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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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aussteigen, aber er hielt sie am Arm fest.
    „Ich meine es ernst.“ Seine Stimme
ließ da keinen Zweifel. „Ich hab mir Frau Sonntags Nummer schon geben lassen.
Wenn du dich heute nicht entschuldigst, rufe ich sie an. Ich hab es Frau Tarnat
versprochen und ich werde mich daran halten.“
    „Ist ja gut“, sagte sie und riss
sich los. Ohne ein Wort des Abschieds stieg sie aus dem Wagen und ging auf das
Gebäude zu. Aus den Augenwinkeln sah sie ihren Vater den Wagen wenden und
langsam davonfahren. Der Eingang zum Johanneum liegt in einer
verkehrsberuhigten Straße in der Innenstadt und viele Schüler erreichen die
Schule per Fahrrad, da ist vorsichtiges Fahren angebracht.
    In Merles Kopf hatte es zu pochen
begonnen. Was ihr Vater da von ihr verlangte, ging einfach nicht. Sie konnte
Frau Sonntag nicht sagen, dass Jackie nicht betrogen und zu Unrecht eine Sechs
erhalten hatte, weil es dabei nicht nur um sie selbst ging. Wäre das der Fall
gewesen, hätte sie jetzt nicht in diesem Dilemma gesteckt. Ihr Vater wusste
eben längst nicht alles. Sie konnte sich nicht selbst beschuldigen, ohne jemand
anderen in die Sache hineinzuziehen, und das ging auf gar keinen Fall.
Verfluchter Mist! Wie sollte sie aus dieser Nummer jemals herauskommen?
    An der Tür zu ihrem Klassenraum
stieß sie mit Rouven zusammen, der sich wie immer mit diesem Idioten Daniel
unterhielt. Wenn sie den sah, juckte es sie in den Fingern, ihm eine reinzuhauen.
Wieso gab Rouven sich nur mit diesem Vollhorst ab? Das war so ein Aufschneider,
der so cool sein wollte, aber nachts sicher noch ins Bett machte. Zum Kotzen!
Rouvens Anblick hingegen löste bei ihr wie immer ein flaues Gefühl im Magen
aus, wie er dastand mit seinem hübschen Gesicht, den dunklen Augen und seinen
gestylten Haaren, und wie immer versuchte sie, das Herzklopfen zu ignorieren
und besonders fies zu ihm zu sein.
    „Lass mich durch, Zwerg.“
    „Nutte“, zischte er.
    Sie tat, als ob sie nichts gehört
hatte, aber natürlich traf sie seine Bemerkung. Sie war nicht eben zimperlich
mit Äußerungen gegenüber ihren Mitschülern und musste deshalb auch vieles von
deren Seite wegstecken. Sie gab sich alle Mühe, jeden glauben zu lassen, dass
es ihr nichts ausmachte, was er von ihr dachte, dass alles an ihr abprallte.
Oft war das auch der Fall, aber eben weil Rouven ihr nicht gleichgültig war,
besaß er die seltene Fähigkeit, sie wirklich zu verletzen. Sie stellte sich
nicht zum ersten Mal die Frage, wann er endlich aufhören würde, in ihrem Kopf
herumzuspuken.
    Sie nahm auf ihrem Stuhl neben
Jackie Platz und tat ihr Bestes, ihre ehemalige Freundin zu ignorieren, aber
die hatte offenbar andere Pläne.
    „Und? Hast du es Frau Sonntag
gesagt?“
    Wollte sie sie das jetzt jeden
Morgen fragen? Konnten die sie nicht alle einfach mal in Ruhe lassen?
    „Nein. Und vielen Dank auch, dass
du mich verpfiffen hast.“
    „Mein Gott, ich weiß echt nicht,
warum ich jemals mit dir befreundet gewesen bin.“
    Sie drehte sich zu ihr hin und sah
ihr fest in die Augen. „Du warst nie meine Freundin. Ich hab dich nur in dem
Glauben gelassen, solange ich dich brauchte.“
    Es war eine Lüge, aber sie konnte
nicht anders und es gefiel ihr, zu sehen, wie Jackie bei ihren Worten vor ihr
zurückwich.
    „Jackie?“
    Merle fuhr herum und sah Rouven vor
ihrem Tisch stehen. Was wollte der jetzt wieder?
    „Ja?“
    „Hättest du Lust, heute Nachmittag
mit mir ins Kino zu gehen?“
    Wie bitte? Was wollte der denn von
der verklemmten Verräterin? Stand er etwa auf Schneeketten im Maul? Ungläubig
sah sie, wie Jackie errötete.
    „Heute kann ich nicht. Ich muss mit
meiner Mutter Möbel kaufen.“
    Merle verdrehte die Augen. So ein
Baby! Und wie dumm, sich diese Chance wegen ihrer Mutter entgehen zu lassen.
    „Was ist mit morgen?“
    Was? Reichte ihm eine Abfuhr nicht?
    „Ja, wieso nicht?“
    Sie hätte es ihr sagen können. Weil
er ihr gehörte. Sie hatte gefälligst die Finger von ihm zu lassen. Sah sie denn
nicht, dass er sie nur einlud, um ihr eine reinzuwürgen?
    „Toll, dann hol ich dich morgen
gegen drei ab, okay?“
    Nein, verdammt, es war nicht okay.
Aber für Jackie war es das natürlich und sie konnte es nicht verhindern. Sie
hätte schreien können, als Rouven ihr einen triumphierenden Blick zuwarf, aber
sie durfte sich nicht die Blöße geben zu zeigen, wie es in ihr aussah. Es war
eigentlich unfassbar, dass sie sich insgeheim immer noch nach diesem kleinen
Milchbubi verzehrte. Dabei hatte sie das

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