Die Mädchen (German Edition)
nicht
zufällig die Adresse von Herrn Hachmeister?
“
Vorher
„Es ist wirklich schade, dass wir uns nicht
häufiger sehen können."
Ich hörte ehrliches Bedauern in
ihrer Stimme und mein Herz fing an zu pochen. Es war der reine Wahnsinn, was
ein kleiner Satz von ihr bei mir auslösen konnte. Ich fand es auch schade, dass
wir uns so selten sahen, vor allem, weil sich dadurch alles nur langsam
entwickeln konnte. Jedes Mal musste ich fast wieder von vorne anfangen, weil
soviel Zeit vergangen war. Aber damit musste ich leben, denn schließlich
mussten wir vorsichtig sein, wenn niemand Verdacht schöpfen sollte.
„Ich vermisse dich auch, wenn wir uns so lange
nicht sehen."
„Wollen wir uns nicht schreiben?"
Nur das nicht. Bloß nichts Schriftliches. Das
fehlte mir auch noch, dass ihre Eltern womöglich etwas von mir Verfasstes
fanden. Und ich kannte doch junge Mädchen. Wahrscheinlich zeigte sie das dann
irgendwann ihren Freundinnen. Nein, so bescheuert war ich nicht.
„Lieber nicht. Nachher liest das noch jemand."
Das schien ihr einzuleuchten.
„Aber“, sagte ich. „Wir könnten uns etwas
voneinander geben, damit wir immer etwas von dem anderen bei uns haben."
„Ja, das ist eine gute Idee. Was soll ich dir
geben?"
Deinen Schlüpfer, damit ich daran riechen kann,
wenn ich mir einen wichse.
„Vielleicht etwas, das nach dir riecht. Dann kann
ich mir vorstellen, du wärest hier.“
Achtes K a pitel
Birthe Retzlaff war nicht
überrascht über den Besuch der beiden Männer. Sie hatte lediglich schon eher
mit ihnen gerechnet.
„Kommen Sie mit durch.“
Sie ging ihnen voran ins Wohnzimmer
und bot ihnen in der Essecke Platz an. „Kann ich Ihnen etwas zu trinken
bringen?“
Sie lehnten dankend ab. Birthe
setzte sich zu ihnen an den Tisch. „Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Sie haben gehört, dass wir Ihre
Nichte gefunden haben?“ fragte der Mann, der sich als Hauptkommissar Funke
vorgestellt hatte.
Sie nickte. „Frau Ludwig, die
Freundin meiner Schwester hat mich gleich angerufen, nachdem sie es erfahren
haben.“ Sie fuhr sich mit der Hand durch ihr Haar. „Almut selbst konnte wohl
keinen Ton rausbringen. Es ist aber auch zu schrecklich. Ich wollte eigentlich
gleich rüber gehen, aber Zoe, also Frau Ludwig, meinte, sie kümmerte sich um
alles.“
Sie merkte, wie sich ihre Augen mit
Tränen füllten. Um sich abzulenken, erhob sie sich und holte sich ihre
Schachtel Marlboro, die sie mit dem Feuerzeug darin auf dem Fensterbrett
abgelegt hatte. Sie nahm sich eine Zigarette und zündete sie an.
„Möchten Sie auch eine?“
Beide schüttelten den Kopf.
Sie setzte sich wieder. „Ich müsste
eigentlich bei der Arbeit sein, aber ich konnte einfach nicht. Hab mich krank
gemeldet. Zoe hat gesagt, Sie haben Sina auf einem Friedhof gefunden?“
„Ja. Auf dem Burgtorfriedhof.“
Sie schauderte. „Seltsam. Was hat
sie dort gemacht? Oder ist sie gar nicht dort ermordet worden?“
„Eher nicht. Es sieht so aus, als
ob sie dorthin gebracht wurde.“
„Wie passend!“
„Frau Retzlaff“, sagte Funke mit
einem leichten Räuspern. „Wir haben gehört, dass Sina Ihnen erzählt hat, sie
würde die letzte Nacht bei ihrem Vater verbringen.“
„Ja.“
„Aber ihr Vater wusste nichts
davon.“
„Ich weiß. Ich hab mir auch schon
den Kopf zermartert, ob ich das irgendwie falsch verstanden habe, aber das hab
ich nicht.“
„Wann hat Sina Ihnen das erzählt?“
„Am Tag zuvor. Ich bräuchte ihr
nichts zu essen zu machen, weil sie eh bei Marius essen würde.“
„Haben Sie ihr sonst jeden Tag
Mittagessen gekocht?“
„Meistens schon.“
„Und für ihre Schwester?“
„Judith? Nur noch selten in den
letzten Monaten. Sie hat sich meistens selbst was gemacht oder mit ihrem Freund
gegessen.“
„Und kam es oft vor, dass Sina bei
ihrem Vater war?“
„Nicht wirklich, nein.“
„Aber trotzdem haben Sie darüber
nicht mit Ihrer Schwester gesprochen.“
Der Vorwurf in der Stimme war für
sie nicht zu überhören und er traf genau ins Schwarze. „Hören Sie, ich mach mir
selbst die größten Vorwürfe, weil ich Sinas Wunsch respektiert habe, nichts
davon zu sagen. Ich bin echt davon ausgegangen, dass alles in Ordnung ist. Ich
meine, Sina war ja nicht mehr fünf oder so, dass sie eine Betreuung rund um die
Uhr gebraucht hätte.“
„Ich wollte Sie nicht angreifen“,
sagte Funke in entschuldigendem Ton. „Wann haben Sie Ihre Nichte das letzte Mal
gesehen?“
„Vorgestern
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