Und Durragon hatte ein ähnliches Mißtrauen gegenüber dem müden, runzligen Patriarchen gehegt, hatte nachts davon geträumt, ihn zu töten, die Familienersparnisse zu stehlen und weit weg zu gehen.
    Nun war er der Vater, und die Kinder waren unruhig. Er mußte seine vertrauenswürdigsten Männer um sich scharen, oder er würde während des Angriffs getötet werden, genauso wie der Kartenzeichner umgebracht worden war.
    Durragon war von Geburt ein Habiru. Kein Habiru, dachte er, konnte einem Jäger jemals wirklich vertrauen oder ihn respektieren. Sie vergeudeten ihr Leben mit dem im Grunde einzigen Lebenszweck, wie Aasgeier wandernden Städten nachzustellen und unüberwindliche Monolithen anzubeten, die nicht einmal etwas von ihrer Existenz wußten.
    Jetzt war er ihr scharfes Schwert, das die Monolithen spalten und ihnen das rechtmäßige Paradies wiederbringen sollte. Aber sie waren so dumm, daß sie nicht einmal erkannten, daß ein Messer auch eine scharfe Klinge haben mußte.
    Die Späher, Wachen und ehrwürdigen Veteranen versammelten sich in Gruppen zu fünf oder sechs oder zehn Männern um ihn, und er ritt in ihrer Mitte umher, rief Befehle und gliederte sie zu Puffern. Er ortete Perja, der nun ebenfalls ein dem seinen vergleichbares Reittier hatte, das er vermutlich während der Angriffe der letzten Stunden gefangen hatte. Ehrgeiz. Der Mann war gefährlich. Durragon hielt nicht an, um ihm keine Chance zu geben.
    Die Stadt hatte sie fast erreicht. Sein taktisches Urteilsvermögen suggerierte ihm wohl die Ahnung, daß sein Vorhaben närrisch und selbstmörderisch war, aber er gab dennoch den Befehl. »Stürmen! Erzwingt euch den Zugang!« Hundert Yards. Sein Reittier trug ihn ruhig durch das Gelände, und der Wind im Gesicht versetzte ihn schier in Hochstimmung. Dann schien ein gigantischer Träger zu materialisieren, sich einen Weg durch die kleineren Teile zu bahnen und zwischen seine Männer zu fahren. Perja schloß zu ihm auf.
    »Geh zurück zum rückwärtigen Bereich!« schrie Durragon. Perja schüttelte den Kopf. Durragon wandte sich um und schaute, wohin sein Tragtier überhaupt lief. Aus dem Augenwinkel sah er etwas auf sich zufliegen, einen wirbelnden Stein, einen Klumpen aus Erde und Gras. Er zog die Pistole.
    Er glitt vom Reittier und traf hart auf dem Boden auf. Er spürte einen Schmerz, wie eine Zerrung in der Brust. Er rollte herum.
    Perja stand über ihm und verdunkelte den Himmel. Der Jäger stellte sich auf seine beiden Arme. Er konnte weder die Pistole finden noch Klarheit in seine Gedanken bringen. Der Jäger brachte einen dünnen geflochtenen Draht zum Vorschein. Durragon schloß die Augen. Ein Schatten flog vorbei. Todesengel.
    Er hustete und riß die Augen auf. Perja stand noch immer da, aber etwas Schwarzes hing über ihm. Der Jäger krümmte sich und versuchte sich zu ducken, aber sein Kopf wurde von irgendeinem Objekt mitgerissen, und er flog davon. Der auf dem Rücken liegende Durragon blieb zurück. Der Schatten verflüchtigte sich. Der

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