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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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Stimme zu einem Flüstern: »Aber ich dachte, daß ich das Schiff eines Händlers steuere, nicht das eines Seeräubers. Und wenn es schon eine Dummheit war, den Hof zu überfallen, so war es eine noch größere, auch nur eine einzige von den Frauen am Leben zu lassen.«
    Einige Tage darauf kreuzte ein Walfänger ihren Kurs. Die Schiffe näherten sich einander bis auf Rufnähe, und der Steuermann des Walfängers rief etwas herüber, was außer Hedin keiner verstand.
    »Es sind Männer aus Tröndelag«, sagte er zu Thormod. »Sie kennen einen Platz, wo wir über Nacht bleiben können, und sie laden uns ein, von ihrem Walfleisch zu kosten.«
    »Kann man ihnen trauen?« fragte Thormod.
    Es komme gelegentlich vor, daß sich Seeräuber als Händler tarnten, selten jedoch als Walfänger, entgegnete Hedin - eine Antwort, die Thormod sichtlich verdroß. Mit barscher Stimme befahl er, dem Walfänger zu folgen.
    Sie gelangten zu einer Felsklippe, die zum Meer hin einen aus großen Steinen bestehenden Ringwall bildete und den Schiffen Schutz vor Wind und Wellen bot. Die Walfänger trugen einen Kessel an das Ufer, und während einige von ihnen Treibholz sammelten, machten sich andere daran, den Schwanzteil eines Grindwals zu zerlegen.
    Nachdem Thormod seinen Männern eingeschärft hatte, auf der Hut zu sein und sich auf keinen Streit einzulassen, ging er mit seinerMannschaft an Land. Es zeigte sich jedoch, daß die Walfänger friedfertige Leute waren, denen an nichts anderem gelegen war, als etwas Abwechslung in ihr eintöniges Leben zu bringen. Die Verständigung war allerdings schwierig, denn die Männer aus Tröndelag redeten in einem rauhkehligen Singsang, in dem nur wenige bekannte Wörter auszumachen waren.
    Das Walfleisch war saftig und wohlschmeckend; einige von Thormods Männern verschlangen es mit solcher Gier, daß ihnen übel wurde. Aber kaum, daß sie sich erbrochen hatten, fischten sie aufs neue dampfende Fleischlappen aus dem Kessel und würgten sie beinahe unzerkaut hinunter.
    Der Steuermann des Walfängers hieß Tungu-Odd. Sein gedrungener Körper war ganz in zottiges Fell gehüllt, und auch seine Hände und sein Gesicht waren nahezu vollständig behaart. Tungu-Odd erzählte, daß er am nördlichsten von allen Norwegern wohne. Das Land erstrecke sich zwar noch sehr weit nach Norden, aber es sei unbewohnt - mit Ausnahme weniger Plätze, an denen sich Finnen aufhielten, die im Winter jagten und im Sommer fischten. Als Thormod verlauten ließ, daß er noch weiter nach Norden zu segeln beabsichtige, fragte Tungu-Odd den Steuermann, ob er sich in den nördlichen Gewässern auskenne. Hedin verneinte; weder sein Vater noch er selbst seien jemals so weit nach Norden gelangt.
    Dann sei es mehr als waghalsig weiterzufahren, sagte Tungu-Odd, er habe etliche Schiffe nach Norden segeln sehen, aber nur selten sei eines von ihnen zurückgekommen. Denn das Meer dort sei rauh, die Küste voller tückischer Gefahren, und die Bjarmen seien unberechenbarer als wilde Tiere. Dies alles malte Tungu-Odd in solch düsteren Farben aus, daß es Thormods Männern kalt über den Rücken lief. Doch der gewitzte Händler hatte längst erkannt, daß Tungu-Odds in Schreckensbildern schwelgende Beredsamkeit allein dem Zweck diente, den Preis einer noch nicht näher bezeichneten Ware in die Höhe zu treiben.
    »Frag ihn, welchen Rat er mir gibt, falls ich dennoch nicht von meinem Vorhaben ablasse«, bat Thormod seinen Steuermann.
    Als Hedin dies übersetzt hatte, schwieg Tungu-Odd längere Zeit und kaute nachdenklich auf seinen Lippen. Dann sagte er, er habe einen Finnen namens Karhu in seiner Mannschaft, der von der Halbinsel Ter im äußersten Norden stamme und dort oben jeden Stein kenne, gleichgültig, ob sich dieser auf dem Land oder im Wasser befinde. Aus diesem Grund könne er allerdings kaum auf Karhu verzichten, ja, wenn er es recht bedenke, sei er ihm schlechthin unentbehrlich, und Thormod möge verzeihen, daß er einen flüchtigen Gedanken in Worte gefaßt habe.
    Als die Schiffe früh am nächsten Morgen die Anker lichteten, gehörte Karhu zu Thormods Mannschaft; Tungu-Odd hatte ihn Thormod für eine Handvoll Glasperlen, zwei Speerspitzen und ein Messer verkauft. Karhu war jung, fast noch ein Knabe; er hatte breite Backenknochen und flinke schwarze Augen. Seine Bewegungen waren schwerelos und geschmeidig wie die eines Eichhörnchens, deshalb belustigte es die Männer, als sie erfuhren, daß sein Name ›der Bär‹ bedeutete.
    Drei Tage

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