Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
Büro tritt. »Hallo, Boß«, sagt er zu Wally und dann zu mir: »Bester Freund?« Peter steht auf und geht zur Tür. »Die Antwort lautet ich . Wie und wann auch immer. Vergiß das nicht.«
    Â»Feiner Kerl«, sagt Wally, als Peter draußen ist. Wally ist der klassische Oberstaatsanwalt: gertenschlank, volles Haar und perlweise, lückenlose Filmstar-Jackettkronen, die ihm schon allein eine Wiederwahl garantieren könnten. Außerdem ist er ein vorzüglicher Staatsanwalt; er kann einen fertigmachen, ehe man merkt, daß er überhaupt schon angefangen hat. »Ihre Arbeit erwartet Sie, wenn Sie soweit sind, das versteht sich von selbst«, beginnt Wally, »aber ich werde diese Tür da höchstpersönlich verbarrikadieren, falls Sie vorhaben, schon in nächster Zukunft zurückzukommen.«
    Â»Danke, Wally.«
    Â»Es tut mir furchtbar leid, Nina.«
    Â»Ja.« Ich blicke nach unten auf meine Schreibunterlage. Darunter steckt ein Kalender. Ich habe keine Fotos von Nathaniel im Büro – eine Angewohnheit seit meiner Zeit am Bezirksgericht, als die miesesten Kriminellen in meinem Büro ihre Unschuld beteuerten. Sie sollten nicht wissen, daß ich Familie hatte. Ich wollte mir deshalb keine Sorgen machen müssen.
    Â»Kann ich … kann ich den Fall übernehmen?«
    Die Frage ist leise, und ich merke erst nach einem Moment, daß ich sie wirklich gestellt habe. Das Mitleid in Wallys Augen ist zuviel für mich, ich muß den Blick senken. »Sie wissen, daß das nicht geht, Nina. Das heißt nicht, daß es mir lieber wäre, wenn irgendein anderer dieses miese Schwein hinter Gitter bringt. Aber aus unserem Büro kann das keiner machen. Interessenkonflikt.«
    Ich nicke, aber ich kann noch immer nicht sprechen. Ich wollte es so sehr.
    Â»Ich hab schon die Bezirksstaatsanwaltschaft in Portland angerufen. Die haben da einen Kollegen, der richtig gut ist.« Wally lächelt mich schief an. »Sogar fast so gut wie Sie. Ich hab denen erzählt, was passiert ist und daß wir uns möglicherweise Tom LaCroix ausborgen müssen.«
    Ich habe Tränen in den Augen, als ich Wallace danke. Daß er bereits derartigen Einsatz gezeigt hat – obwohl wir noch keinen Tatverdächtigen haben, gegen den Anklage erhoben werden könnte –, das ist wirklich außergewöhnlich.
    Â»Wir kümmern uns um unsere Leute«, versichert Wally mir. »Wer immer das getan hat, er wird dafür bezahlen.«
    Mit diesem Satz habe ich selbst schon verzweifelte Eltern beruhigt. Aber ich weiß auch, noch während ich den Satz ausspreche, daß ihr Kind einen ebenso hohen Preis bezahlen muß. Ich sage den Vätern und Müttern dennoch, daß ich an ihrer Stelle alles Erforderliche tun würde, um das Ungeheuer ins Gefängnis zu bringen, selbst wenn das bedeutet, ihre Kinder in den Zeugenstand zu schicken.
    Aber jetzt bin ich eine betroffene Mutter. Es geht um mein Kind, und das ändert alles.

    An einem Samstag hatte ich Nathaniel mit ins Büro genommen, weil ich noch ein paar Dinge zu erledigen gehabt hatte. Es war geisterhaft leer – die Kopierer wie schlummernde Tiere, dunkle Computerbildschirme, verstummte Telefone. Nathaniel beschäftigte sich mit dem Reißwolf, während ich die Akten durchging. »Wieso habt ihr mich Nathaniel genannt?« fragte er aus heiterem Himmel.
    Ich machte ein Häkchen hinter den Namen eines Zeugen. »Es bedeutet Gottesgeschenk.«
    Die Fänge des Reißwolfs mahlten. »Habt ihr mich eingepackt mit Schleife und so bekommen?«
    Â»O nein, so eine Art von Geschenk warst du nicht.« Ich beobachtete ihn, wie er den Reißwolf abschaltete und anfing, mit den Spielsachen zu spielen, die ich in einer Ecke für Kinder bereitliegen hatte, die in mein Büro mitgebracht wurden. »Wie würdest du denn gern heißen?«
    Als ich schwanger war, sagte Caleb seinem Baby jeden Abend mit einem unterschiedlichen Namen gute Nacht: Wladimir, Griselda, Cuthbert. Wenn du so weitermachst , hatte ich zu ihm gesagt, kommt das Baby schon mit einer Identitätskrise zur Welt.
    Nathaniel zuckte die Achseln. »Vielleicht Batman.«
    Â»Batman Frost«, wiederholte ich todernst. »Klingt gar nicht schlecht.«
    Â»Bei mir in der Schule gibt’s vier Dylans, aber keinen einzigen Batman.«
    Â»Das spricht allerdings dafür.« Plötzlich spürte ich ein warmes Gewicht

Weitere Kostenlose Bücher