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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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wurde von einem Netz aus silbrigen Drähten und medizinischen Geräten umgeben. Drei kräftige, als Kleiderständer ausgeprägte Arbeiter standen reglos in der Nähe. Ezeki trat in die Tür, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen.
    »Ist sie es?« fragte Musa.
    Ezeki beugte sich nach vorn und umrundete dann schnell den Tisch, als ein Arbeiter sich anschickte, ihn aufzuhalten. Seine Augen weiteten sich, als er von einem messing- und kupferfarbenen Arm weggezogen wurde.
    »Nein«, antwortete er, »er ist es.«
    Der im Dämmerzustand liegende Durragon, der von grünen Extremitäten und silbrigen Drähten behandelt wurde und am Tropf hing, hatte bereits seit mehreren Tagen geglaubt, tot zu sein, sofern er überhaupt etwas gedacht hatte. Er konnte sich nicht erinnern, wie oft er schon vom Bett zum Tisch und wieder zurück transportiert worden war. Er wähnte sich als ein von den Bestattungsmeistern des Habiru-Dorfes konservierter Körper, der nun jeden Tag ihre Rache zu spüren bekam…
    Dann hörte er die Stimmen. Er drehte den Kopf, oder versuchte es zumindest, und spürte dann, daß er bewegungsunfähig auf dem Tisch lag. Er erkannte die Stimmen. Es hatte keinen Zweck, eine Konversation zu beginnen. Wenn er tot war, dann waren sie auch tot. Sogar im Tod gebot er noch über eine Armee…
     
    Reah saß in der Spitze des höchsten Turmes, nunmehr noch knapp zweihundert Meter über dem Flußbett, und tippte ungeduldig mit den Fingern, während sie von einem Medo-Roboter untersucht wurde.
    »Du bist nicht krank«, diagnostizierte der Arbeiter. »Das heißt, du hast keine Krankheit oder Funktionsstörung.«
    »Warum muß ich mich dann übergeben? Mein Magen ist so aufgebläht, als ob ich unreifes Obst gegessen hätte.«
    Der Arbeiter stieß eine Sequenz von Summtönen aus. »Du weißt es nicht?«
    »Nein. Was weiß ich nicht?«
    »Der Grund, aus dem dir erlaubt wurde, in der Stadt zu bleiben.«
    »Was, in Allahs Namen?«
    »Du bist schwanger.«
    Reah lachte. »Ich bin zu alt!« sagte sie in scharfem Ton.
    »Das stimmt offensichtlich nicht.«
    »Das ist doch lächerlich. Wer – ich habe keinen…« Sie schüttelte den Kopf.
    »Du bist schwanger seit dem Tag, an dem du hergekommen bist, vielleicht sogar ein paar Tage länger. Wir können dir einige Optionen anbieten. Die meisten Bürger entscheiden sich für die natürliche Geburt, was mit unserer Überzeugung konform geht. Deine Schwangerschaft kann jedoch auch außerhalb der Gebärmutter fortgesetzt werden, wobei durch eine zusätzliche Konditionierung Geburtshilfe geleistet wird. Weiterhin…«
    »Genug!« Ihr schauderte. »Nein. Ich glaube es nicht.«
    Der Arbeiter verstummte. Sie erhob sich, ging zur Wand hinüber und überflog das verstreute, unordentliche Lager der Jäger. Sie runzelte die Stirn. Da war etwas gewesen… aber es war unscharf. Sie erinnerte sich daran, auf der Erde gelegen zu haben, wobei sich ein jugendliches, schmutziges Gesicht auf ihr auf und ab bewegte. Erneut verspürte sie Übelkeit, aber nicht wegen der Abscheulichkeit in ihrem Leib. Die Erinnerung, wie sie als Kind einem Grashüpfer bei der Kopulation mit einem anderen Grashüpfer zugesehen hatte, der in der Mitte durchgeschnitten war, verursachte ihr Ekel. Der lebendige Grashüpfer war nicht fähig gewesen, zu differenzieren.
    Der Mann – oder Männer – oder Jungen –, die über sie hergefallen waren, hatten sich nicht mehr in der Gewalt gehabt als das Insekt. Damals war sie halb verrückt gewesen, eine häßliche und verdreckte Harridan. Aber allein die Tatsache, daß sie eine Frau war, hatte die Männer dazu veranlaßt, sie zu vergewaltigen und ein Monster in ihrem Innern zu zeugen. Sie hätte schreien können.
    »Ich werde ein solches Kind nicht austragen«, sagte sie. »Ich will es abtreiben.« Die Worte schienen ihr die Zunge zu verbrennen.
    »Eine Entfernung kann arrangiert werden«, sagte der Arbeiter. »Aber wir werden das Kind nicht töten.«
    »Das ist mir egal. Entfernt es nur aus mir.«
    »Du mußt dich in ein entsprechend ausgestattetes Appartement oder in die Klinik begeben.«
    »Befinden sich noch immer Männer dort?«
    »Ja.«
    »Dann bring mich in ein Appartement.«
     
    Durragon hatte das Bett verlassen und schlurfte langsam umher. Ein Arbeiter gab ihm Hilfestellung, wobei er ihn am Ellbogen führte. Durragon hatte keinen Ton gesprochen, seit er aufgewacht war. Er wußte nicht, wie lange er geschlafen hatte, aber er war jetzt mißtrauisch, und er wollte sich

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