Die Männer von Bravo Two Zero
Junge! Steh!«
Sie hatten also tatsächlich Stan gesagt und nur seinen Namen falsch ausgesprochen.
Die Wachen drehten sich um und sahen, wohin ich
blickte. Sie traten mir den Krug aus den Händen und gingen dann wie wild mit den Stiefeln auf mich los.
»Nix gucken!« schrien sie. »Nix gucken!«
Es war das erste Mal seit dem allerersten Verhör, daß ich getreten wurde, und ich hätte gut darauf verzichten können. Ob sie tatsächlich einen Fehler gemacht hatten, weil sie die Tür offengelassen hatten, oder ob es Absicht war, konnte ich nicht sagen.
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Ich rollte mich auf dem feuchten Beton zusammen. Ich hatte rasende Schmerzen an den Zähnen, doch etwas
Positives gab es doch: Sie hatten vergessen, mir die Handschellen wieder anzulegen. Mir war übel, doch ich versuchte mit aller Kraft den Brechreiz zu unterdrücken.
Ich wollte kein Wasser verlieren. Schließlich konnte ich nichts mehr dagegen tun und erbrach mich. Die ganze kostbare Flüssigkeit, die ich gewonnen hatte, war wieder verloren.
Ich hörte, wie Dinger weggeführt wurde; ich hörte nicht, daß Stan zurückgebracht wurde. Kurz darauf kamen sie, um mich zu holen. Es war mittlerweile Routine. Sie legten mir die Augenbinde und die Handschellen an und schleppten mich wortlos weg.
Diesmal herrschte sehr, sehr langes Schweigen,
während ich auf meinem Stuhl saß. Ich konnte Füße
schlurfen und Stifte kritzeln hören. Ich konnte die immer gleichen Gerüche riechen.
Es kam mir so vor, als ob eine ganze Stunde lang
nichts passierte.
»Andy«, hörte ich. »Heute wollen wir die Wahrheit
von dir.«
Es war »die Stimme«, aber sie klang wie verwandelt.
Bestimmt, ungeduldig und nicht zum Späßen aufgelegt.
»Wir wissen, daß du gelogen hast. Wir haben versucht, dir zu helfen. Du hilfst uns überhaupt nicht. Deshalb werden wir die Wahrheit auf andere Weise aus dir
rausholen müssen. Verstehst du, was ich meine?«
»Ja, ich verstehe, was Sie meinen, aber ich weiß nicht, 431
was Sie wollen. Ich habe Ihnen alles gesagt. Ich versuche zu helfen.«
»Schön. Warum bist du im Irak?«
Ich spulte wieder die gleiche Leier ab. Noch bevor ich fertig war, stand er auf und ging auf und ab.
»Das ist alles, was ich weiß«, sagte ich und versuchte auszumachen, wo er sich im Raum befand.
»Du lügst uns an!« schrie er mir ins Gesicht. »Wir wissen das! Wir wissen, daß du lügst!«
Mein Kopf wurde nach hinten gerissen, und »die
Stimme« fing an, hart zuzuschlagen. Je ein Wachmann auf beiden Seiten hielten mich an den Schultern fest.
Er hörte auf und schrie mich aus so großer Nähe an, daß ich seinen Atem auf der Wange spüren konnte.
»Woher wir wissen, daß du lügst? Weil wir euren Funker im Krankenhaus haben, deshalb. Er ist
gefangengenommen worden, und er hat uns alles
erzählt.«
Das war möglich. Legs war vielleicht noch am Leben und hatte in seiner schlechten körperlichen Verfassung irgendwas ausgeplaudert. Oder alles. Aber »die Stimme«
hatte mir nicht gesagt, was Legs erzählt hatte. War es ein Bluff?
»Du lügst doch, nicht wahr, Andy?«
»Nein, ich lüge nicht. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen noch helfen kann. Ich versuche wirklich zu helfen, aber ich weiß einfach nichts.«
Ich machte jetzt auf flehend, denn ich hatte höllische Angst. Ich überlegte krampfhaft, wieso sie mir das wohl erzählt hatten.
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Weitere Schläge, und ich ging zu Boden. Sie hoben
mich auf und nahmen mir die Handschellen ab. Bevor ich mich fragen konnte, warum, fingen sie an, mich
auszuziehen. Im Geiste sah ich schon vor mir, wie sie mir den Schwanz abschnitten.
Sie rissen mir das Hemd vom Leibe und zogen mir die Hose runter. Jetzt passiert es, dachte ich: Jetzt ficken sie mich.
Aber sie stießen mich wieder auf den Stuhl und
drückten meinen Kopf nach unten. Ich holte tief Luft und wartete. Es mußte ein dickes Holzbrett oder das Endstück eines Paddels sein. Wumm! Der Schlag traf mich mit plötzlicher Wucht – wumm! wumm! – ich schrie wie am Spieß. Sie bearbeiteten damit meinen Rücken und Kopf.
Ich war bewußtlos, bevor ich auf dem Boden aufschlug.
Ich kam zu mir, stöhnend und lallend, und sie hievten mich hoch und setzten mich wieder auf den Stuhl.
»Du wirst uns alles erzählen, Andy. Wir wollen es von dir hören. Wir wissen, was passiert ist. Wir haben euren Funker. Er hat uns erzählt, daß er euer Funker ist.«
Ich leugnete.
Sie schlugen mich mit Fäusten und der flachen Hand, schmetterten mir das Ruder wie verrückt ins
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