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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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eingebracht. Christopher
verschränkte die Arme vor der Brust, weil er hoffte, dass sein Zittern so nicht
auffiel.
    „Was ist passiert?"
    „Herr Tuchel..."
    „Nein“, unterbrach er die Frau.
„Ich sage Ihnen gar nichts, solange ich nicht weiß, weshalb Sie hier sind.
Außerdem muss ich nicht mit Ihnen sprechen, wenn ich das nicht will."
    Die beiden wechselten einen
schnellen Blick, den er nicht deuten konnte. Dann seufzte die Frau. Klar, dass
sie es war, die nachgeben würde. Der Typ hätte das nie getan.
    „Also schön. Ein junges Mädchen ist
ermordet worden."
    Er hatte das Gefühl, als würde ihm
der Boden unter den Füßen weggezogen. Das war es also. Die gleiche Sache wie
damals. Er musste sich sehr zusammenreißen, um das Beben aus seiner Stimme
herauszuhalten.
    „Und da kommen Sie als erstes zu
mir?"
    „Wir müssen jeder Spur
nachgehen."
    Ausweichend. Als ob! Wenn sie
dachten, er war noch derselbe Idiot wie vor acht Jahren, hatten sie sich
getäuscht.
    „Sie sind wegen des Berichts in der
Zeitung hier, oder?"
    „Jetzt regen Sie sich doch bitte
nicht so auf. Sagen Sie uns einfach, was wir wissen wollen und dann ist die
Sache für Sie auch wieder erledigt."
    „So wie damals, meinen Sie?"
Keine Reaktion. Er schüttelte den Kopf. „Ich werde Ihnen gar nichts sagen.
Bitte gehen Sie."
    „Herr Tuchel, jetzt seien Sie doch
vernünftig."
    Er öffnete die Tür und wies mit der
Hand nach draußen. „Ach, ich bin eigentlich sehr vernünftig. Verlassen Sie mein
Haus."
    „Wie Sie wünschen“, sagte der Mann.
„Sie wissen natürlich, dass Sie es damit nur schlimmer machen. Wir werden Sie
vorladen und dann müssen Sie mit uns reden."
    „Tun Sie, was Sie nicht lassen
können. Und vielleicht kümmern Sie sich auch gleich mal um denjenigen, der mich
mit Bild in die Zeitung gesetzt hat. Vielleicht sucht der einen Sündenbock für
etwas, das er selber verbrochen hat."
    Er warf die Tür hinter ihnen ins
Schloss und lehnte sich anschließend von innen dagegen. Langsam ließ er sich
auf den Boden rutschen. Der Arsch hatte Recht, auf Dauer würde er nicht darum
herumkommen, mit ihnen zu reden. Und was dann? Ging alles wieder von vorne los?
Sein Herz raste zum Zerspringen. Sein Hals war wie zugeschnürt, sodass er kaum
atmen konnte. Er riss sich sein T-Shirt vom Leib und holte mehrmals tief Luft.
Sollte ihn wirklich alles wieder einholen? Das durfte doch nicht wahr sein. Das
konnte einfach nicht sein. Ein weiteres Mal würde er das nicht durchstehen.
    Und dann dachte er daran, was er zu
den beiden gesagt hatte. Es war ganz spontan aus ihm herausgeplatzt, ohne dass
er zuvor überhaupt an so etwas gedacht hatte. Drei Wochen hatte er Zeit gehabt,
den Gedanken an den Artikel weit von sich zu schieben, aber vielleicht war das
genau der falsche Weg. Vielleicht war es an der Zeit, dass er aus seiner
Lethargie erwachte und endlich etwas unternahm, dass er agierte statt zu reagieren.
Er fragte sich, warum er das nicht schon längst getan hatte, als sich in seinem
Zimmer zu verkriechen. Er sprang auf und suchte nach der Zeitung vom Morgen. Er
fand sie in der Küche auf der Eckbank, wo seine Mutter sie nach dem Frühstück
immer liegen ließ. Er blätterte wie wild darin herum und fand die Nummer
letztendlich auf der ersten Seite. Er schüttelte über sich selbst den Kopf und
griff zum Telefon.
    Er hatte die Nummer schon
eingegeben, als er innehielt. Was wollte er fragen? Nein, so ging das nicht. Er
brauchte den Artikel. Er lief in den Keller und durchsuchte den Stapel
Altpapier. Hoffentlich hatte seine Mutter die Zeitung noch nicht entsorgt.
Nein, da war sie. Er schlug die Seite mit seinem Bild auf, spürte erneut, wie
es ihm durch Mark und Bein ging, als sein Blick auf das Foto fiel, ignorierte
den Text und suchte nach irgendwelchen Hinweisen auf den Verfasser. Da, ganz am
Ende waren drei Buchstaben, ald. Also schön, noch mal.
    „Guten Tag“, sagte er freundlich in
den Hörer, nachdem sich die Dame von Zentrale gemeldet hatte. „Sagen Sie, ich
hätte gern Ihren Kollegen mit dem Kürzel ald gesprochen."
    „Entschuldigen Sie, worum geht es
denn bitte?"
    Wäre ja auch zu einfach gewesen.
Jetzt ging es ans Geschichten Erfinden und das hatte er im Knast eigentlich
immer ganz gut hinbekommen.
    „Wissen Sie, wir hatten vor ein
paar Wochen ein Interview, was auch gedruckt wurde, und ich würde gern noch mal
Rücksprache dazu halten. Leider ist mir die Visitenkarte abhanden gekommen und
ich kann mich beim besten Willen nicht mehr

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