Die Macht
Ernst. Wäre das nicht irgendwie schwierig für dich als Journalistin? Du weißt schon … dass du dich quasi mit dem Feind einlässt.«
»Nein«, antwortete sie kopfschüttelnd. »Und wenn es doch einmal ein Problem geben sollte, dann werde ich schon damit fertig.«
Rapp nickte nachdenklich. »Also, das macht es mir schon ein wenig leichter.«
»Gut. Worüber habt ihr noch gesprochen?«
Rapp dachte daran, dass Irene ihm die Leitung des Orion-Teams anvertrauen wollte, doch darüber konnte er unter keinen Umständen mit Anna sprechen. »Ach, nicht viel. Nur über das Gehalt und ein paar organisatorische Dinge.«
Anna sah ihn misstrauisch an. »Komm schon. Was war noch?«
»Nichts, worüber ich mit dir sprechen könnte.«
»Wie bitte?«
»Weißt du, Anna, daran wirst du dich wohl gewöhnen müssen. Wenn ich den Job übernehme, dann habe ich fast nur mit streng geheimen Angelegenheiten zu tun. Ich könnte nicht nach Hause kommen und beim Essen darüber plaudern.«
Anna verdrehte die Augen. »Dein ganzes Leben ist streng geheim.«
»Liebling, es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn wir das hier und jetzt klären. Wenn du nicht damit leben kannst, dass ich über das meiste von dem, was ich in meinem Job mache, nicht sprechen kann, dann sage ich Irene am besten gleich, dass ich den Job nicht haben will.« Rapp sah sie eindringlich an, um ihr zu verstehen zu geben, dass es ihm vollkommen ernst damit war.
»Ich werde das respektieren, mach dir keine Sorgen.«
»Gut«, sagte Rapp, beugte sich zu ihr und gab ihr einen innigen Kuss. Ihre Lippen fühlten sich so gut an. Er war bis über beide Ohren in sie verliebt. Er wusste, dass das seine Entscheidungen beeinflusste, doch er konnte es nun einmal nicht ändern. Es gab kein Zurück, und er hatte nicht annähernd genug Willenskraft, um sich dagegen zu wehren. Nach einer Weile ließ er seine Lippen an ihr Ohr wandern. »Können wir nicht im Bett weiterplaudern?«, flüsterte er.
Anna schnurrte ihm ihre Antwort ins Ohr, und sie standen gemeinsam auf und gingen ins Haus.
7
Oval Office, Dienstagmorgen
»Worum, zum Teufel, geht es bei diesem Treffen überhaupt?«, fragte Präsident Hayes und blickte über den Rand seiner Brille hinweg zu den drei Leuten hinüber, die vor seinem Schreibtisch standen. Er hatte gerade seinen Frühstückskaffee getrunken und war die Termine für den heutigen Tag durchgegangen, als die drei mit besorgten Gesichtern zu ihm hereinkamen und ihn mit einer Sache konfrontierten, die, gelinde gesagt, ziemlich ungewöhnlich war.
Valerie Jones, die Stabschefin des Präsidenten, übernahm es, ihm zu antworten. »Ich habe selbst erst vor fünf Minuten davon erfahren.« Sie wandte sich Irene Kennedy zu, die neben Michael Haik, dem Sicherheitsberater des Präsidenten, stand.
»Ich habe den Anruf heute Morgen bekommen«, berichtete Irene Kennedy. »Er hat sehr ernst geklungen, aber das tut er eigentlich immer.«
Hayes beugte sich über die linke Armlehne seines Sessels und strich sich nachdenklich über das Kinn. Die ganze Sache war ziemlich merkwürdig; jedenfalls war ihm so etwas in seiner noch relativ kurzen Laufbahn als Präsident noch nicht passiert. Er war sich ziemlich sicher, dass das nichts Gutes verhieß. Nach einigen Augenblicken sah er zu Irene Kennedy auf. »Haben Sie so was schon einmal gemacht?«, fragte er.
Irene Kennedy dachte kurz an ihre Zusammenarbeit mit den Israelis während der beiden vergangenen Jahrzehnte. »Es kommt schon hin und wieder vor, dass sie ein Geheimtreffen wollen. Die Gründe liegen auf der Hand: Sie wollen nicht, dass die Presse oder die Opposition im eigenen Land etwas davon mitbekommt. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass sie jemals direkt mit dem Präsidenten sprechen wollten.«
»Das kann nichts Gutes bedeuten. Der Direktor des Mossad fliegt in die Vereinigten Staaten und verlangt gewissermaßen, mich zu sprechen. Mir gefällt das, ehrlich gesagt, überhaupt nicht.« Hayes blickte zu seinem Sicherheitsberater auf. »Michael, was ist dort drüben los? Gibt es irgendwelche Probleme im Friedensprozess, von denen ich nichts erfahren habe?«
»Nein, es ist immer das Gleiche. Arafat stellt irgendwelche Forderungen und steht dann vom Verhandlungstisch auf. Kurz darauf gehen die Bomben hoch, und einen Monat später treffen sie sich wieder und setzen die Verhandlungen fort.«
»Darum geht es hier nicht«, warf Irene Kennedy nachdenklich ein. »Wenn es irgendetwas mit dem Friedensprozess zu tun hätte, dann
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