Die Mädchen (German Edition)
unerwartet. „Sie
kannten ihn nicht?“
„Ich hab seine Familie nie kennen
gelernt.“ Sie beugte sich vor. „Hören Sie, ich glaube, Sie haben da ein völlig
verkehrtes Bild von der Beziehung, die Timo und ich hatten. Ehrlich gesagt, war
es gar keine richtige Beziehung, es war vorbei, bevor es richtig angefangen
hatte. Sie sollten ihn morgen begleiten.“
Hatte er ihr am Morgen nicht
deutlich gezeigt, dass er noch etwas für diese Frau empfand? „Er will mich
nicht. Sie sind es, die er will.“
Luisa musste sich sehr
zusammenreißen, um gerade bei ihren letzten Worten vor dieser Frau nicht in
Tränen auszubrechen. Es war merkwürdig. Sie hatte sich auf
alles eingestellt,
Antipathie,
eine n
sachliche
Auseinandersetzung
oder einen
heftigen Streit
,
eingestellt, aber
jetzt musste sie feststellen, dass die Frau ihr tatsächlich sympathisch war. Es
war zuviel für sie. Sie hatte auf einmal das Gefühl, sie bekäme keine Luft und
wollte nur noch raus.
„Es tut mir leid,
aber Sie hatten wohl doch Recht.
E
e s war vielleicht doch ein
Fehler. Ich hätte nicht herkommen sollen.“
Sie wühlte in ihrem Portmonee nach
etwas Kleingeld für die Cola und legte ein paar Münzen auf den Tisch. Sie stand
auf und wandte sich zum Gehen.
„Frau Bartelt?"
Luisa hielt inne und drehte sich
langsam zu ihr herum. Es fiel ihr schwer, ihr in die Augen zu sehen. Sie
wusste, dass sich in ihrem Gesicht ihre Niederlage widerspiegeln würde und
diesen Triumph wollte sie ihrer Nebenbuhlerin nicht gönnen. Aber als sie das
tat, stellte sie überrascht fest, dass von einem Triumph nicht die Rede sein
konnte. Vielmehr konnte sie in ihrem Gesicht echtes Mitgefühl und Bedauern
ablesen.
„Vielleicht haben Sie Recht mit
dem, was Sie vorhin gesagt haben.“ Sie seufzte. „Wissen Sie, ich habe nicht
immer eindeutige Signale ausgesendet, sodass Timo nicht wusste, woran er bei
mir war. Aber mittlerweile ist mir klar geworden, dass Timo und ich nicht zusammen
gehören.“
Sollte sie das beruhigen? Wenn ja,
dann hatte sie sie immer noch nicht verstanden.
„Aber lassen Sie mich Ihnen noch
eines sagen. Was Timo will oder nicht will, ist auch nicht immer zu
durchschauen, glauben Sie mir. Ich habe das Gefühl, dass er Ihnen sehr viel
bedeutet. Und Sie sind ihm viel näher gekommen, als ich es je war. Ich werde
auf keinen Fall mit ihm auf die Beerdigung gehen, das ist Ihre Aufgabe. Geben
Sie nicht zu früh auf. Manchmal lohnt es sich zu kämpfen."
Pinky hatte Schiss. Er wusste, dass
die Sache mit Bent dieses Mal kein gutes Ende nehmen würde. Er wusste es
einfach. Er mochte Bent und war gern sein Freund, aber bislang hatte er ihn
auch aus allen krummen Geschäften herausgehalten. Dieses Mal war das anders und
ihm war klar, dass sie beide untergehen würden. Aus dieser Nummer konnten sie
gar nicht unbeschadet herauskommen. Er hätte sich nicht darauf einlassen
dürfen, aber das sagte sich hinterher immer so leicht.
Dass Bent so unsensibel war, diesen
Abend noch bei ihm auftauchen zu wollen, wo er doch ohnehin schon Kopf und
Kragen für ihn riskiert hatte, machte ihm schwer zu schaffen. Eigentlich waren
sie übereingekommen, dass sie die nächsten Tage erst mal keinen Kontakt haben
wollten und jetzt warf Bent diese Pläne einfach über den Haufen, wie es ihm in
den Kram passte. Es ärgerte ihn und er hätte auch niemals eingewilligt, wenn
Julias Geburtstagsparty nicht vor der Tür gestanden hätte. Nur mit Bents Hilfe
konnte er dort rein kommen, also musste er ihm wohl den Gefallen tun, wenn er
mitgenommen werden wollte.
Aber so langsam war es an der Zeit,
dass er sich mal Gedanken über sich und Bent und ihre Freundschaft machen
musste. Es war nicht das erste Mal, dass Bent sich über seine Wünsche oder
Verabredungen, die sie getroffen hatten, hinweg gesetzt hatte. Und wenn er dann
Bedenken anmeldete, kam er ihm mit Sachen wie Julias Party. Es stank ihm
gewaltig. Er wusste, dass er kein Adonis war und vielfach einfach zur
Belustigung von Bents Clique mitgenommen wurde, aber das war ihm bislang egal
gewesen, weil er angenommen hatte, dass Bent sein Freund war. Allmählich
allerdings beschlich ihn die leise Ahnung, dass Bent viel mehr von ihrer
Freundschaft profitierte als er selbst.
Warum wollte er sein Notebook
wirklich bei ihm unterbringen? Was war der wahre Grund? Judith war es nicht,
das war mal sicher. Er ließ Judith niemals alleine in seiner Wohnung, das hatte
er selbst einmal gesagt. Wie sollte sie sich dann an dem Notebook zu
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