Die Mädchen (German Edition)
Almut kam ihr zur Hilfe. „Ja, haben sie.“
„Dann hat er entweder noch nichts
gesagt oder er ist unschuldig.“ Sie nahm den Beutel aus dem Abfalleimer. „Ich
bringe mal eben den Müll raus. Morgen kommt ja die Müllabfuhr.“
Almut streckte die Hand aus. „Nein,
lass nur. Gib ihn mir. Ich war heute noch gar nicht vor der Tür.“
Die Tonne stand zwar in der Garage,
wurde aber am Abend, bevor sie geleert wurde, immer von einem von ihnen an den
Straßenrand gestellt und am nächsten Tag wieder reingeholt.
„Wenn du willst.“
Judith gab ihr den Beutel, nachdem
sie ihn zusammengeschnürt hatte und Almut ging in den Haushaltsraum und von
dort in die Garage, in der die Mülltonne und der Behälter für den gelben Sack
standen. Sie machte Licht und öffnete den Deckel der Mülltonne, um den Beutel
hineinzuschmeißen. Mann, war die Tonne mal wieder voll. Unglaublich, was sie
drei für einen Müll produzierten. Sie ließ den Beutel fallen und wollte den
Deckel eben wieder loslassen, als sie in der Bewegung innehielt. Etwas, das
sich in der Tonne befand, hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt. Was war das denn?
Sie nahm den Beutel wieder raus und auch den, der darunter lag. Sie fuhr zurück
und kniff die Augen zusammen. Das war doch ein Stück Stoff, das da ganz unten
hervorlugte. Ihr Herz begann zu rasen und sie begann wie eine Irre, alles aus
der Tonne herauszuwühlen. Kopfüber hing sie darin, bis ihr einfiel, dass es
einfacher war, die Tonne einfach umzukippen. Und das tat sie dann auch. Als zum
Vorschein kam, was sich zuunterst in dem Behälter befunden hatte, war ihr
schlecht. Es waren ein rotes Shirt, ei
n
ne
Minirock
Jeans , ein Slip, ein
paar Sneakers, eine Winterjacke und ein kleiner Rucksack. Die Sachen, die mit
Sina verschwunden waren. Sie hatten das Haus niemals verlassen.
Hauptkommissar Funke war hundemüde,
als er die Haustür aufschloss. Es war bereits nach zehn Uhr abends, als er
Roman nach Hause geschickt hatte, weil er sowieso nur wie Falschgeld herumgesessen
hatte, und jetzt ging es auf elf. Er hatte mehr als vierzehn Stunden Dienst
hinter sich und freute sich jetzt auf seine Frau und eine Flasche Bier. Ein
ereignisreicher Tag lag hinter ihm und seinem Team. Nachdem Masio und Andresen
ausgepackt hatten, hatte ihr erster Weg in die Kneipe Stefan’s Eck geführt, in
der sie den Mittelsmann Stefan Heinze mit Masios Aussagen konfrontierten. Es
brauchte nicht viel und der Feigling brach unter dem Druck zusammen. Er gab
ihnen zwei Namen, die den Kollegen der Sitte ziemlich bekannt vorkamen.
Masio hatte richtig gelegen mit
seiner Vermutung, dass es sich um Ausländer handelte, aber er hatte ihre
Nationalität falsch geraten. Es waren Syrer und einer von ihnen hatte die
Wohnung gemietet, in der Sina und Merle ihre Show abgezogen hatten. Es war
klar, dass noch andere Personen in das Geschäft verwickelt waren. Bei genauerer
Untersuchung tauchten in derselben Straße noch drei weitere Wohnungen auf, in
denen Webcams installiert waren. Es würde noch einige Tage dauern, den gesamten
Ring aufzudecken, aber das war nicht mehr Funkes Sache. Nachdem die direkt
Beteiligten allesamt ein glaubhaftes Alibi für den Mittwochnachmittag aufweisen
konnten, konnte man es als fast als gegeben annehmen, dass die Sache mit der Webcam
nichts mit dem Mord an Sina Keller zu tun hatte.
So großartig dieser Fahndungserfolg
auch war und er war sicher, dass er ein paar wohlwollende Worte von
Staatsanwalt Rohwedder erwarten konnte, so wenig hatte sie es in dem Mordfall
der Lösung näher gebracht. Sie waren wieder am Ausgangspunkt ihrer Ermittlungen
angelangt. Es war frustrierend, aber nicht zu ändern. Sie mussten das nähere
Umfeld des Mädchens einer noch genaueren Prüfung unterziehen und dazu gehörte
in erster Linie die erneute Befragung Judith Kellers, die nachweislich nicht
die Wahrheit gesagt hatte, wo sie sich zum Zeitpunkt des Mordes an ihrer
Schwester aufgehalten hatte.
Er warf seine Handschuhe auf den
kleinen Tisch in der Diele, hängte seine Jacke auf, entledigte sich seiner
Stiefel und schlüpfte in seine braunen Lederhausschuhe. Dann ging er in die Küche,
in der Maggie vor einem großen Becher Tee saß und in einer Zeitschrift
blätterte.
„Hallo Liebling“, sagte er und
beugte sich für einen Kuss zu ihr hinunter.
„Hallo“, sagte sie nur, ohne von
ihrer Zeitschrift aufzublicken.
Somit erwischte er nur ihre Stirn
und ihm war sofort klar, dass er anscheinend etwas verbockt hatte. Nur was? Er
war
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