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Die Macht des Amuletts

Die Macht des Amuletts

Titel: Die Macht des Amuletts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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aufgewühlt wurde und in seltsamen Gestalten dahintrieb. Am Fuß des Bettes klirrten die Glockenspiele, ein leises, endloses Murmeln. Sie würde kommen. Das wusste er. Das Horchen wurde zur Qual. Das große Haus knarrte und bewegte sich, während der Sturm wütete, an fernen Fenstern ratterte und um die Giebel heulte, jedes Geräusch griff mit kalten Fingern an sein Herz. Das war nicht mehr sein Haus. Alle dunklen Korridore unter ihm, die Räume und Treppenhäuser und Säle waren vom Feind besetzt; Unsichtbare spukten murmelnd und lachend darin. Einmal war er überzeugt, Musik zu hören, ein leises, hinterhältiges Pfeifen, bei dem sich sein ganzer Körper vor Angst verkrampfte. Aber das Tosen des Sturms übertönte es und er zog sich die Bettdecke über den Kopf und betete, dass der Wind ewig wüten werde, dass das Haus nie mehr still sein werde. Vielleicht döste er ein. Doch plötzlich war er wach und von Angst besessen.Es kam ohne Ankündigung. In der warmen Finsternis verkrampfte er sich, bis er heiß und atemlos war. Langsam schob er die Bettdecke weg und öffnete die Augen. Hinter ihm war es still im Zimmer. Er konnte nur die Tür sehen, und die war geschlossen.
    Er schob sich auf dem Kopfkissen hoch und schaute ängstlich in die vertrauten Schatten, erkannte den Schrank, die Regale, den Tisch auf der anderen Seite des Zimmers. Ein Blitz leuchtete weiß und still. Er sah sie.
    Entsetzen durchfuhr ihn. Es war nur ein Moment gewesen, aber sie hatte in dem alten Lehnstuhl an der Wand gesessen und ihn beobachtet. Das Nachbild verwirrte ihn. Dann glaubte er in der Dunkelheit ihre Gestalt auszumachen, sie war immer noch da, unbeweglich. »Rowan?«, flüsterte er.
    Eine Sekunde lang war er nicht sicher. Bis sie so schnell, dass sein Herz aussetzte, aufstand und durch die Düsternis mit raschelndem Kleid auf ihn zukam.
    Sie setzte sich aufs Bett, wo Sandy gesessen hatte. Immer noch im Dunkeln konnte er in ihrem Gesicht nichts lesen, es war so ausdruckslos. »Tut mir Leid, Mick«, sagte sie ruhig. »Leid?« Er war überrascht. »Das alles. Du musst uns hassen.«
    »Nein«, stammelte er verwirrt. »Nein, ich hasse euch nicht.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich musste es tun; du hättest dich mir nicht widersetzen sollen. Aber ich möchte dich bei uns haben. Willst du das nicht auch?«
    Benommen zuckte er die Achseln. Es war erschreckend, wie ihre Stimmung wechselte. Jetzt sah er, dass sie ein rotes Kleid trug, siebzehntes Jahrhundert – er kannte es von einem der Porträts unten. Es sah seltsam aus zu ihrem kurzen Haar.
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Heißt das nein?« »Nein«, sagte er überstürzt. »Ich meine ... ja, ich will es.«
    »Gut. Dann können wir wieder Freunde sein.« Ein Blitz flammte auf und zeigte ihre strahlenden Augen. »Hast du das Unwetter ausgelöst?«, flüsterte er. »Meinetwegen?«
    Sie lächelte schwach. »Wie könnte ich das?« »Mach dich nicht lustig über mich«, murmelte er. Das ärgerte sie. »Du hast es immer noch nicht gelernt!« Sie beugte sich vor und sagte kalt und brüsk: »Ich mag dich, Mick, aber sobald du unsere Gaben annimmst, haben wir das Recht, Bezahlung zu verlangen. Fürchte uns, vertraue uns nicht, weil uns nicht zu trauen ist. Wir sind so wechselhaft wie der Wind. Wir haben kein Herz. Aber wir haben alles andere, wovon du nur träumen kannst.« Mit einem Seidenrascheln stand sie auf, ging zum Fenster und öffnete es. Der Wind stob herein, dass die Glockenspiele in einer plötzlichen Kakophonie klirrten und der mitgeschleuderte Regen Mick frösteln ließ. Sofort dachte er an die Ernte, an die Meilen zerstörter Frucht. Rowan drehte sich um, die Ellbogen aufs Sims gestützt. Kein Tropfen befleckte ihr Kleid. »Du kommst also?« »Wohin?«
    »Ich habe es dir gesagt. Heute Nacht spielen wir auf dem Eilderfeld. Das Unwetter wird uns nicht stören. Zieh dich an, Mick. Wir brauchen alle unsere Musiker.« Das war ein Befehl. Er würde es nicht wagen, ungehorsam zu sein. Nach einem Augenblick schwang er die Beine aus dem Bett. Sein Körper war kalt, als hätte etwas Menschliches ihn verlassen.
     
    Katie prallte zum dritten Mal an die Fahnenstange und schrie vor Verzweiflung. Hinter ihr kicherten sie und sie fuhr sofort herum, doch die Nacht war eine brausende Leere.
    Sie führten sie im Kreis herum. Immer wenn sie auf das Herrenhaus zulief, drängte der Wind sie ab, der Regen nahm ihr die Sicht.
    »Lasst mich in Ruhe!«, rief sie, nahm die Eisenscheibe aus der Tasche und zog

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