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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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sich spannenden Ketten erklang. Iffnar befand sich exakt im Mittelpunkt, an dem die Ketten ineinander liefen.
    Der Drache wusste sofort, was um ihn herum geschah. Er war in eine Falle geraten, eine Falle von Drachentötern, die sich auf der Jagd nach seinem kleineren Artgenossen befanden. Er vermutete, dass die Linie Juliana dahinter steckte; sie arbeiteten gerne mit den robusten Ketten, durch die sich die Kleinen durchaus lange genug bewegungsunfähig machen ließen, bevor man sie umbrachte.
    Doch bei einem Altvorderen würde die Falle versagen.
    Unter dem Weiß schnellten ein Dutzend Bügel nach oben, einer Mausefalle nicht unähnlich, die Ketten über seinen Leib schleuderten, an deren Enden Haken saßen. Iffnar kannte die Vorrichtungen. Gleich mussten die Mannschaften auftauchen, welche die Haken fassten und die Ketten strafften, um den Drachen auf die Erde zu pressen.
    Amüsiert verfolgte er, wie die Ketten an manchen Stellen erst gar nicht bis über seinen Leib flogen; ein Haken prallte gegen seinen Hals und plumpste in den Schnee. Gleichzeitig stapften die ersten Drachenjäger hinter ihren Deckungen hervor – und blieben beim Anblick des Altvorderen entsetzt stehen.
    »Ein Großer!«, schrie der Vorderste warnend über die Schulter. »Zurück, zurück!«
    Iffnar lachte dunkel, raffte die Ketten mit den Vordertatzen, der Schnauze und dem Schwanz an sich und zog daran. Der Stahl hielt seiner Kraft stand, dafür wurden die Pferde, die auf der anderen Seite im Zuggeschirr hingen, von den Beinen gerissen und über den verschneiten Waldboden geschleift. Sie rissen die Umstehenden um, begruben sie unter sich oder zerrten sie einfach mit sich. Iffnar liebte Pferdefleisch, es hatte diesen leckeren, süßlichen Beigeschmack wie bei keinem anderen Tier. Jedenfalls hatte er noch kein anderes Fleisch dieser Art gekostet.
    Aus verschiedenen Winkeln rutschten die massigen Kaltblüter auf ihn zu, sie wieherten und bäumten sich auf, doch ein paar schnelle Schläge in die Nacken töteten die Tiere; danach sandte er einen roten Flammenstrahl meterweit aus seinem Maul und schwenkte den Kopf nach rechts und links, um so viele Drachenjäger wie nur möglich zu erwischen.
    Es sah aus, als speie Iffnar heißes Blut. Rings um die Lohe schmolz der Schnee am Boden und auf den Bäumen, als käme der Frühling mit brachialer Gewalt über den Spessart. Dabei dosierte er die Angriffe so, dass er dem Wald keinen Schaden zufügte, sondern haargenau in die Zwischenräume zwischen den Stämmen traf.
    Begeistert vernahm er die Schreie der Unglücklichen, die durch sein Feuer nicht zu Asche zerfallen, sondern verbrannt worden waren. Dann eilte er über den matschigen Boden und nahm die Suche nach den Überlebenden auf. Sie verrieten sich durch alles: die Temperatur ihrer Körper, die Gerüche, die Erschütterungen, die ihre Stiefel verursachten, das Atmen. Niemand würde ihm entkommen. Niemand durfte ihm entkommen, sonst begänne die unruhige Zeit im Spessart von neuem.
    Iffnar donnerte durch den Wald, trampelte die eingeholten Menschen nieder und hielt sich nicht lange mit ihnen auf. Er wollte sie nicht fressen, er hatte eine bessere Mahlzeit in den Pferden gefunden.
    Die letzten Überlebenden führten ihn schnurstracks zu ihrem Lager, in dem bereits hektische Betriebsamkeit ausgebrochen war. Die Rufe und das dunkle Brausen der Feuerlohen waren vernommen worden.
    Als Iffnar die Ansammlung von Lastwagen erreichte, hatte den Menschen die Zeit gerade gereicht, um Katapulte mit langen Spießen zu laden, an deren Enden Ketten angebracht waren. Sie wollten die Haken in ihn schießen.
    Doch der Altvordere wich den Geschossen behände aus, ein Spieß nagelte einen Drachentöter an einen Baum.
    »Was Siegfried nicht schaffte, wird euch erst recht nicht gelingen«, schnaubte er und zerschmetterte den ersten Lastwagen mit einem wuchtigen Schwanzschlag. Die Aufbauten des Automobils flogen in Trümmern davon, die Karosserie wurde vom Rahmen gehoben und weggeschleudert. Der zweite Lastwagen verging in einer breit gefächerten roten Feuerwolke. Der Schwanz drosch von oben auf ein kleines Automobil, das eben angelassen wurde und mit den Menschen die Flucht ergreifen wollte. Das Dach wurde nach unten gepresst, als bestünde es aus leichtem Dosenblech, die Fenster barsten und sandten die Scherben weit durch die Luft; Blut spritzte aus dem Inneren, lief an den Türen, über die Motorhaube und das Heck herab. Keiner der Insassen hatte die Attacke

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