Die Maechtigen
oder wen auch immer. Wenn sie tatsächlich in unserem Haus arbeiten, sollten Sie auf keinen Fall mit ihnen tuscheln.«
Er hat recht. Er hat wirklich recht. Es gibt nur ein Problem.
»Aber das alles beweist noch lange nicht, dass Totte im Taxi gesessen hat«, sage ich ihm. »Es könnte jeder gewesen sein. Sogar Rina.«
»Ich glaube nicht, dass es Rina war.«
»Woher wollen Sie wissen …?«
»Es ist nur ein Gedanke, okay? Sie glauben nicht, dass es Totte war. Und ich glaube nicht, dass es Rina war«, wiederholt er hartnäckig und fast ohne die Stimme zu heben. Obwohl er eindeutig die Stimme hebt.
Ganz offenbar ist das sein wunder Punkt, sage ich mir, als er sich erneut an seinem Dreitagebart kratzt. Das werde ich mir merken. »Und was ist mit Khazei?«, erkundige ich mich.
»Sie meinen den Kerl von der Security?«
»Er hat schließlich Orlando in den SCIF gelassen. Und er scheint auch immer gerade da herumzuhängen, wo ich mich aufhalte.«
Dallas denkt kurz darüber nach. »Das könnte sein.«
»Könnte sein?«, kontere ich. »Sie haben da ein zweihundert Jahre altes Spionagenetzwerk, das Ihnen irgendwelche Informationen ins Ohr flüstert, und mehr fällt ihnen dazu nicht ein? Könnte sein ?«
Bevor er reagieren kann, hören wir den Knall von Fehlzündungen auf der Straße. Ich werfe einen Blick durch den Spalt zwischen den Vorhängen und erkenne den Grund: Schwarzer Rauch steigt von einem Linienbus auf, der gerade von der Haltestelle gegenüber wegfährt. Was mich jedoch wirklich überrascht, ist die Reaktion von Dallas. Er ist plötzlich kreidebleich und starrt blinzelnd auf die dunkle Straße herunter. Dann fällt auch mir wieder ein, dass in Washington nach Mitternacht keine Busse mehr fahren. Es ist schon nach ein Uhr.
»Beecher, wir sollten jetzt verschwinden.«
»Warten Sie. Bin ich …? Haben Sie jemanden in dem Bus erkannt?«
Er antwortet nicht.
»Sagen Sie mir, was mit dem Bus los ist, Dallas. Glauben Sie, dass uns jemand von dem Bus aus nachspioniert hat?«
Er zieht die Rollos herunter und kontrolliert noch einmal, dass sie wirklich geschlossen bleiben. Es ist das erste Mal, dass er so etwas wie Angst zeigt. »Wir würden auch gerne das Buch sehen.«
»Wie bitte …?«
»Das Buch. Das Wörterbuch«, wiederholt Dallas nachdrücklich. Als würde sein Leben davon abhängen. »Wir müssen wissen, was man in dieses Buch hineingeschrieben hat.«
Er legt eine Hand auf meine Schulter und will mich zur Tür führen.
Ich bewege mich nicht von der Stelle. »Tun Sie das nicht«, warne ich ihn.
»Was soll ich nicht tun?«
»Mich unter Druck setzen, in der Hoffnung, dass ich es Ihnen aus Angst geben würde.«
»Trauen Sie mir wirklich zu, dass ich Sie so verarschen würde?«
»Nehmen Sie es nicht persönlich, aber haben Sie mir nicht soeben einen ausführlichen Vortrag darüber gehalten, dass alle in unserem Haus mich irgendwie hereinlegen?«
Er bemüht sich, gelassen zu bleiben, blickt jedoch ständig zu dem geschlossenen Vorhang hinüber. Die Zeit läuft. »Und wenn ich Ihnen einen guten Grund liefern würde, uns zu vertrauen?«
»Das kommt darauf an. Es müsste ein wirklich guter Grund sein.«
»Ist das okay?« Ich merke, dass er nicht mit mir spricht. Dann nickt er, offensichtlich als Reaktion auf etwas, das man ihm durch den Ohrhörer mitteilt. Ohne ein weiteres Wort geht er zum Schrank und holt etwas aus seiner Laptoptasche, die dort versteckt war.
Mit einer kurzen Handbewegung wirft er es mir wie einen Frisbee zu.
Ich fange es auf, als das Plastikteil gegen meine Brust knallt.
Es ist eine Videokassette.
Und auf ihrem orangefarbenen Etikett steht: 12E1 .
Das ist der Raum … der SCIF … Ist das …? Das ist das Videoband, das Orlando aus dem Gerät genommen hat, als wir …
»Wie sind Sie darangekommen?«, frage ich.
Er schüttelt den Kopf. »Das ist Ihr Trumpf, Beecher, der Sie vor dem Gefängnis bewahrt. Wissen Sie, was mit Ihnen passiert wäre, wenn Wallace oder einer seiner Klempner Sie auf diesem Band gesehen hätte?«
Er braucht es mir nicht zu buchstabieren. Ich habe Orlandos Worte noch im Ohr: Ein Videoband mit uns als Hauptdarstellern dürfte den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ziemlich verärgern. Er wird den Krieg erklären. Und zwar uns. Dieser Krieg hat bereits begonnen. Und das Mindeste, was ich tun kann, ist, mich zur Wehr zu setzen.
Aus meiner Gesäßtasche ziehe ich ein Blatt Papier und gebe es Dallas. Er faltet es auseinander und überfliegt
Weitere Kostenlose Bücher