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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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gelächelt. Die Wachen waren in Begleitung eines jungen Offiziers, der auf mich zeigte und sagte: »Du – du kommst mit mir.«
    Er hatte eine weiße Bandage, mit der er mir die Augen verband. Man fesselte mir die Hände mit Handschellen vor dem Körper, und ich bekam eine Decke über den
    Kopf gelegt. Von Wachen eskortiert, führte der Offizier mich aus dem Gefängnis hinaus. Er hielt mich unter der Decke am Arm fest und zerrte mich weiter. Ich blickte unter meiner Augenbinde hindurch und beobachtete den Boden. Wir gingen durch das Tor, blieben kurz stehen, während er mit jemandem sprach, und setzten unseren Weg fort.
    Wir gingen recht schnell, und plötzlich ließ er mich gegen einen Laternenpfahl laufen. Es traf mich völlig unvorbereitet, und ich fiel um. Meine Nase blutete stark.
    Er fand es urkomisch. Wir gingen in ein Gebäude, ein paar Treppen hoch und in einen Raum. Ich wurde gegen ein Regal gestoßen und aufgefordert, mich mit
    gekreuzten Beinen hinzusetzen, Gesicht zur Wand. Die Türen schlossen sich. Ich hatte keinen Schimmer, was passieren würde, rechnete aber mit dem Schlimmsten.
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    Eine Minute später wurden mir die Decke und die
    Augenbinde heruntergerissen, und ich sollte aufstehen und mich umdrehen.
    Ich war in einem Büro. Das Licht war stark und grell.
    An einer Wand stand ein Stuhl, auf den eine
    Videokamera gerichtet war, mit einem Mikrofon an
    einem Galgen. Jetzt wußte ich, warum sie mir nicht mehr ins Gesicht geschlagen hatten.
    Ich stand dem Gefängnisdirektor gegenüber. Als er
    den Zustand meiner Nase sah, machte er den jungen
    Offizier zur Schnecke. Ich sah ohnehin beschissen aus, so daß eine blutende Nase eigentlich auch nichts mehr ausmachte. Sie führten mich nach nebenan zu einem
    Waschbecken und wiesen mich an, das Blut
    abzuwaschen. Ich benutzte die Augenbinde als
    Waschlappen. Dann gab man mir einen Kamm und einen Spiegel, und ich sollte mir die Haare in Ordnung bringen.
    Es war hoffnungslos. Mein Haar war zu stark mit altem Blut verklebt.
    Es war das erste Mal, daß ich mein Gesicht sah, seit ich den FOB verlassen hatte. Ich sah aus wie Ben Gunn aus Die Schatzinsel , nachdem man ihm eins mit einer Schaufel übergebraten hat. Ich hatte einen total
    verdreckten Bart, und die Haut schuppte. Mein Mund war verkrustet. Kaum zu glauben, daß sie ein Video von mir machen wollten. Ich säuberte mich notdürftig, damit sie zufrieden waren, aber nicht zu sehr: Ich wollte für mein Publikum nicht wie das blühende Leben aussehen.
    Ich saß vor der Kamera und überlegte angestrengt, wie ich signalisieren konnte, daß die Aufnahme gegen
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    meinen Willen gemacht wurde. Es war ratsam, irgend etwas Ungewöhnliches zu machen, während man gefilmt wurde, oder zum Beispiel am Ende mit der linken Hand zu unterschreiben, damit jeder, der die Betroffenen kannte, wußte, daß irgend etwas nicht stimmte.
    Ich beschloß, so lange wie möglich meinen rechten
    Zeigefinger gestreckt zu halten und mir damit ständig das linke Auge zu reiben, unter dem Vorwand, daß mir seit dem Zusammenstoß mit dem Laternenpfahl das Auge
    weh tat.
    Ich saß da und wartete. Ein Soldat erschien mit drei Gläsern Tee und bot mir eins an.
    »Wir werden dir ein paar Fragen stellen, Andy«, sagte der Major. »Ich möchte, daß du sie für die Kamera
    ehrlich beantwortest. Dann kannst du vielleicht schon bald nach Hause.«
    »Oh, vielen Dank.«
    Er stellte all die Fragen, die sie bereits gestellt hatten.
    Name, Nummer, Rang, Geburtsdatum, Religion.
    Einzelheiten über den Hubschrauber und die COP-
    Einheiten und was wir im Irak wollten. Hinter der
    Kamera und den Lampen stand ein Bursche mit dunkler Brille, den ich nicht richtig sehen konnte. Er sprach auf arabisch in das Mikro der Kamera und stellte dann die Frage auf englisch. Ich antwortete, und er übersetzte. Ich rieb mir ständig mit dem Finger das Auge und blickte nie direkt in die Kamera. Ich versuchte die ganze Zeit, einen schläfrigen und verstörten Eindruck zu erwecken. Es war einen Versuch wert. Entweder kam ich damit durch, oder sie würden mir ein paar Schläge verpassen. Tatsächlich 484
    reagierten sie überhaupt nicht.
    »Das war’s«, sagte der Major nach etwa 20 Minuten.
    »Du gehst jetzt zurück.«
    Als ich aufstand, sagte der Bursche mit der dunklen Brille: »Du weißt doch wohl, daß deine Seite niemals gewinnen wird, Andy?«
    »Wieso nicht?«
    »Weil ihr viel zu technisch seid.«
    Man verband mir die Augen und brachte mich ins
    Gefängnis zurück,

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