Die Mädchen (German Edition)
das blauweiß karierte Hemd, das er tags zuvor bereits getragen hatte
und das ihm, wie Philipp fand, unheimlich gut stand.
„Das hatte ich zwar gestern schon
an“, sagte Glen, als ob er seine Gedanken erraten hatte, und hob nacheinander
beide Arme, um mit der Nase zu prüfen, ob er Schweißgeruch wahrnehmen konnte.
„Aber ich denke, es geht noch.“
Er kam auf Philipp zu, beugte sich
zu ihm hinunter und gab ihm einen Kuss, den Philipp leidenschaftlich erwiderte.
Er schmeckte nach Zahnpasta und roch nach Seife. Seine Bartstoppeln pieksten
und er hatte das Gefühl, noch nie etwas Schöneres erlebt zu haben.
„Bleib ruhig liegen und schlaf dich
aus“, sagte Glen nachdem er sich von ihm gelöst hatte. „Ich kann dir allerdings
nicht sagen, wann ich wieder da bin.“
Philipp winkte ab. Ihm war klar,
dass es nur um einen Mord gehen konnte, wenn Glen um diese Zeit zum Dienst
gerufen wurde, aber er hütete sich davor, nach Einzelheiten zu fragen. Er wusste,
dass sein Freund nicht über seine Arbeit reden durfte und wollte ihn auf keinen
Fall in Verlegenheit bringen. Bei der kurzen Dauer des Gespräches mit seinem
Vorgesetzten war es ohnehin fraglich, ob er überhaupt schon Genaueres wusste.
„Ich mach es mir einfach ein
bisschen gemütlich.“
Glen nahm seine Brille, die auf dem Nachttisch lag
und setzte sie auf. Für seine Kontaktlinsen war es noch zu früh.
„Tu das. Aber du musst
nicht hier bleiben und den ganzen Tag auf mich warten. Es kann wirklich bis
abends dauern.“
„Mach dir keinen Kopf. Ich kann
mich schon beschäftigen.“
Glen seufzte und gab ihm noch einen
Kuss auf die Wange. „Dann bis später. Ich melde mich zwischendurch mal.“
„Jetzt sieh zu, dass du los
kommst.“
Und eine Minute später war Philipp
allein, leider aber auch putzmunter. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf
und blickte zur Decke. Der vorangegangene Abend war super verlaufen. Er hatte
in den letzten Wochen schon häufiger das Verlangen gespürt, die Nacht über bei
Glen zu bleiben, aber kurz vorher hatte er immer wieder einen Rückzieher
gemacht. Gestern nicht und er hatte es nicht bereut. Es war nicht zum Äußersten
gekommen, weil er zu diesem Schritt noch nicht bereit war, aber in Glens Armen
einzuschlafen, hatte ihn mit einem Glücksgefühl erfüllt, das er kaum
beschreiben konnte. Hätte er vorher noch Zweifel gehabt, waren diese jetzt auf
jeden Fall ausgeräumt. Er liebte Glen
, auch wenn er sich hüten würde, ihm das jetzt
schon zu sagen,
aber
und er wusste, dass er alles dafür tun würde, um dieses Gefühl zu bewahren.
Der Junge sah aus wie fünfzehn,
obwohl er laut der von den Kollegen aufgenommenen Personalien bereits zwanzig
war. Hauptkommissar Funke war so überrascht, dass er ein weiteres Mal auf das
Geburtsdatum schaute. Der Junge hatte kurzes, mittelblondes, strubbeliges Haar,
mehr als eine Unreinheit im Gesicht und musste sich allem Anschein nach noch
nicht mal rasieren. Er machte auf Funke nicht den Eindruck, als ob er an diesem
Morgen noch Appetit auf Frühstück verspüren würde. Er saß hinter der Absperrung
auf einer Bank und sah angestrengt in die andere Richtung, während sein kleiner
Beagle unruhig vor ihm auf und ab lief.
Funke hatte Mitleid mit ihm,
schließlich war der Fund einer Leiche nicht etwas, das einem alle Tage passierte.
Es konnte noch eine Weile dauern, bis die Kollegen eintrafen. Daher entschloss
er sich, den Jungen zu erlösen, und ging auf die Bank zu. Der Beagle freute
sich wie wild, dass er endlich Gesellschaft bekam, und sprang an ihm hoch. Er
beugte sich lächelnd zu ihm hinunter und streichelte ihn.
„Na, du bist aber ein Feiner“,
sagte er mit einschmeichelnder Stimme. „Wie heißt du denn?“
„Snoopy“, sagte der Junge.
Wie bei den Peanuts.
„Ich weiß, es ist nicht besonders
einfallsreich“, sagte der Junge, als ob er seine Gedanken erraten hatte und
rang sich ein gequältes Lächeln ab. „Aber meine kleine Schwester bestand darauf.“
Die hieß wahrscheinlich Luzie.
„Hallo, Snoopy“, sagte Funke, sich ein Grinsen verkneifend, und kraulte dem
Hund den Kopf.
„Sagen Sie, dauert es jetzt noch
lange? Mir wird langsam ein wenig kalt.“
Kein Wunder, wenn er bei den
Temperaturen auf einer Stelle verharren musste. Und seine Jacke sah auch nicht
gerade dick gefüttert aus. Funke schüttelte den Kopf. „Sie sind gleich fertig.“
Er zeigte auf die Bank. „Kann ich mich einen Augenblick setzen?“
Der Junge zuckte mit den Achseln,
was Funke
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