Die Mädchenakademie
schritt mit einem Werkzeugkasten am Haus vorbei und tauchte in der Garage unter, in der sich der kleine Fuhrpark des Internats befand. Leider trug er diesmal ein T-Shirt, aber er sah auch vollständig angezogen gut aus. Er besaß einfach diese außergewöhnliche Ausstrahlung, die nur wenigen Männern anhaftet: Ein wenig Macho, doch nicht so viel, dass es unsympathisch wirkt, sondern eine kleine, aber feine Prise, die ihm das gewisse Etwas verlieh.
»Hm, lecker«, schnurrte Charlie.
Emma grinste. »O ja, lecker.«
»Du findest den neuen Hausmeister also auch so ungemein attraktiv wie wir alle?«
»Hausmeister?«, echote Emma, die noch immer zur Garage spähte in der Hoffnung, er würde wieder herauskommen. »Was ist mit Jason?«
»Hat Urlaub. Christian ist nur seine Vertretung für die Sommerferien.« Charlotte legte ihre Hand an Emmas Kinn und zwang sie, sie anzusehen. »Was würdest du alles tun, um mit ihm zu schlafen?«
»Wie bitte?« So weit hatte sie noch gar nicht gedacht. Es war ohnehin utopisch, darüber nachzudenken. Er war ein richtiger Kerl, sie nur eine achtzehnjährige Internatsschülerin. Vermutlich sah er in ihr nur eine reiche, verzogene Göre.
Charlie strich ihr einige Haare aus der Stirn. »Gib schon zu, dass der Gedanke, mit ihm zu schlafen, dich erregt? Ich sehe es dir sowieso an. Deine Augen haben diesen Glanz bekommen.«
»Na gut, es ist so«, erwiderte Emma ein wenig zu schnippisch, weil es wehtat zuzugeben, dass er unerreichbar für sie war. »Aber was nutzt mir das? Er wird sich nicht mit mir abgeben. Ich brauche erst gar nicht zu versuchen, seine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Außerdem bin ich kein Teenager mehr, der einem Schwarm hinterherläuft.«
»Reg dich doch nicht so auf.«
Emma wischte Charlies Hand weg, die unentwegt an ihren Haaren zupfte. »Das tue ich gar nicht. Ich verschwende einfach keinen Gedanken an ihn, so ist das.«
»Lügnerin.« Charlie knuffte sie sanft in die Seite. Dann wurde sie auf einmal ganz ruhig, schwieg eine Weile und schaute auf den See hinaus, bis sie schließlich sagte: »Was wäre, wenn ich einen sicheren Weg wüsste, bei ihm zu landen?«
3
»Du spinnst!« Emma legte sich flach auf den Rücken und betrachtete das satte Blau des Himmels. Ihre Füße baumelten immer noch im See. Das Wasser war angenehm kühl, denn die Hitzeperiode hatte erst vor ein paar Tagen begonnen und der See hatte sich noch nicht aufgeheizt.
Charlotte drehte sich auf den Bauch und stützte sich mit den Ellbogen auf. Von ihren überkreuzten Beinen tropfte Wasser auf ihr Hinterteil. »Wir veranstalten da so ein Spiel, und Christian hat sich dazu bereiterklärt, als Trophäe zu fungieren.«
Was sollte das heißen? »Was für ein Spiel?«
»Eigentlich darf ich dir gar nichts davon erzählen.« Charlie zögerte, wohl wissend, dass sie Emma damit nur noch neugieriger machte. »Nur Eingeweihte wissen davon, also vier Personen plus Christian.«
»Megan, Holly, Lauren und du.«
Charlotte lächelte verschmitzt. Sie wickelte eine rote Haarsträhne um ihren Finger, ließ sie wieder los und prüfte, ob sich eine Locke gebildet hatte, aber ihre Haare waren glatt wie eh und je.
»Nun sag schon«, flehte Emma sie an. »Ich schweige wie ein Grab. Versprochen!«
»Also gut, aber sprich nicht mit den Mädchen darüber, bevor ich ihnen nicht gebeichtet habe, dass ich meinen Mund nicht halten konnte. Unter Umständen sind sie nicht gerade erfreut darüber, denn es ist ein Geheimnis, und das soll es auch bleiben.«
Emma drehte sich auf die Seite, stützte ihren Kopf mit einer Hand ab und hing an Charlottes Lippen. Sie liebte Geheimnisse! Und dieses drehte sich ausgerechnet auch noch um Christian, den sie seit ihrer Ankunft nicht mehr vergessen konnte.
»Holly, Megan, Lauren und ich haben am Anfang der Upper Sixth einen Geheimbund gegründet, um den Aufenthalt im Internat etwas interessanter zu gestalten.« Charlie rückte näher an sie heran. »Wir nennen ihn den Geheimclub der Lolitas .«
»Und was soll das sein?«
»Es geht darum, erotische Erfahrungen zu machen. Das ist es doch, was Mädchen in unserem Alter wollen, oder etwa nicht?«
Emma wich Charlies eindringlichem Blick aus, in dem sie dem Entenpaar hinterherschaute, das sich vom See erhoben hatte und zum Ufer flog. Es landete auf dem Rasen unweit des Stegs und lief ziellos, aber schnatternd umher. »Ja, schon. Aber was ist mit Liebe?«
Energisch winkte Charlotte ab. »Wir sind jung und wollen Spaß haben. Verlieben
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