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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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betonen. Sie legte Perlenohrringe an und band das Haar mit einem breiten, weißen Schal zurück. Feine Perlmuttplättchen auf dem Stoff sorgten für einen zusätzlichen Blickfang. Etwas Rouge und Lippenstift, dazu die passende schwarze modische Handtasche – und Arsenie eröffnete die Pirsch.
    Ihr erstes Opfer war der kleine Sean, der sie anstaunte. »Mylady, Sie sehen…« Ihm fehlten die Worte.
    »Meinst du, ich bekomme einen Platz im Pub?« Sie steckte eine Zigarette auf die Spitze und zündete sie an.
    »Jeden, den Sie haben möchten, Mylady.« Er eilte zur Treppe. »Ich führe Sie gleich hin.«
    Arsenie war mit dem ersten Test zufrieden, auch wenn sie wusste, dass ein kleiner Junge ihrem Charme nichts entgegenzusetzen hatte. Sie warf sich ihren Pelzmantel über und schlüpfte in die flachen Schuhe. »Nicht so schnell, sonst hängst du mich ab.«
    Gemeinsam verließen sie das Hotel. Schon nach den ersten Schritten wurden ihr von den Männern bewundernde Blicke zugeworfen, sowohl von Einheimischen als auch von Gentlemen, die ihrer Kleidung nach zur London-Aristokratie und nicht zum Landadel gehörten. Das gab ihr neue Bestätigung. Jasper würde ihr buchstäblich mit Haut und Haaren verfallen.
    Als sie das Dartmoor betrat und Sean mit einem Klaps auf die Schulter nach Hause schickte, liefen die Gespräche weiter; erst als sie absichtlich die Bahn der Dartspieler kreuzte und einen Wurf verhinderte, war sie sich der Aufmerksamkeit der Männer gewiss. Fremde im örtlichen Pub, das kam schon mal vor. Aber eine Dame, und dazu noch ohne eine männliche Begleitung, das war erstens ungewöhnlich und dazu noch ein bisschen unschicklich für eine Stadt wie Marazion. London mit seinen Nachtclubs und Bars lag schließlich weit entfernt.
    Ohne eine Regung im Gesicht zu zeigen, stellte sie sich an den Tresen. »Einen Martini, bitte.«
    »Haben wir nicht, Lady.« Der Wirt sah sie an wie ein Wesen aus einer anderen Welt. »Ich kann Ihnen einen Whiskey geben oder ein Guinness.«
    »Dann nehme ich einen Whiskey.« Sie sog an der Silberspitze. »Den besten, den Sie haben, und davon einen doppelten.«
    »Wie Sie wünschen, Lady.« Er wandte sich um, griff zu einer Flasche, in der eine dunkelbraune Flüssigkeit gegen die Wände schwappte, und füllte ein dickwandiges Glas großzügig voll. »Bitte sehr, Lady.«
    »Danke.« Sie nickte und drehte sich um, damit sie die Dartspieler beobachten konnte. Dabei versuchte sie, den Herrn des Saint Michael's Mount auszumachen, auch wenn Seans Beschreibung nicht die beste gewesen war. Aber der feuerrote Bart und die buschigen Augenbrauen machten ihn inmitten der schwarzhaarigen Männer recht einzigartig. Er saß mit einem jüngeren Mann zusammen und redete intensiv auf ihn ein, dann reichte er ihm einen dicken Schlüsselbund, warf Geldstücke auf den Tisch und schritt zur Tür, ohne dass Arsenie eine Gelegenheit bekam, sich auf ihr Opfer zu stürzen.
    Sie nippte an ihrem Whiskey.
    Ein scharfer Geschmack breitete sich auf der Zunge aus, einhergehend mit einer gewissen Süße und etwas Salz.
    Arsenie unterdrückte den Hustenreiz, der sich mehr aus Überraschung als aus Abneigung einstellte, und schluckte. Ein Freund von ihr, ein Whiskeykenner, würde jetzt sagen: »Im Abgang spüre ich einen samtenen Nachgeschmack, der an Rum erinnert. Guten Rum, ma chere Arsi.«
    In dem Augenblick sah der junge Mann hoch, den Schlüsselbund zwischen den Fingern; er hatte das Kunststück fertig gebracht, sie eben erst zu bemerken.
    Arsenie lächelte und traf. Als sie sah, dass es kein Entkommen mehr für ihre Beute gab, hob sie ihr Glas und prostete ihm zu. Nachdem er den Gruß mit unübersehbarer Verwunderung erwidert hatte, löste sie sich von der Bar und schlenderte durch die Menge hinüber an seinen Tisch. Er stand sofort auf und bot ihr einen Stuhl an.
    »Freut mich, einen Gentleman in Marazion zu treffen, Sir.« Sie setzte sich, stieß gegen sein Glas. »Auf mein Flugzeug und meine Zwischenlandung.«
    »Ach, Sie sind die Kanadierin!« Er leerte sein Glas. »Mein Name ist Tobias.«
    Arsenie lachte auf. »Das spricht sich hier aber schnell herum, Mister Tobias.«
    »Es gibt wenig zu reden im Winter. Die meisten hohen Herrschaften, über die man sonst reden kann, sind in London oder sonst wo und kehren erst wieder im Sommer zurück. Und wenn es eine so schöne Frau hierher verschlägt, die den Strand im Tiefflug entlangdonnert und den Snobs die Hüte vom Kopf holt, ist das etwas, das sehr schnell die Runde

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