Die Mächte des Feuers
Zadornov lächelte plötzlich diabolisch. »Meinen Kräften würden sie beim Verhör nicht standhalten können.«
Skelton nickte. »Und damit könnten wir den Aufenthaltsort der Schätze erfahren.«
Um Silenas Mund entstand ein spöttisches, verächtliches Lächeln. »Hokuspokus anstelle von handfester kriminalistischer Untersuchung? Passt das denn zu einem renommierten, seriösen Versicherungshaus?«
Zadornovs gute Laune verschwand von einer Sekunde auf die nächste. »Es ist kein Hokuspokus, Drachentöterin!«, grollte er tief und zog ihren Blick auf sich. »Ich bin ein Hellseher und keiner dieser Scharlatane. Ich habe schon einige Männer wegen einer solchen Behauptung zum Duell gefordert, und bislang gaben mir die Ausgänge der Zweikämpfe stets Recht.«
»Das heißt, Sie würden mich fordern, wenn ich ein Mann wäre«, stellte sie fest. »Nur zu, Fürst.« Sie tippte sich an die Stelle unter der Achsel, an der die Luger saß. »Ich bin ziemlich zielsicher. Und mein Titel lautet Großmeisterin.«
»Aber, aber, Herrschaften!«, schaltete sich Skelton rasch ein und stand auf, um sich zwischen die Streithähne zu begeben. »Wir wollen im Grunde doch das Gleiche: dem Guten zum Sieg verhelfen.« Er drehte sich zu Silena.
»Wie wäre es, wenn Sie uns begleiten würden? Damit hätten Sie die Gelegenheit, sich von unseren untadeligen Absichten zu überzeugen. Sobald der geheimnisvolle Agent Seiner Majestät erscheint, soll er sagen, wie er zu seinen Beweisen gekommen ist, und wir wiederum zeigen ihm, dass er sich mächtig im Fürsten und auch mir getäuscht hat.«
»Sollten Sie sich vor uns fürchten, Großmeisterin«, sagte Zadornov, »so nehmen Sie Ihre Soldaten mit. Gegen den schwarzen Drachen werden Sie sie vielleicht benötigen.«
»Seien Sie bloß still, Fürst«, riet sie ihm.
Skelton betrachtete indessen den Anhänger genauer. »Dieser Talisman … reagiert er nur auf Drachen? Oder auch auf Drachengegenstände?«
Silena runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht…«
»Wenn nun der Drachenstein unter uns wäre, würde der Splitter dann auch leuchten?«
Sie dachte nach. »Nein. Nur bei lebenden Drachen. Wieso fragen Sie?«
»Es könnte sein, dass ich Ihren Talisman sozusagen an der Nase herumführe«, gestand er, zog sein kariertes Sakko aus, krempelte den Ärmel hoch und deutete auf eine lange, alte Narbe, die vom Handgelenk bis fast zur Armbeuge reichte. »Ich trage einen Drachenknochen in mir«, gestand er nervös.
»Was?«
Zadornov trat neben Skelton und betrachtete die Spuren des Eingriffs. »Gut verheilt. Das muss sehr lange her sein.«
Skelton schaute Silena bittend an. »Ich flehe Sie an, Großmeisterin, meine Eltern nicht dem Officium zu verraten. Sie taten es aus Liebe.«
»Ich nehme an, Sie hatten einen Unfall, als Sie ein Kind waren?« Sie hielt das Amulett näher an den Arm, und der Splitter leuchtete heller. Also hatte er sie jedes Mal warnen wollen, sobald sich Skelton ihr genähert hatte.
Er schüttelte den Kopf. »Irgendeine Krankheit, die meinen Knochen zerfraß, sagte der Arzt. Sie stellten es fest, nachdem ich mir im Alter von sieben Jahren den Arm gebrochen hatte. Ein offener Bruch. Meine Eltern standen vor der Wahl, mir den Arm amputieren zu lassen oder aber das Angebot des Arztes anzunehmen.«
Silena nickte. Sie kannte solche Ärzte, die mit Drachenjägern gemeinsame Sache machten und Knochenfragmente oder Organteile von frisch getöteten Teufeln gegen Unsummen Todkranken implantierten.
Einige Patienten überstanden diese Operationen, die meisten jedoch verstarben an den Nebenwirkungen.
»Davon habe ich noch niemals gehört«, staunte Zadornov, sah auf den Arm und dann in Skeltons Gesicht. »Habe ich das richtig verstanden: Sie bestehen zu einem Teil aus einem Drachen?«
»Es ist nicht erlaubt«, warf Silena ein. »Können Sie mir den Namen des Arztes nennen, Mister Skelton?«
»Er ist schon lange gestorben, Großmeisterin«, antwortete er ihr, rollte den Stoff nach unten und schloss den Knopf. »Können Sie meine Eltern verschonen?«
Bevor Silena antworten konnte, meldete sich Zadornov zu Wort. Seine Augen leuchteten, er war begeistert. »Das kann doch nicht sein, oder? Sie bekamen den Knochen mit sieben Jahren eingesetzt, folgerichtig müsste er viel zu klein sein.«
»Fragen Sie mich nicht, warum, aber wenn das Drachengewebe sich entschieden hat, mit dem menschlichen zu verwachsen, verhält es sich wie gesundes.« Skelton rieb sich über den Arm. »Der Knochen wuchs
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