Die Mädchenakademie
Tanzsaal stahl, fiel ihr erst auf, dass Christian nicht einmal nach dem Tagebuch in ihrer Hand gefragt hatte. Wie viel wusste er über den Geheimclub? Hatte er Megan verfolgt, weil er sie verdächtigte, etwas mit Rubys Verschwinden zu tun zu haben? Megan war taff, aber war sie so abgebrüht, eine Konkurrentin auszuschalten oder aus Eifersucht aus dem Weg zu räumen?
Wenn Emma es einem der Mädchen zutraute, dann Megan. War sie selbst in Gefahr, weil sie Megans Zorn auf sich geladen hatte?
16
Emma brachte ihr eigenes Tagebuch in die Kapelle und schlenderte gedankenversunken ziellos durch die Korridore. War sie auf eine heiße Spur gestoßen oder einem Hirngespinst erlegen?
Als Charlotte plötzlich auftauchte, hätte sie beinahe einen Schrei von sich gegeben. »Du hast mich erschreckt!«
»Sorry. Ich habe es eilig.« Charlie grinste anzüglich. »Gestern bist du ja ganz schön abgegangen.«
Emma lief hochrot an.
»Schade, du stehst wohl nur auf Männer.« Es war eine Feststellung, keine Frage. Ihr Grinsen verschwand.
Hatte sich Charlotte Hoffnungen bei ihr gemacht? Emma hatte ihre Avancen nur für harmloses Flirten gehalten. Sie war davon ausgegangen, dass Charlie sich einen Spaß daraus machte, sie vor Verlegenheit erröten zu sehen, und dass sie Emma aus der Reserve lockte, damit sie sich öffnete. »Tut mir leid.«
»Schwänze werden überbewertet. Mit einem Strap-on wird man wenigstens vollkommen ausgefüllt«, sagte Charlie abfällig und zuckte mit den Schultern. »Hast du Lust etwas Kurioses zu sehen?«
Die Frage bezog sich hoffentlich nicht auf den Umschnalldildo. »Wovon sprichst du?«
Charlie nahm Emmas Hand und zog sie hinter sich her. »Megan und Stan, kannst du dir die beiden zusammen vorstellen?«
»Stanley Butcher?« Einen anderen Mann mit diesem Vornamen gab es in dem Internat nicht. Als Charlotte kichernd nickte, schüttelte Emma nur ungläubig den Kopf. »Armer Stan!«
Charlie prustete und führte sie durch einen Nebeneingang aus dem College heraus. Sie liefen geduckt hinter den Buchsbaumfiguren entlang, die die Besucher an der Vorderfront willkommen hießen. »Du hast ja keine Ahnung.«
»Wieso weiß ich nichts von Megans Aufgabe?« Hatte der Club ohne sie getagt?
»Weil es keine ist.« Charlotte wurde langsamer und blieb vor einem Fenster stehen, dessen Jalousien zu dreiviertel heruntergelassen waren, wie auch bei den anderen Fenstern dieses Klassenzimmers. Sie flüsterte: »Die beiden treffen sich heimlich. Niemals würde Megan zugeben, sich mit Mr. Karomuster einzulassen. Schau selbst und du wirst auch wissen, warum.«
Emma linste über Charlies Schulter hinweg durch den Spalt ins Innere des Gebäudes und riss ungläubig ihre Augen auf.
Megan hatte sich in der kurzen Zeit, in der Emma sich mit Christian unterhalten und Rubys Tagebuch durchgeblättert hatte, umgezogen. Sie trug inzwischen eine Art höchst unanständige Schulmädchenuniform, bei deren Anblick der Direktor vor Schreck tot umgefallen wäre. Der Rock mit dem rot-blauen Schottenmuster war so knapp, dass er kaum Megans Scham bedeckte. Er hatte einen Schlitz, der aufklaffte, obwohl sie ganz normal dasaß, was daran lag, dass der Rock aussah, als wäre er zwei Nummern zu klein. Durch diesen Schlitz sah Emma, dass Megan kein Höschen anhatte. Sie trug überhaupt keine Unterwäsche, denn auch ihre Brustspitzen waren deutlich durch das dünne weiße Oberteil zu erkennen, das unter ihrem Busen von einem Gummizug zusammengerafft wurde, sodass es hauteng anlag.
Breitbeinig stand Stanley Butcher vor dem Lehrerpult. Er ließ seine Hand von seinem akkuraten Seitenscheitel bis zu den Haarspitzen gleiten und schwang dann einen Rohrstock. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er Megan an, die demütig ihren Blick senkte und so regungslos und schweigsam dasaß, wie es im Unterricht nie der Fall war.
Emma fiel die Wölbung in Butchers Schritt auf. Er ging auf Megan zu, und seine ganze Präsenz wirkte beunruhigend, als würde er etwas im Schilde führen. Das spürte auch Megan, denn ihr Busen wogte auf und ab. Aber Emma war sich sicher, dass ihr vor Erregung und nicht vor Angst das Atmen schwerfiel, denn Megan hätte sich niemals in diese gefügige Position zwingen lassen. Nicht Megan!
Sie war heimlich devot veranlagt. Wer hätte das gedacht?
Stanley Butcher schlenderte in Seelenruhe um sie herum. Er umkreiste sie mit einer Gelassenheit, die bedrohlich wirkte. Die Ruhe vor dem Sturm. Im Gegensatz zu Megan hatte er sich nicht
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