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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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damit sagen, dass wir reich sind?«
    Ein wenig linkisch hob er die Schultern. Bisher hatte er nie einen Grund gehabt, sich über Reichtum oder Armut den Kopf zu zerbrechen. Er hatte immer genug verdient, um seine Familie und sein Gesinde sowie die Glaswerkstatt mit ihren Arbeitern zu unterhalten. Er kaufte Feuerholz für die Öfen, Sand, Kalk und Soda sowie alles, was er an Metallen und sonstigen Bestandteilen für die Glasherstellung benötigte. Daraus fertigte er Scheiben, Spiegel, Ziergegenstände und Gläser für den täglichen Gebrauch und übergab anschließend die Produkte seinen Zwischenhändlern, die ihm förmlich alles aus den Händen rissen, sobald es fertig war. Oft führte er auch besonders kunstvolle und kostspielige Arbeiten auf Bestellung aus, was sich in letzter Zeit häufte, sodass die Produktion von Mengenartikeln nun überwiegend seinen Arbeitern oblag.
    Für das eingenommene Geld kaufte er wieder neue Rohstoffe, und so weiter und so fort. Es war ein nie abreißender, einträglicher Kreislauf.
    Er wusste, dass manche Fioleri genaue Listen erstellten, in denen sie ihre Einnahmen und Ausgaben protokollierten, doch damit hatte er nie seine Zeit verschwendet. Einen Teil seiner Einkünfte führte er jedoch an seine Zunft ab, so wie es üblich war in Venedig, wo die Scuole für die Armen und Alten unter den ihren sorgten.
    Das, was an Geld übrig blieb und nicht zum Leben verbraucht wurde, hatte er eine Zeit lang in einer Börse aufbewahrt, bis diese zu platzen drohte. Danach war das Geld in eine Schatulle gewandert, die auch schon beinahe voll war. Gestern hatte er die Dukaten zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder gezählt. Es war mehr als genug da. Nicht nur, um Sanchia in ein Kloster einzukaufen, sondern auch, um ihr dort für den Rest ihres Lebens ein sorgenfreies Auskommen zu ermöglichen.
    »Lass uns weggehen!«, sagte Bianca plötzlich. »Wenn wir Geld haben, können wir weg von hier.«
    Er hob den Kopf. »Was meinst du mit weg ?«
    »Weg von Venedig. Nach Florenz. Oder Rom.« Ihre Stimme wurde eifriger. »Oder warum nicht in ein anderes Land!«
    »Darauf steht der Tod!«
    »Lieber sterbe ich, als mein Kind herzugeben«, sagte sie ruhig.
    Im Licht der Talgleuchte sah ihr Gesicht unwirklich aus, wie von Schatten aus einer fremden Welt erfüllt. Ihre Augen waren vom Weinen geschwollen, aber ihre Miene spiegelte Entschlossenheit wider.
    Unter seinem Arm, der um ihre Mitte lag, spürte er, wie das Kind in ihrem Leib sich bewegte.
    Als würde ihn plötzlich ein Widerhall ihrer Gefühle treffen, merkte er, wie alles in ihm aufbegehrte.
    »Du hast Recht«, sagte er, ganz der verrückte Glasbläser. »Lieber sterben, als ohne sie zu sein!«
    Nachdem sie zu Bett gegangen waren, redeten sie noch bis tief in die Nacht hinein. Sie schmiedeten Pläne, wohin sie gehen könnten und wie sie es bewerkstelligen würden. Piero hielt seine Frau in den Armen und gab vor, mit neu erwachter Begeisterung in die Zukunft zu blicken, doch sein Inneres war wie ein einziger Klumpen aus Blei. Ein Gefühl von Ausweglosigkeit hielt ihn gefangen, und mit dieser Empfindung schlief er am Ende auch ein.
    Als er aufwachte, spürte er eine akute Bedrohung. Es war noch Nacht. Von draußen drang kein Licht durch die geschlossenen Läden, und auch im Zimmer war es finster. Neben ihm ertönte ein gurgelndes Geräusch, und als er orientierungslos die Hand ausstreckte und die Kissen betastete, fühlte er Nässe unter seinen Fingern. Er berührte den Körper seiner Frau.
    »Bianca?«
    Ein erneutes Gurgeln. Es kam von ihr.
    »Bianca?«
    Sie gab keine Antwort, doch ihre Hand krallte sich für einen Moment in seinen Arm, dann fiel sie schlaff wieder herab.
    O Gott, dachte er, das Kind kommt doch früher!
    Piero sprang aus dem Bett und stieß die Läden auf, woraufhin blasses Nachtlicht in den Raum fiel. Als er sich wieder zum Bett umwandte, sah er seine Frau, die ihn aus weit aufgerissenen Augen anstarrte. Blut sprudelte aus ihrer aufgeschlitzten Kehle. Sie röchelte noch ein weiteres Mal, dann versiegte der pumpende Blutfluss.
    Piero blinzelte in die plötzlich einsetzende Stille, als könne er so das grausige Bild vertreiben, das sich ihm bot. Doch der Anblick blieb derselbe. Seine Frau, die tot in ihrem Blut lag.
    Bevor er sich bewegen konnte, spürte er das Messer an seiner Kehle. »Wenn du nicht willst, dass wir dasselbe mit dir und deiner Tochter machen, bist du besser still«, flüsterte es dicht hinter ihm.
    Er gab ein

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