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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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Lover im Spiel, was sie aber keinesfalls ihrer
Familie beichten wollte. Das wäre ja schlecht für das Image der armen,
verlassenen Frau gewesen, die arbeiten muss, während ihr Mann sich mit einer
Jüngeren davongemacht hatte.
    Gegen ihren Willen musste Janine
ein wenig über sich selbst schmunzeln. Eigentlich war sie gar nicht so, dass
sie von Menschen so schlecht dachte, aber Almut weckte wirklich ihre niedersten
Instinkte. Und das hatte nichts damit zu tun, dass sie eifersüchtig auf die Ex
ihres Lebensgefährten war. Sie wusste, dass es keinen Grund dafür gab, denn es
war offensichtlich, dass Marius keine Gefühle mehr in dieser Richtung hegte. Es
lag auch nicht daran, dass sie eine Frau war. Janine kam immer gut mit Frauen
zurecht, einfach weil sie es musste. Als Zahnarzthelferin hatte sie nun einmal
mit Kolleginnen zu tun und Stutenbissigkeit brachte sie da nicht weiter. Nein,
es lag einfach an Almut Keller selbst, die ein Mensch war, mit dem man nicht
leicht auskommen konnte, weil man ihr auf Anhieb wenig recht machen konnte.
    Das erste Mal, dass sie ihre
Vorgängerin gesehen hatte, war gleich dumm gelaufen. Sie hatte ihren vierten
Tag in der Praxis, ihre erste Festanstellung nach der Ausbildung, und saß am Empfang,
als Almut hereinkam und hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wer sie war.
    „Wo ist Sandra?“ fragte Almut mit
hochgezogenen Augenbrauen, ohne jeglichen Anflug einer Begrüßung.
    Janine hatte keinen blassen
Schimmer, wer Sandra überhaupt war, geschweige denn, wo sie sich aufhielt, und
es war ihr auch egal. Sie hatte am Monatsersten ihre Stelle hier angetreten und
eine Sandra war ihr nicht vorgestellt worden. Außerdem, warum interessierte
diese Frau das überhaupt? Und dann diese arrogante Art. Als ob sie Königin von
England war. Sicher, sie war attraktiv. Ihr blondes Haar trug sie in einem
Pferdeschwanz und straff aus dem Gesicht, was ihre hohe Stirn betonte. Sie
hatte eine gerade Nase und einen schmalen Mund, bei dem die Unterlippe etwas
voller geraten war. Ihre Augen hatten das tiefste Blau, das sie je gesehen
hatte. Sie war dezent geschminkt mit Kajal und etwas blassrotem Lippenstift und
trug eine Sonnenbrille auf dem Kopf, was Janine ein wenig seltsam anmutete, war
es doch November und es regnete in Strömen. Bekleidet war sie mit einem hellen
Hosenanzug und einem dunkelbraunen Mantel mit einem Pelzkragen. Sie war etwas
größer als sie selbst und hatte eine gerade Haltung, was die Arroganz, die sie
ausstrahlte, noch verstärkte.  
    „Nicht mehr da“, entgegnete sie.
    Sie spürte den musternden Blick der
Frau fast körperlich und merkte, wie sie rot wurde. Verdammt, musste sie ihr
diesen Triumph gönnen?
    „Und Sie? Sind Sie neu?“
    War das von Bedeutung? Sie
schluckte ihren Ärger hinunter und besann sich auf ihre Fähigkeiten am Empfang.
    „Ich bin Janine.“ Sie nahm das
Terminbuch und blätterte darin herum. Eine reine Übersprunghandlung, einfach,
um etwas zu tun zu haben. „Haben Sie einen Termin?“
    „Nein.“
    Sie war verblüfft. „Handelt es sich
denn um einen Notfall?“
    „Das ist doch albern“, sagte die
Frau nur und schüttelte den Kopf.
    Janine blieb der Mund offen stehen,
als die Frau an ihrem Empfangstisch vorbeiging und geradewegs auf das erste
Behandlungszimmer losmarschierte, aus dem für jeden hörbar das Geräusch eines
Bohrers ertönte. Sie sprang auf und wollte die Frau am Hineingehen hindern,
aber es war schon zu spät.
    „Ich muss mit dir reden“, sagte sie
in den Raum hinein und langsam dämmerte es Janine, dass es sich hier um etwas
Privates handelte.
    Dr. Keller sah von seinem Patienten
hoch, das Gesicht halb durch einen Mundschutz verdeckt, und stoppte den Bohrer.
Janine konnte sehen, dass er ziemlich irritiert war. Er sah sie hinter der Frau
stehen und zog fragend die Augenbrauen hoch, worauf sie nur mit den Schultern
zuckte. Er seufzte.  
    „Almut“, sagte er nur.
    „Könntest du vielleicht deinen
Mundschutz abnehmen, wenn du mit mir redest?“
    Er zog ihn herunter und schüttelte
den Kopf. „Du kannst hier nicht einfach reinplatzen, wie es dir passt. Mach
bitte die Tür zu und wartete einen Moment. Ich komme gleich raus.“
    Janine war sicher, dass sie etwas
erwidern wollte, aber ihr Boss hatte schon den Mundschutz wieder oben und den
Bohrer an und widmete sich seinem Patienten, ohne einen weiteren Blick an sie
zu verschwenden. Janine konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als die Frau
langsam die Tür zu zog. Ohne sie eines weiteren

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