Die Mädchen (German Edition)
dieser.
„Ich hoffe, es ist etwas Wichtiges. Ich würde nämlich gern weiter meiner Arbeit
nachgehen.“
Er sah wieder aus wie aus dem Ei
gepellt mit seinem Designeranzug und der schicken Krawatte. Seinen Kopf hatte
er jetzt fast kahl rasiert, aber es stand ihm. Von Schuldbewusstsein oder Nervosität
keine Spur. Nachdem sein Plan, Almut Keller über ihre Tochter zu schaden,
gescheitert war, schien er ohne zu zögern wieder zur Tagesordnung übergegangen
zu sein. Was für ein kalter Fisch. Kein Wunder, dass es keine Frau bei ihm
aushalten konnte.
„Meine Herren“, sagte sein Anwalt
Dr. Herrmann
, der nach seinem
Mandanten den Raum betrat. E
r
und stellte demonstrativ seinen
Aktenkoffer auf Funkes Schreibtisch ab, die Hand am Griff, zum Zeichen, dass er
sich gar nicht erst lange hier aufzuhalten gedachte. „Ich dachte eigentlich
nicht, dass es noch etwas zu klären gibt. Mein Mandant hat Ihnen alles gesagt.“
„Nun bleiben Sie mal schön locker,
Herr Dr. Herrmann“, sagte Funke. „Wir wollen Ihrem Mandanten nichts Böses. Wir
wissen ja, dass er mit dem Mord nichts zu tun hat.“ Die Lüge ging ihm leicht
über die Lippen.
„Also?“ fragte der Anwalt
auffordernd.
„Wollen Sie sich nicht erst mal
setzen?“ fragte Behrend.
Das taten sie, wenn auch sichtlich
widerwillig und nachdem er ihnen einen Kaffee eingeschenkt hatte, räusperte
sich der Anwalt erneut. „Nun schießen Sie mal los.“
„Herr Waldow, wir möchten die
Zeitangaben noch einmal konkretisieren. Wann genau sind Sie vergangenen
Mittwoch in der Elswigstraße angekommen?“
„Es muss so gegen eins gewesen sein
oder kurz danach. Ich hab die beiden Mädchen von der Schule kommen sehen.“
Dr. Herrmann legte ihm die Hand auf
den Arm. „Antworten Sie nur auf die Fragen.“
Sollte heißen, er sollte nicht mehr
Informationen geben als unbedingt nötig.
„Kamen sie zusammen?“
„Nein. Erst kam Judith, dann die
andere.“
Funke warf einen Blick in die Akte.
„Und gegen halb zwei ist Judith dann für zehn Minuten in Ihren Wagen
gestiegen.“
„Ja. Aber das hab ich Ihnen doch
alles schon mal erzählt.“
Funke machte eine beschwichtigende
Geste mit der Hand. „Bis Judith zu Ihnen an den Wagen kam, hat da jemand das
Haus der Kellers betreten oder verlassen?“
„Nein.“
„Sind Sie sicher?“
„Ja. Ich hab den Eingang im
Rückspiegel im Auge gehabt, weil ich ja auf Judith gewartet habe.“
Funke nickte und machte sich eine
kleine Notiz. „Und danach?“
„Was meinen Sie?“
„Ich meine den Zeitraum zwischen
dem Absetzen von Judith bis zum Auftauchen von Frau Eggers an Ihrem Wagen. Hat
in der Zeit jemand das Haus betreten?“
„Danach haben Sie mich letztes Mal
nicht gefragt.“
Funke stutzte. „Und?“
„Einen kleinen Moment, bitte.“ Er
gab seinem Anwalt ein Zeichen und in Nullkommanichts waren beide aufgestanden
und mit einem lapidaren „Wir sind gleich wieder zurück.“ aus dem Raum gegangen.
„Was war das jetzt?“ fragte Behrend
verblüfft.
Funke rieb sich das Kinn. „Der Typ
ist ein Fuchs, das sag ich dir. Er hat jemanden gesehen, da geh ich jede Wette
ein. Aber er will jetzt mit seinem Anwalt seine Chancen ausloten. Was passiert,
wenn er uns nicht sagt, wen er gesehen hat, zum Beispiel.“
„Warum sollte er es uns nicht
sagen?“
„Frag mich was Leichteres.
Vielleicht denkt er, es springt für ihn selbst noch was dabei heraus.“
„Erpressung?“
Funke zuckte mit den Achseln.
„Vielleicht will er auch jemanden schützen.“
Behrend schnaubte. „Weißt du,
Holger, wo sind eigentlich all die ehrlichen Menschen hin? Warum kann uns nicht
einer mal die Wahrheit sagen?“
Darauf hatte er auch keine Antwort.
Fünf Minuten später ging die Tür wieder auf und die beiden Männer kamen zurück.
„Ich hoffe, Sie konnten alles zu
Ihrer Zufriedenheit klären“, sagte Funke, ohne seine Ironie zu verbergen.
„Alles gut“, sagte Waldow. „Wie war
Ihre letzte Frage noch?“
Funke wusste genau, dass er hier
eben verarscht wurde, aber er ließ sich nicht weiter provozieren. Stattdessen
wiederholte er die Frage.
„Ich hab jemanden gesehen, der so
kurz vor zwei in das Haus ging und nach etwa einer halben Stunde auch wieder
herauskam.“
Wie elektrisiert schaute Funke von
seinen Notizen auf. Er hatte eigentlich nicht damit gerechnet, von Waldow eine
hinreichende Antwort zu bekommen und war nun umso erstaunter, dass er doch
plauderte.
„Und? Wer war es?“
„Keine Ahnung. Außer Almut kenne
ich
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