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Die Macht des Amuletts

Die Macht des Amuletts

Titel: Die Macht des Amuletts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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Plötzlich war er froh und ging zu ihr hinüber. »Wir haben auf dich gewartet.« Träge und zärtlich fuhr sie ihm über die Haare. »Wir gehen alle zum Eilderfeld. Solche Musik wirst du noch nie gehört haben.« Er schaute weg. »Danke. Aber falls du nichts dagegen hast, komme ich heute Abend nicht mit. «
    Sie sagte nichts. Alle schwiegen. Jäh empfand er das Mondlicht als eisig.»Ich dachte, ich gehe zur Abwechslung mal mit meinem Vater weg.«
    Ein leises Zischen kam aus einer dunklen Ecke. Rowan glitt vom Sims und stand auf, sie war so nahe, dass er zurückwich.
    »Du kommst nicht mit?«, flüsterte sie bedenklich leise. Micks Herz hämmerte, seine Handflächen waren nass. Mit einem schmerzhaften Schock wurde ihm klar, dass Katie Recht gehabt hatte. Er fürchtete sich vor Rowan. »Nur dieses eine Mal«, stammelte er und versuchte zu lächeln. »Morgen bin ich wieder da.«
    Die Geschöpfe beobachteten ihn schweigend. Sie schienen zahlreicher zu sein als zuvor: dunkle Gestalten in den Ecken, Figuren, die durch die offenen Fenster glitten. Rowan schüttelte den Kopf. »Ich bin enttäuscht«, sagte sie trocken. »Mit wem hast du gesprochen, Mick?« Er wollte nicht antworten; es war, als würde ihm das Wort mit Gewalt entrissen. »Katie.«
    »Diese kleine Katze.« Rowan legte den Kopf schief, sie beobachtete ihn scharf. »Und was hatte sie zu sagen?« »Nichts. Wenigstens ... Nun, es war eine Geschichte über einen Harfenisten. Er heißt Alex.«
    Bei dem Namen fauchte es von überall her durch den Raum; jemand lachte, ein raues Geheul wie von einem Fuchs. »Es wäre besser, seinen Namen nicht zu nennen.« Rowan war kalt vor Wut, ihre Augen wurden schmal und feindselig. »Du willst es also machen wie er, was? Du willst uns verlassen.«
    »Nein! Das will ich nicht!«
    »Hör mir zu, Mick, niemand entflieht uns. Die Musik ist in dir, deine Gabe. Sollen wir sie zurücknehmen?« »Nein ... Schau ...«»Wir können sie nehmen. So leicht, wie wir sie gegeben haben.«
    Er schämte sich, wollte widersprechen, konnte es aber nicht. »Geh zu deinem Vater. Wir halten dich nicht zurück.« »Ich will nicht.« Er schaute auf, sagte es lauter: »Nicht mehr.«
    »Dann spiel.« Sie lächelte, ein kaltes, belustigtes Lächeln, bei dem ihn Angst durchzuckte. »Los, Mick. Spiel hier für uns. Finde heraus, wie wir die bestrafen, die versuchen wegzukommen.«
    Er schwitzte, war durcheinander. Er wollte nicht spielen, doch seine Finger schienen gegen seinen Willen zu gehorchen, sie drückten das kalte Rohr an seine Lippen. Ein paar starke Arme hoben ihn auf den Tisch. Und dann spielte er widerwillig, bevor er es wusste, einen schnellen, atemlosen Reel, den er noch nicht einmal erkannte, und die Menge brüllte vor Lachen, tanzte um ihn herum, andere Instrumente schlossen sich an, eine ganze Band randalierte in jeder Ecke des Saals. Rowan, groß zwischen ihren Leuten, lächelte zu ihm hinauf. »Hör auf, wenn du müde bist, Mick«, spottete sie. »Wann immer du willst.«
    Aber er konnte nicht aufhören. Immer schneller wurde die Musik aus ihm herausgezerrt; sie brauste weiter und er musste mithalten, sein Atem kam stoßweise, der Schmerz in seiner Brust schwoll an wie ein Ballon, der plötzlich platzen könnte. Entsetzt stellte er fest, dass er jetzt nichts mehr sah, nur verschwommene kichernde Gesichter nahm er wahr, die sich ihm entgegenstreckten und wieder wegtauchten. Schweiß lief ihm in die Augen und er schloss sie und spielte, und immer, wenn er dachte, die Gigue würde enden, ging sie mühelos in eine andere und wieder in eine andere über,
    bis er stumm mit ganzer Seele schrie, sie solle aufhören. Der Rhythmus trieb ihn erbarmungslos weiter; Trommeln und Pfeifen und Stimmen brausten um ihn herum und seine Fingerspitzen waren so wund, dass sie bluteten, und er konnte nicht atmen, er konnte nicht mehr, er spürte, wie er erstickte, die Musik würgte ihn, während er spielte und spielte, jetzt auf den Knien, von Apollo besorgt betrachtet, und Rowan tanzte und dunkle Vögel oder Flecke flogen hinter seinen Lidern und er hatte Schmerzen in seiner Brust wie von Messerstichen.
    Der Raum dröhnte in die Dunkelheit hinein, eine Marter aus Klang; er wusste, dass er daran sterben würde, dass sie ihn mit Musik töteten. Und dann kam jemand herein und schaltete das Licht an und sein Vater sagte: »Michael?« Er brach zusammen.
    Auf Händen und Knien stürzte er auf den Tisch, schnappte nach Luft, zog sie mühsam ein, würgte vor Schmerz und

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