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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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stark 436
    und war rot und offen. Ich hörte das Klimpern von Metall und das Zischen eines Paraffinofens, der aufgedreht wurde. Hände packten mich an den Schultern und
    preßten mich an den Stuhl.
    Die Rückseite des Löffels war rotglühend, als er damit immer und immer wieder über die Wunde fuhr. Der
    Gestank von versengtem Fleisch raubte mir den Atem.
    Ich heulte wie ein Hund.
    Löffel. Schreien. Löffel. Schreien.
    Er rieb ihn mit kleinen kreisenden Bewegungen und
    kreuz und quer im Gittermuster.
    Ich sprang mit solcher Kraft auf, daß die Burschen mich nicht festhalten konnten. Ich brüllte und brüllte, wollte so den Schmerz lindern.
    Sie bugsierten mich wieder auf den Stuhl.
    »Siehst du, Andy? Es nützt nichts. Sag uns einfach, was wir wissen möchten.«
    Legs hatte kein Sterbenswörtchen ausgeplaudert. Sie würden sich nicht die ganze Mühe machen, nur damit ich ihnen seine Informationen bestätigte. Und sie hatten auch nicht gesagt, was Legs ihnen angeblich erzählt hatte. Das Ganze war absoluter Scheißdreck. Wenn er durchhalten konnte, konnte ich es auch.
    437

Elf
    Inzwischen herrschte in den Zellen ein ständiges
    Kommen und Gehen. Der Alltag bestand aus Schreien
    und Brüllen und dem fürchterlichen Knallen von
    Metalltüren.
    Ich hatte den Eindruck, als ob die Wachen ihre
    Mißhandlungen streng nach Dienstplan durchführten.
    Etwa alle zwei Stunden stürmte eine Mannschaft tobend herein und nahm uns in die Mangel. Wir trugen noch immer Handschellen und Augenbinden.
    »Aufstehen! Hinsetzen!«
    Während du versuchst, ihren Anweisungen Folge zu
    leisten, schlagen und treten sie auf dich ein. Manchmal wurde ich nach ein paar Schlägen halb bewußtlos,
    manchmal lag ich einfach da, röchelnd, und ließ sie gewähren. Manchmal kamen sie mit einem Stück
    Gartenschlauch herein und schlugen mir damit auf
    Nieren und Rücken, was höllisch weh tat. Meine
    physische Verfassung verschlechterte sich zusehends, doch am schlimmsten war es, wenn ich sie in Stans oder Dingers Raum hörte. Nicht so sehr, weil ich mir um die beiden Sorgen machte – ich konnte ihnen ohnehin nicht helfen, und sie waren groß und zäh genug, um es zu ertragen –, sondern weil es bedeutete, daß ich bald an der 438
    Reihe sein würde.

    Einmal begann das Verhör zur Abwechslung in ganz
    freundlicher Atmosphäre.
    »Du bist in einer schrecklichen Verfassung, nicht
    wahr, Andy?«
    »Ja, ich bin in einer schrecklichen Verfassung.«
    Mein Mund war so verkrustet und angeschwollen, daß ich kaum sprechen konnte.
    »Wie geht’s deinen Zähnen – sie haben dir doch einige Probleme bereitet?«
    »Ich habe ein paar abgebrochene Backenzähne. Sie tun weh.« Ich spielte weiter den unterwürfigen Trottel. Zu diesem Zeitpunkt war ich ohnehin jenseits von Gut und Böse. Meine Zähne bereiteten mir Höllenqualen; es war schmerzhafter als die schlimmsten Zahnschmerzen, die ich je gehabt hatte.
    »Ich habe angeordnet, daß jemand kommt, der sich
    darum kümmert«, sagte »die Stimme« besänftigend.
    »Wir haben hier einen Zahnarzt. Er hat sogar vor neun Jahren im Guy’s Hospital in London gearbeitet. Er zählt zu den besten.«
    Man nahm mir die Augenbinde ab. Der Zahnarzt kam
    und sagte: »Hallo, Andy.« Ich mußte den Mund weit
    aufmachen, und er schaute vorsichtig und mit
    beruhigenden Worten hinein. Er klang mitfühlend, als er einige Instrumente aus einer Tasche nahm.
    »Bitte weit öffnen, Andy«, sagte er in perfektem
    Englisch. »Du lieber Himmel, das sieht böse aus, aber ich bringe das schnell für dich in Ordnung.«
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    Ich hatte meine Befürchtungen, aber ich konnte nichts tun. Ich öffnete den Mund, so weit ich konnte, und er packte den ersten Zahnstummel mit der Zange und drehte kräftig.
    Ich schrie, und Blut schoß aus meinem Mund.
    »Glaubst du wirklich, wir wollen dir helfen?«
    »Die Stimme« lachte. »Glaubst du wirklich, wir
    wollen dir helfen, du elender Haufen Scheiße? Wir
    könnten dich einfach hier krepieren lassen – so unwichtig bist du für uns. Wer, denkst du, wird dir helfen, Andy?
    Deine Regierung? John Major schert sich einen Dreck um solche Mistkäfer wie dich. Nein, Andy, der einzige, der dir helfen kann, bist du selbst. Warum tust du dir das an? Du machst das alles für nichts und wieder nichts durch. Du bist dumm, ein Dummkopf, der in die Irre geleitet wurde, und du wirst deine Zähne nacheinander verlieren.«
    Ich konnte nicht antworten. Ich wußte, daß ich sterben würde. Und jetzt wußte ich auch, daß es

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