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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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der Wahrheit gemäß berichten.
    Wenige Tage nach der Schneeschmelze habe das Heer des Kaisers, von Hermann dem Billunger geführt, das Danewerk besetzt und sei dort, den Gegenangriff der Dänen erwartend, in Stellung gegangen. Als Späher dann aber Haralds verlassenes Lager entdeckt hätten, habe der Billunger seinen Rittern befohlen, gegen die Stadt vorzurücken. Zu ihrem Erstaunen seien sie auch dort auf keinen Widerstand gestoßen, im Gegenteil: Man habe ihnen die Tore geöffnet und sie mit einem Willkommenstrunk begrüßt. An dieser Stelle unterbrach sich Gilli und bat den König, seinen Zorn, so berechtigt er auch sei, nicht an ihm auszulassen, denn er, Gilli, berichte nur, was geschehen sei.
    »Bemerkst du an mir Anzeichen von Zorn, Gilli?« fragte der König. »Ich hätte den Bewohnern nichts Besseres raten können, als die Stadt kampflos zu übergeben. Eine zerstörte Stadt nützt dem Sachsen so wenig wie mir. Denn, bei Thors Hammer und der Heiligen Dreifaltigkeit, eines Tages wird sie wieder mir gehören! Erzähl also unbesorgt weiter, Gilli.«
    Der Billunger sei ein gestrenger Herr, fuhr der Sklavenhändler fort. Er habe den Einwohnern verboten, zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang ihre Häuser zu verlassen; wer sich dem Verbot widersetze, werde von den Schlachtrössern seiner Ritter zu Tode getrampelt. Außerdem habe der Billunger die Tore schließen und die Zugänge zum Hafen sperren lassen, so daß der Handel zum Erliegen gekommen sei. Unterdessen hätten schriftkundige Mönche damit begonnen, eine Liste zu erstellen, in der jeder Bewohnermit seiner beweglichen und unbeweglichen Habe verzeichnet sei; zwar schwiegen sich die Mönche über den Zweck dieser Liste aus, doch zweifle niemand daran, daß in ihr der Vorbote einer allgemeinen Besteuerung zu sehen sei. Mit der den Deutschen eigenen Gründlichkeit habe man ferner all jene erfaßt, die nicht mittels eines priesterlichen Zeugnisses beweisen konnten, daß sie getauft seien. Diese habe man aus ihren Häusern geholt und mit Peitschenhieben auf die Heide hinausgetrieben. So sei auch er selbst, obgleich nachweisbar getauft, aus der Stadt entkommen. Denn wie ein Stück Vieh davongejagt zu werden, erscheine ihm weniger schimpflich, als sich fremder Willkür auszuliefern.
    »Sprich nicht so geschwollen, Gilli«, schmunzelte der König. »Du hast dich davongemacht, weil der Billunger mit euch Händlern nichts im Sinn hat, während du von mir weißt, daß ich mir gern etwas aufschwatzen lasse. Also frei heraus: Was willst du mir verkaufen?«
    Dieses Mal, antwortete Gilli, käme er nicht als Händler, denn die Sklaven, die er an Bord seines Schiffes zurückgelassen habe, seien es nicht wert, daß der König auch nur einen Blick an sie verschwende. Neben der Sorge um Haralds Gesundheitszustand, die sich erfreulicherweise als unbegründet erwiesen habe, sowie der Absicht, den König über die Geschehnisse in der Stadt zu unterrichten, sei es auf Bischof Poppos Wunsch zurückzuführen, daß er, ein einfacher Mann, sich erkühne, dem König seine Aufwartung zu machen. Poppo nämlich habe ihn gebeten, Harald eine Nachricht zu überbringen. Mit diesen Worten händigte er dem König einen kleinen Holzstab aus, in den ringsherum Runen geritzt waren.
    Harald drehte den Stab vor seinen Augen hin und her: »Wenn er mir etwas mitteilen will, weshalb benutzt er Zeichen, die ich nicht lesen kann?«
    Hierbei handle es sich vermutlich um eine Vorsichtsmaßnahme, erwiderte Gilli. Poppo sei jedoch sicher, daß Björn Hasenscharte sie deuten könne.
    »Ist es so, Björn Bosison?« fragte der König erstaunt und reichte den Stab an Björn weiter.
    Es waren Runen, die Gris der Weise ihn einst gelehrt hatte, alte, sehr alte Runen, deren göttlicher Ursprung noch daran zu erkennen war, daß nicht nur jede einzelne auf verschiedene Weise gedeutet werden konnte, sondern sie auch zusammengenommen einen anderen Sinn ergaben, je nachdem, in welcher Reihenfolge man sie las. Aber woher wußte Poppo, daß Björn diese längst nicht mehr gebräuchlichen Runen zu deuten verstand?
    »Was will der Bischof mir mit diesen Zeichen kundtun?« fragte der König.
    »Es ist schwierig, den Sinn dieser Runen zu ergründen, Herr«, antwortete Björn. »Hier steht: In den Pelz ich stecken muß der Brauen Mittelgrat, und dort: Die Schlechtgehörnte laß zurückgehen mit ihrem berauchten Schaft, aber es mag auch sein, daß ich sie falsch aneinanderreihe.« Doch während er dies sagte, las er von unten

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