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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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nachdem Bent sie allein gelassen hatte. Im Nachhinein konnte sie nur
von Glück sagen, dass sie das alles hinter seinem Rücken gemacht hatte, sodass
Jackie von ihm nichts wusste. Jedenfalls hatte Bent mal angedeutet, dass die
Perversen besonders auf Mädchen mit Zahnspangen abfuhren, vermutlich weil es
sie noch jünger wirken ließ, und da hatte sie sofort an ihre beste Freundin
gedacht. Wäre doch super gewesen, wenn sie dazu auch Lust gehabt hätte.
Vielleicht hätte sie dann auch noch ein bisschen Provision einheimsen können.
Jackie musste ja nicht wissen, wie viel Geld sie bekam. Aber die blöde Kuh
hatte ja sofort Panik gekriegt und sie musste einen Weg finden, sie daran zu
hindern, jemandem davon zu erzählen.
    Da war er ins Spiel gekommen. Sie
hatte ein paar Blätter aus Jackies Collegeblock entwendet und ihm auf den Tisch
gelegt. Er hatte nicht eben begeistert reagiert.
    „Was soll ich damit?“
    „Wir schreiben morgen bei Frau
Sonntag eine Arbeit. Kannst du die Zettel bei Jacqueline Tarnat ins Arbeitsheft
legen?“
    Er hatte sie entgeistert angesehen.
„Weißt du, was du da von mir verlangst?“
    „Bitte. Sie hat mich total bei Frau
Sonntag schlecht gemacht. Völlig ohne Grund.“ Sie hatte ihr mitleiderregendstes
Gesicht aufgesetzt und er hatte die Zettel gegriffen.
    „Wie soll ich das deiner Meinung
nach hinkriegen?“
    „Frau Sonntag legt die Arbeiten
immer erst mal in ihr Fach. Vielleicht kannst du da unbemerkt ran.“
    Er hatte ihr nichts versprochen,
aber er hatte es hinbekommen. Wenn sie zuvor noch einen Zweifel an ihm gehabt
hatte, war der jetzt ausgeräumt. Sie wusste, er würde alles für sie tun. Ganz
gezielt hatte sie ihn später auf die Website hingewiesen. Er hatte zunächst
ablehnend reagiert, aber ihr war klar, dass er, wenn er sich erst einmal an den
Gedanken gewöhnt hatte, nun alle Hebel daran setzen würde, endlich bei ihr zum
Zug zu kommen, um den anderen Männern, die ihr nur zuschauen durften, wieder
voraus zu sein. Da konnte sie ihn packen.
    Und das nutzte sie aus. Er war wie
Wachs in ihren Händen. Er war sogar damit einverstanden gewesen, sie eine Nacht
in ihrem Domizil schlafen zu lassen, obwohl es der denkbar schlechteste
Zeitpunkt dafür gewesen war. Warum grübelte sie eigentlich noch? Es blieb doch
nur eine Möglichkeit für sie übrig. Sie musste zu ihm und gemeinsam würden sie
schon eine Lösung finden, da hatte sie keinen Zweifel. Er würde sich bestimmt
anstrengen, wenn sie ihm seine Belohnung nur ordentlich schmackhaft machte.
     
    Timo Hansen betrat das
Krankenhauszimmer, in dem sein Halbbruder an Schläuchen lag und vor sich hin
dämmerte. Es war erst das zweite Mal, das er ihn besuchte und dieses Mal galt
der Besuch eher Christophers Mutter, die neben dem Bett saß und ein Buch auf
dem Schoß liegen hatte, von dem sie aufblickte.
    „Hallo“, sagte sie mit einem
angedeuteten Lächeln und leiser Stimme, so als ob sie ihren Sohn nicht stören
wollte. Natürlich völlig unnötig. Christopher war hirntot, wie Timo bei seinem
letzten Besuch vom Arzt mitgeteilt worden war, also konnte er gar nichts hören.
    Er schüttelte ihr leicht die Hand.
„Wie geht es Ihnen?“
    Sie war geschminkt und wirkte
gefasst, gleichzeitig aber auch zerbrechlicher als bei seinem Besuch bei ihr zu
Hause. Sie wiegte den Kopf hin und her.
    „Es geht. Es tut weh, ihn da so
liegen zu sehen.“
    „Kann ich verstehen.“
    „Sein Arzt hat mir gesagt, dass Sie
schon hier waren.“
    „Ja. Ich wollte meinen Bruder
zumindest einmal sehen, wenn ich ihn schon nicht kennen lernen kann.“
    Sie nickte. „Finde ich gut. Ich
denke, Christopher wäre derselben Meinung. Übrigens war die Polizei bei mir zu
Hause und hat mir gesagt, dass es kein Selbstmord war.“
    „Ich weiß.“
    Er spürte ihren nachdenklichen
Blick beinahe körperlich und war erneut beeindruckt von der Aura, die sie
umgab. Er konnte schon verstehen, dass sie seinen Vater gereizt hatte, so leid
es ihm auch für seine Mutter tat.
    „Dachte ich mir. Ich kann das alles
noch gar nicht richtig einordnen, wissen Sie? Ich war entsetzt, als ich ihn da
im Keller hängen sah. Und später war ich dann wütend, weil er es sich so leicht
gemacht hatte anstatt zu kämpfen. Ich hätte ihm am liebsten hier im Bett noch
eine Ohrfeige dafür verpasst. Aber jetzt? Ein scheinbar komplett Verrückter hat
versucht, ihn zu töten.“ Mit einem Blick auf das Bett schüttelte sie den Kopf.
„Nein, ich muss mich berichtigen. Er hat ihn umgebracht. Und ich

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