Die Mädchen (German Edition)
Mama“, sagte Merle. „Was soll
das bringen? Am Ende liegst du doch nur besoffen irgendwo herum. Warum lässt du
mich nicht einfach in Ruhe und fängst gleich damit an?“
Cordula war fassungslos. Wie zum
Teufel redete sie mit ihr? Sie war schließlich ihre Mutter, da war doch wohl
ein wenig Respekt angebracht. Zu geschockt, um zu reagieren, sah sie ihrer Tochter
zu, wie sie in aller Seelenruhe das Haus verließ. Und dann hatte sie sich,
frustriert darüber, dass sie gegen Merle nicht ankam, fast die ganze Flasche
Wodka reingezogen. Dass sie damit genau das tat, was ihre Tochter prophezeit
hatte, war ihr egal. Es ging nur darum, dass es ihr besser ging. Und das gelang
ihr schließlich immer mit einem kleinen Schluck. Nur dass es dabei meist nicht
blieb. Aber was hätte sie auch tun sollen? Sie aufhalten? Sie kannte ihre
Tochter genau. Hätte sie das versucht, hätte Merle bei nächster Gelegenheit
irgendetwas von Alkohol gegenüber ihrem Vater erwähnt. Und das musste ja nun
nicht sein.
Was jetzt? Sie hatte keine Ahnung,
ob Merle irgendwann zurückgekommen war. Aber das konnte sie Simon gegenüber ja
wohl schlecht zugeben. Außerdem war Merle immer da, bevor ihr Vater am Mittwoch
nach Hause kam. Es gab strenge Regeln bei ihnen und eine besagte, dass Merle
unter der Woche spätestens um acht Uhr zu Hause war, es sei denn, es gab
irgendeine Veranstaltung, zu der sie geladen war. Auch wenn Cordula so ihre
liebe Mühe mit ihr hatte, mit ihrem Vater wollte sie es sich nicht so schnell
verderben. Deshalb war sie doch bestimmt oben. Sie hatte sich rein geschlichen,
als sie weggedöst war. Ganz bestimmt. Sie würde doch nicht unnötig Stress
wollen.
Auch wenn Cordula sich das
innerlich alles schön redete, ein bisschen beunruhigt war sie schon. Vielleicht
sollte sie doch mal kurz nach Merle sehen. Sie würde sie wahrscheinlich keines
Blickes würdigen, aber zumindest hatte sie dann Gewissheit. Also ging sie
hastig die Treppe hinauf und zu Merles Zimmer. Sie horchte an der Tür, ob der
Fernseher lief. Nichts. Ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend stellte sich
ein. Sah Merle nicht sonst immer lange fern oder saß vor dem Computer? Auch so
eine neue Angewohnheit von ihr, diese Stunden um Stunden vor dem Kasten. Als
sie ihr den Computer gekauft hatten, schien es zunächst eine Fehlinvestition zu
sein, so wenig Beachtung schenkte sie ihm. Auch die vielen Hausaufgaben, bei
denen sie ihn zur Hilfe nehmen musste, änderten nichts daran, dass er meist
ausgeschaltet blieb. Und dann auf einmal war sie kaum mehr wegzubekommen von
dem Ding, wenn sie sich nicht gerade draußen aufhielt. Cordula hatte keine
Ahnung, was sie da trieb und auf welchen Seiten sie herumsurfte und ein dumpfes
Gefühl sagte ihr, dass sie das auch gar nicht so genau wissen wollte. Langsam
drückte sie die Klinke hinunter. Sie schob die Tür ein wenig auf und sah ihre
Befürchtungen bestätigt. Die Vorhänge waren aufgezogen und das Bett unberührt.
Das Zimmer war leer.
Merle war nicht da.
Vorher
Beim nächsten Mal war sie weit
weniger schüchtern. Sie lümmelte sich auf dem Sofa und hatte ihre Beine über
meine gelegt. Vielleicht lag es daran, dass sie ihr Ziel bereits erreicht hatte?
„Super, wie sich das alles geregelt
hat. War es sehr schwer für Sie?"
„Ein Klacks." Was es nicht
gewesen war. Ich hatte Blut und Wasser geschwitzt, aber ich hatte es
hinbekommen. Ich hoffte nur, dass ich so etwas nicht noch einmal für sie erledigen
musste, denn damit konnte ich in Teufels Küche kommen.
„Aber ich finde so etwas nicht sehr
schön. Es wäre mir lieb, wenn das nicht wieder vorkommt."
„Versprochen. Hast du was zu
trinken?"
Beinahe unmerklich war sie vom Sie
zum du übergegangen. Na, mir sollte es recht sein, vielleicht kamen wir dann
schneller voran.
„Klar." Ich atmete auf. So
sehr ich ihre Nähe auch genoss, ich war froh, dass ich ihr für einen Augenblick
entkommen konnte. Minutenlang hatte ich mich zurückgehalten, obwohl ich ihr so
gern über die Beine gestreichelt hätte. Viel länger hätte ich es nicht mehr
ausgehalten. Vor allen Dingen war ich völlig verkrampft, weil ich um jeden
Preis verhindern wollte, dass sie mit ihrem Bein in die Nähe meines Schoßes kam
und somit merkte, was sie bei mir auslöste.
Ich kam mit zwei Dosen Cola zurück.
Den Fehler mit dem Sekt wollte ich nicht noch mal machen. Sie riss die Dose auf
und nahm einen großen Schluck. „Aah, super“, sagte sie. „Warum küsst du mich
eigentlich nicht?"
Ich
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