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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Anhaltspunkt.«
    Rapp wandte den Blick ab und sah aus dem Fenster. Er dachte daran, wie sehr er sich wünschte, dieses Kapitel in seinem Leben endlich abschließen zu können. »Ich weiß«, sagte er mit leiser Stimme.

5
    Washington D.C., Montagabend
    Ungefähr drei Kilometer nördlich und einige hundert Meter westlich des Weißen Hauses befindet sich eines der bemerkenswertesten Botschaftsgebäude in Washington. Die auf einem Hügel in der Nähe der Connecticut Avenue gelegene gut befestigte Anlage ist wohl passend für eine Nation, die sich immer schon in ihrer Existenz bedroht fühlen musste. In Washington wussten wahrscheinlich nur wenige, dass es sich um die israelische Botschaft handelte. Die meisten Bewohner der Stadt sahen darin wohl nur einen wunderbar gelegenen, architektonisch recht interessanten Gebäudekomplex. Wer etwas besser informiert war, sah darin so etwas wie eine Festung. Die Gebäude hatten kleine Fenster, die nur selten geöffnet wurden. Im Nahen und Mittleren Osten wurde häufig in dieser Art gebaut, um sich vor der heißen Sonne zu schützen – doch hier in Washington waren eher Sicherheitsgründe ausschlaggebend. Die Fenster waren allesamt kugelsicher und gegen Richtmikrofone gesichert. Alle Häuser der Anlage standen ein gutes Stück von der Straße entfernt; die Zäune der Anlage sahen auf den ersten Blick ganz normal aus – doch sie waren so massiv, dass es schon eines Panzers bedurft hätte, um hier einzudringen. Die Israelis hatten reichlich Erfahrung mit Autobomben, und diese Erfahrung schlug sich in der Gestaltung der Anlage nieder. Der Mensch ist grundsätzlich mit einem starken Überlebensdrang ausgestattet – und es gibt in unserer Zeit wohl kein besseres Beispiel für ein Volk, das ständig um sein Überleben kämpft, als das israelische. Überall in der westlichen Welt ist bekannt, welche Verbrechen die Nazis im Zweiten Weltkrieg am jüdischen Volk verübten. Leider, so denkt man in Israel, betrachtet man im Westen den Holocaust als bloßes historisches Ereignis; die Nazis sind weg, und Israel hat einen eigenen Staat. Was man im Westen meistens übersieht, ist die Tatsache, dass Israel an drei Seiten von arabischen Ländern umgeben ist, die in den vergangenen fünfzig Jahren den kleinen jüdischen Staat immer wieder angegriffen und sich geschworen haben, ihn vom Angesicht der Erde zu tilgen. Darüber hinaus ist Israel auch noch mit einer Bedrohung von innen konfrontiert. Die Palästinenser, die auf jenem uralten Boden lebten, auf dem schließlich Israel gegründet wurde, haben ebenfalls geschworen, Israel zu vernichten. Israel ist also ein Land und ein Volk, das jeden Tag aufs Neue um sein Überleben kämpfen muss. Bei allem, was mit Israel und den Israelis zu tun hat, sollte man diese Tatsache nie aus den Augen verlieren.
    Senator Hank Clark beherzigte diese Tatsache sehr wohl. Leute, die um ihr Überleben kämpfen mussten, waren in der Regel bei allem, was sie taten, stärker motiviert. Als die Limousine des Senators vor dem Haupttor der israelischen Botschaft anhielt, kam ihm wieder einmal in den Sinn, wie sehr er die Juden für ihre Zähigkeit bewunderte. Nachdem man den Wagen gründlich überprüft hatte, durfte er das Tor passieren.
    Ein Fest in der israelischen Botschaft war nie eine besonders ausgelassene Sache. Da konnte man den Franzosen vorwerfen, was man wollte – aber ihre Feste verstanden sie zu feiern. Die Israelis hingegen betrachteten das Leben generell ein wenig nüchterner – und dementsprechend konnte man von ihnen auch keine rauschenden Feste erwarten.
    Dennoch war es Senator Clark ein Anliegen, bei so vielen offiziellen Anlässen wie möglich in der Botschaft zu erscheinen. Man nahm allgemein an, dass es ihm dabei vor allem um die jüdische Wählerschaft in Phoenix ging – doch das war nicht der Fall. Clark erfreute sich in seinem Heimatstaat einer enormen Beliebtheit, sodass seine Wiederwahl sicher nicht davon abhing, ob er bei irgendeiner Veranstaltung erschien oder nicht. Aber es konnte ihm nur recht sein, wenn seine Mitarbeiter, seine Kollegen und die Medien annahmen, dass er um die Gunst der jüdischen Wähler buhlte. Wie so oft bei Clark lagen seine wahren Motive auch in diesem Fall etwas tiefer verborgen.
    Der groß gewachsene Senator trat allein in die Vorhalle des Botschaftsgebäudes. Ehefrau Nummer drei hatte er zu Hause gelassen. Ihr ging es in der israelischen Botschaft ohnehin nicht ausgelassen genug zu – und deshalb zog sie es vor,

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