Die Mädchen (German Edition)
an den Namen erinnern, aber der
Bericht hatte eben das Kürzel ald."
„Einen Moment, bitte."
Er wurde auf Warteschleife
geschaltet. Eine Frauenstimme bat ihn, in der Leitung zu bleiben. „Doerner“,
ertönte es schließlich.
Eine Frau. Ihm wäre fast der Hörer
aus der Hand gefallen. Damit hatte er nicht gerechnet. Zum Glück hatte die
Telefonistin ihm nicht genau zugehört, sonst hätte sie seinen Schwindel sicher
sofort durchschaut.
„Guten Tag, Frau Doerner. Mein Name
ist Tuchel."
„Was kann ich für Sie tun?"
Geschäftsmäßig, aber nicht sonderlich interessiert. Na, vielleicht hatte sie
den Namen nicht richtig verstanden.
„Sie haben vor ein paar Wochen
einen Artikel über mich verfasst."
„Wie sagten Sie, war Ihr
Name?"
„Christopher Tuchel."
Kurze Pause. „Ach so." Klang
aber immer noch verunsichert. Sollte es ihr nicht schon längst dämmern, mit wem
sie es zu tun hatte?
„Ich hätte mich gern mit Ihnen
unterhalten. Aber nicht am Telefon."
„Ich denke, das ist keine so gute
Idee."
„Warum nicht? Überlegen Sie mal.
Ich gebe Ihnen die einmalige Gelegenheit, weiter über mich zu schreiben, wenn
Sie sich mit mir treffen."
Er konnte förmlich vor seinem
inneren Auge sehen, wie es in ihrem Kopf zu arbeiten anfing. „Kann ich Sie in
fünf Minuten zurückrufen?"
„Kein Problem." Er gab ihr
seine Nummer.
Es dauerte nur vier Minuten, bis
das Telefon klingelte.
„Tuchel."
„Ja, Doerner. Also schön, lassen Sie
uns etwas vereinbaren. Passt es Ihnen heute noch?"
Wunderbar, je schneller umso
besser. „Gerne."
„Gut, ich bin noch bis 16.00 Uhr
hier. Dann sagen wir 16.30 Uhr im Media Docks Restaurant."
„Wie erkenne ich Sie?"
„Ich werde eine Zeitung mitnehmen
und in der Nähe des Eingangs sitzen."
„Okay. Sie wissen ja, wie ich
aussehe. Bis dann."
Er drückte das Gespräch weg und
warf noch mal einen nachdenklichen Blick auf sein Bild. Er war gespannt, wie
das Treffen mit der Frau verlaufen würde. Und er war auch neugierig, was sie
für eine war. Es war merkwürdig, aber irgendwie hatte er das Gefühl, als ob sie
immer noch nicht genau wusste, wer er war.
„Das war ja mal wieder eine glatte
Meisterleistung“, stöhnte Doreen, als sie im Wagen saßen. Roman ließ den Wagen
an und warf ihr einen Blick zu. „Du meinst, es ist unsere Schuld, dass er uns
rausgeworfen hat?“
„Wessen sonst?“
Er schaute in den Rückspiegel und
bog anschließend auf die Straße ein. „Wir hatten ja gar keine Chance, überhaupt
etwas zu sagen. Der ist doch sofort hoch gegangen wie eine Rakete. Also wenn du
mich fragst, hat der Dreck am Stecken.“
Sie war nicht überzeugt. „Ich weiß
nicht.“
„Na hör mal, der war doch auf uns
vorbereitet.“
Den Eindruck hatte sie nicht
gehabt. „Glaubst du das wirklich? Der war nicht so cool, wie du denkst. Ich hab
gesehen, wie seine Hände gezittert haben. Der war einfach entsetzt, dass wir
bei ihm aufgeschlagen sind.“
Roman fuhr in den Teller an der
Lohmühle und nahm die erste Ausfahrt Richtung McDrive. „Wenn du nichts dagegen
hast, würde ich mir ganz gern einen Burger holen. Ich hatte kein Frühstück
heute.“
Ein Burger am Vormittag? Wenn er
meinte. Sie hätte keinen hinunterwürgen können. Ihre Gedanken gingen zurück zu
dem jungen Mann, den sie gerade besucht hatten. Sie wusste, dass es gefährlich
sein konnte, wenn sie sich von ihren Gefühlen leiten ließ, aber sie konnte
nicht anders. Tuchel war ihr sympathisch. Ja, sie wusste, dass er ein Mädchen
ermordet hatte, aber wie er so da gestanden hatte, hoch gewachsen, blond und
blaue Augen, die von Traurigkeit gekennzeichnet waren, hatte er sie einerseits
beeindruckt und ihr gleichzeitig leid getan. Sie hatte gar nichts dagegen tun
können.
Roman bestellte seinen Burger und
fuhr zur Ausgabe, wo er hinter zwei Autos warten musste. „Du meinst das ernst,
oder?“
„Was?“
„Erde an Doreen. Ich rede von
Tuchel.“
„Er hat mir imponiert.“
„Du weißt schon, dass er ein
Mädchenmörder ist.“
Sie winkte ab. „Darum geht es doch
nicht. Aber wie er reagiert hat. Uns rauszuschmeißen, ich muss sagen, Hut ab.
Ich weiß nicht, ob ich das an seiner Stelle geschafft hätte.“
Roman bezahlte seinen Hamburger
Royal TS und nahm die Papiertüte entgegen. Dann ließ er die Scheibe wieder hoch
und lenkte den Wagen auf einen der Parkplätze auf dem Gelände des
Fast-Food-Restaurants. Er stellte den Motor ab und nahm den Burger aus der
Tüte.
„Schön“, sagte er, während er
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