Die Maenner vom Meer - Roman
eines Bauern zu verrichten«, sagte Gilli der Russe, während sein Blick wohlgefällig auf Bosis Söhnen ruhte. »Gib mir die beiden mit, ich werde dafür sorgen, daß sie es, jeder auf seine Art, zu etwas bringen.«
Dazu gab Bosi gern seine Einwilligung, denn es enthob ihn der Sorge, sein Hof könnte eines Tages in den Besitz gerade jener Söhne gelangen, die ihm für die Arbeit auf dem Feld und im Wald untauglich erschienen. Tore hingegen, Gudrids Sohn, war in allem Bosis Ebenbild. Er war inzwischen zu einem stattlichen Jüngling herangewachsen und übernahm mehr und mehr jene Arbeiten, die sein Vater, weil diesem allmählich die Kräfte zu schwinden begannen, nicht mehr verrichten konnte. Außerdem konnte man sich schweigend mit ihm verständigen, und das gefiel Bosi besonders an ihm.
Als nun der Wind auf Osten drehte und das Wasser in der Förde wieder stieg, machten sich Gilli und Bosis Söhne daran, das Schiff von der Sandbank zu ziehen. Es sei ein hartes Stück Arbeit gewesen, sagte Asmund, auf seine schmalen Hände blickend, und es hätte sie vermutlich mehrere Tage gekostet, wenn Tryn nicht von einer Wasserschlange gebissen worden wäre. Darüber geriet er in solche Wut, daß er das Schiff ganz allein ins Wasser schob. Kurz darauf fuhren die Schiffe des Königs an ihnen vorbei, und nun faßte Gilli den Entschluß, mit Bosis Söhnen und seinen Sklaven in die Stadt zurückzukehren.
»Niemand von uns hat geglaubt, daß du noch am Leben bist, Kleiner«, sagte Asmund. »Vater würde es sehr verwundern, wenn er erführe, daß du ein Haus hast und eine Frau.« Und als Gerlög hinausgegangen war, fügte er hinzu: »Aber ist sie nicht zu alt für dich?«
»Ich habe sie mir nicht ausgesucht«, antwortete Björn. Nun erzählte er, wie es ihm ergangen war, und als er ihnen schließlich die Silberstücke zeigte, die er von Bischof Horath bekommen hatte,meinten seine Brüder, alles in allem habe er es besser getroffen als sie, die, obgleich mit mancherlei Vorzügen ausgestattet, nicht mehr besäßen, als sie am Leibe trügen. Björn verstand den Wink und sagte: »Bittet mich nicht um Geld, denn als euer Bruder müßte ich es euch geben. Aber als Unfreier würde ich damit eure Ehre verletzen, und ihr müßtet mich erschlagen. Also wäre eure Bitte mein Tod.« Da blickten die Brüder nachdenklich, und Björn fand, daß er gut gesprochen hatte.
Gerlög hatte nichts einzuwenden, als Björn sie bat, seinen Brüdern eine Zeitlang Unterkunft zu gewähren. Sie richtete ihnen eine kleine Kammer her, in der Asmund und Tryn die Nächte verbrachten, während sie tagsüber in der Stadt umherstreiften.
Außer dem, was seine Brüder erzählt hatten, wußten sie nicht viel über die Jahre zu berichten, die seit Björns spurlosem Verschwinden vergangen waren. Mit Hilfe seiner immer zahlreicher werdenden Nachkommenschaft hatte Bosi den Wald rings um den Hof urbar gemacht, so daß dieser nun inmitten grüner Wiesen und fruchtbarer Äcker lag. Gudrid war inzwischen so dick geworden, daß sie sich kaum noch aus eigener Kraft aus dem Bett erheben konnte; aber dies hinderte sie nicht daran, jedes Jahr ein Kind zu gebären. Mit seinem Vater um die Wette zeugend, hatte Tryn dafür gesorgt, daß sich die Zahl der Knechte und Mägde nahezu verdoppelt hatte. Asmund hingegen gab zu erkennen, daß er schon bei dem Gedanken, den Körper einer Frau zu berühren, Ekel empfinde.
Einmal war Tryn mit einem Knecht in Streit geraten und hatte diesem mit der bloßen Faust den Schädel zertrümmert. Weil er Bosis Zorn fürchtete, verscharrte Tryn die Leiche im Wald, und man deutete sein Verschwinden so, daß der Knecht den Wölfen zum Opfer gefallen sei. Aber der Tote fand keine Ruhe; in der nächsten Vollmondnacht ängstigte er die Hofleute damit, daß er aus dem Brunnenschacht mit dumpfer Stimme Tryns Namen rief. Bosi meinte, daß dies erst der Anfang sei und man, bevor es noch schlimmer komme, Gris um Rat bitten sollte. Abermals machte sich der alte Ubbe auf, obgleich er sich vor Gebrechlichkeit kaum nochauf den Beinen halten konnte. Er fand Gris in seiner Baumhöhle, einem Toten ähnlicher als einem Lebenden, aber das Feuer brannte, und im Topf lag ein Fisch, dessen Kiemen noch rot waren. Daraus schloß Ubbe, daß Gris noch nicht gestorben war, und er sprach so lange auf den Weisen ein, bis dieser die Augen öffnete. Als er sah, daß es Ubbe war, der bei ihm saß, richtete er sich ächzend auf und sagte, er habe den größeren Teil des Weges zum
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