Die Maenner vom Meer - Roman
Stücke hauen lassen, falls du mir bis dahin nicht Rede und Antwort gestanden hast. Aber komm allein und unbewaffnet.«
Kurz darauf öffnete sich das Tor, und der Jarl kam mit weit ausgreifenden Schritten auf den König zu. Sein Gesicht war bleich und hohlwangig, die Augen lagen in tiefen Höhlen, und als der Morgenwind seinen Mantel bauschte, sah Björn, daß Skjalm Hvide bis auf die Knochen abgemagert war.
»Hier bin ich«, sagte der Jarl.
»Ich habe dich beleibter in Erinnerung, Skjalm«, entgegnete der König. »Schmeckt dir das Essen nicht mehr?«
»Nenn mir deine Bedingungen«, sagte Skjalm Hvide.
»Es schmerzt mich, daß du in mir einen Feind siehst, Vetter«, sagte Harald. »Was habe ich dir getan, daß du das Schwert gegen mich erhebst, statt mir Gastfreundschaft zu gewähren? Zu den Zeiten Gorms des Alten empfingst du mich in allen Ehren.«
»Damals warst du noch nicht der König, und es ist ein Unglück für uns alle, daß du es wurdest«, antwortete der Jarl. »Was verlangst du für das Leben meines Sohnes?«
»Was du deinem König schuldig bist, nicht mehr und nicht weniger«, erwiderte Harald. »Ich brauche deine Männer und deine Schiffe, um den Sachsen aus dem Land zu vertreiben, und ich sähe dich selbst nicht ungern unter meinen Gefolgsleuten. Jedoch würde ich mich auch mit einem Teil deines Vermögens zufriedengeben, falls du dich zu alt und schwach fühlst, an meiner Seite in die Schlacht zu ziehen.«
»Geh nicht darauf ein, Vater!« rief Asser. »Er will dich demütigen, und ich sterbe lieber, als daß du meinetwegen deine Ehre verlierst.«
Unterdessen war der Schatten ein gutes Stück näher an Asser herangerückt, und Tryn trat aus dem Kreis der Umstehenden vor, stellte sich hinter Skjalm Hvides Sohn und säuberte die Schneide seiner Axt sorgfältig von verkrustetem Blut.
Der Jarl kraulte nachdenklich seinen Bart. Dann sagte er: »Deine Bedingungen sind hart, aber nicht härter, als ich erwartet habe. Doch es soll nicht heißen, ich hätte mich dir kampflos unterworfen. Gib mir ein Schwert, Harald, damit ich meine Ehre im Zweikampf verteidigen kann.«
Harald öffnete den Mund, sagte jedoch nichts, so daß es schien, als habe ihm Skjalm Hvides Verlangen die Sprache verschlagen. Dann wich der Ausdruck fassungslosen Staunens von seinem Gesicht und machte einem gezwungenen Lächeln Platz. »Höre, Vetter«, sagte er nun, »du bist mir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Weshalb sollte ich mich mit dir im Zweikampf messen, zumal außer Zweifel steht, welcher von uns beiden den Sieg davontragen würde?«
»Du warst nie ein großer Kämpfer, Harald«, erwiderte der Jarl herablassend. »Deshalb ziehe ich es vor, gegen einen deiner Männer anzutreten.«
»Das ist etwas anderes«, sagte Harald sichtlich erleichtert. »Eswäre auch eines Königs unwürdig gewesen, sich mit einem Mann niederer Geburt zu schlagen. Was aber habe ich davon, wenn ich dir Gelegenheit gebe, deine Ehre zu verteidigen?«
»Werde ich getötet, gehört dir alles, was ich besitze, und meine Söhne und meine Männer werden mit dir in den Krieg ziehen.«
»Gut«, sagte der König. »Und wenn du siegst?«
»Dann werde ich mich vor meinen Söhnen und Enkeln nicht zu schämen brauchen, daß ich deine Bedingungen erfülle.«
»Für mich ergibt das zwar nur einen geringfügigen Unterschied, aber so soll es sein«, entschied der König. »Such dir einen aus, Vetter.« Er winkte seine Gefolgsleute herbei und folgte dem Jarl, während dieser einen nach dem anderen ins Auge faßte.
»Dies ist Wichmann, der Brudersohn des Billungers«, sagte der König. »Ein junger Mann und sehr wendig.«
»Ich habe von ihm gehört«, antwortete Skjalm Hvide. »Überläufer fordere ich nicht zum Zweikampf, ich werfe sie meinen Hunden vor.« Damit ging er zum nächsten.
»Bue der Dicke, mein Ratgeber«, sagte der König. »Du wirst sehen, daß man ihm zu Unrecht nachsagt, er trüge das Schwert nur als Zierde.«
»Zu fett«, sagte Skjalm Hvide.
»Dann nimm dir Ulf den Ungewaschenen zum Gegner«, schlug der König vor. »Er ist so dürr wie du, wenn auch nicht ganz so groß, und läßt sich an Tapferkeit von niemandem überbieten, wenn man ihn gut dafür bezahlt.«
»Was mutest du mir zu!« raunzte der Jarl. »Soll ich, Nachkomme Baldurs und der Riesin Röskwa, mit einem Mann kämpfen, dessen Vater ein Knecht war?«
»Du bist sehr wählerisch, Vetter«, sagte der König. »Aber was hältst du von Styrbjörn?«
Vor diesen trat nun Skjalm
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