Die Mädchen (German Edition)
schon etwas weiß. Merle ist übrigens mal wieder nach der vierten
Stunde abgehauen.“
„Einfach so?“
„Sie hat Frau Marquardt gesagt,
dass sie sich nicht gut fühlt, aber der fehlt gar nichts.“
Eine Weile saßen sie schweigend
nebeneinander. Jacqueline sah aus dem Fenster, ohne wirklich etwas
wahrzunehmen. Sie dachte daran, wie der morgige Nachmittag wohl verlaufen würde
und was sie anziehen sollte. Dass Rouven sie gefragt hatte, grenzte schon an
eine Sensation. Sie hatte ihn schon immer gemocht, aber bisher hatte er noch
nie Notiz von ihr genommen. Sie wollte lieber nicht darüber nachdenken, warum
sich das auf einmal geändert hatte. Ihr waren die Seitenblicke auf die neben
ihr sitzende Merle nicht entgangen. Na, sie würde schon dafür sorgen, dass er
nicht mehr über Merle nachdachte. Was wollte er überhaupt von der? Sie war doch
nun wirklich eine Nummer zu groß für ihn. Klar, Merle fand ihn süß, das hatte
sie ihr gegenüber in einem schwachen Moment selbst mal zugegeben, aber sie
würde sich niemals mit ihm abgeben, dafür war er ihr viel zu unreif.
Sie merkte plötzlich, dass ihre
Mutter etwas zu ihr gesagt hatte.
„Wie bitte?“
„Träumst du? Ich hab dich gefragt,
ob du weißt, wo Merles Vater arbeitet.“
„Nein, keine Ahnung. Wieso willst
du das wissen?“
„Weil ich wütend bin und ihn
ordentlich zusammenscheißen möchte. Ich hab ihn gebeten, etwas zu unternehmen
.
,
D
d as ist jetzt vier Tage her, und so
wie ich das sehe, tut er gar nichts.“
„Wahrscheinlich hat er Schiss, dass
Merle von der Schule fliegt, oder so.“
„Das ist mir egal. Wahrscheinlich
hat sie es auch nicht besser verdient.“ Ihre Mutter tippte ungeduldig mit den
Fingern auf das Lenkrad, während sie ungeduldig darauf wartete, dass die
Ampel umsprang. „Du bist dir ganz sicher, dass Merle nicht an deine Arbeit
gekommen
sein kann
ist ?“
„Ja. Sie war viel früher fertig als
ich und längst weg, als ich meine abgegeben habe.“
„Dann muss sie
die Zettel
sie später reingepackt
haben.“
„Ich weiß nicht, wie. Frau Sonntag
hat die Arbeiten mit ins Lehrerzimmer genommen und da kommt kein Schüler rein.“
Ihre Mutter dachte einen Moment
nach. „Wirklich keiner?“
„Nein. Die Lehrer haben ja ihre
Fächer da und aus Sicherheitsgründen darf niemand außer den Lehrern das Zimmer
betreten. Wenn wir einen von ihnen sprechen wollen, müssen wir uns im Büro
melden und dann kommt er raus.“
„Dann gibt es nur eine Möglichkeit.
Einer der Lehrer hat Merle geholfen.“
Jackie traf fast der Schlag. „Was?“
„Ist dir denn noch nie der Gedanke gekommen?“
Sie konnte nur stumm den Kopf schütteln. Aber ihre
Mutter hatte Recht.
Es
konnte nur ein Lehrer gewesen sein.
Ach du Scheiße! Hatte Merle etwa was mit einem dieser
alten Knacker laufen?
„Jackie, guck mal in meine Tasche
auf dem Rücksitz. Da muss die Karte der Polizeibeamten drin sein, die bei uns
waren.“
Jackie hielt in der Bewegung inne.
„Du willst die Polizei anrufen?“
„Darauf kannst du Gift nehmen. Wenn
ein Lehrer so etwas macht, steckt mehr dahinter.“
Jackie fand die Visitenkarte des
Oberkommissars in der Seitentasche der Handtasche. Ihre Mutter fuhr auf den
Seitenstreifen, brachte den Wagen zum Halten und wählte die Nummer auf ihrem
Handy.
„Oberkommissar Frohloff? Tarnat
hier, die Mutter von Jacqueline.“
Merle hörte, wie die Frau die Dose
vom Tisch nahm und in die Küche ging. Sie überlegte fieberhaft. Konnte sie es
bis zur Haustür schaffen, ohne dass die Frau etwas merkte? Wohl kaum. Sie hätte
an der Küche vorbeigemusst. Was machte die überhaupt da? Sie hörte etwas
klappern. Machte die sich jetzt was zu essen?
„Du hattest also Hunger auf eine
Pizza.“
Na super! Jetzt hatte sie in den
Herd geguckt.
„Die kann man wohl sowieso nicht
mehr essen.“
Den Geräuschen aus der Küche zu
urteilen, nahm die Frau das Blech aus dem Herd und entsorgte die Pizza. Da. Das
klang doch nach dem Mülleimer. Die Frau begann, leise vor sich hin zu summen
und langsam beschlich Merle der Gedanke, dass mit ihr etwas nicht in Ordnung
war.
„Du weißt hoffentlich, dass es
überhaupt nichts bringt, wenn du dich versteckst. Früher oder später finde ich
dich sowieso.“
Tolle Aussichten. Und plötzlich
stockte Merle der Atem. Es war eine kleine Wohnung mit zwei Zimmern, Küche und
Bad. Wo konnte man sich dort schon verstecken? Oh Gott! Die Frau wusste längst,
wo sie war. Was für ein Spiel trieb sie mit
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