Die Männer von Bravo Two Zero
entfernt, als wir hinter uns Hupen und Rufe hörten. Wir drehten uns um und sahen Lichter. Rings um unsere Stellung standen Fahrzeuge.
»Scheiße«, sagte Legs. »Jetzt brauchen sie nur unseren Spuren zu folgen.«
Aber es wurde nun rasch dunkel, und die Spuren der Irakis hatten sich mit unseren vermischt und sie irritiert.
Wir hatten geplant, nach dem Überqueren der
Schotterstraße nach Nordwesten zu gehen und den
kürzesten Weg zur syrischen Grenze zu nehmen. Wenn wir auf dieser Seite der Schotterstraße nach Nordwesten marschierten, war das Entdeckungsrisiko größer, denn wir hatten hier tagsüber viel Verkehr gesehen.
Doch jetzt mußten wir unseren Plan andern. Uns
würde bald das Wasser ausgehen. Wir füllten unsere Flaschen mit Schnee, aber selbst unter den besten
Bedingungen dauert es lange, bis er schmilzt, und man behält immer nur sehr wenig Wasser übrig. In unserem 191
Fall war es so kalt, daß es bei Schnee und Eis blieb. Und Schnee kann man nicht essen. Man vergeudet nicht nur kostbare Körperwärme, wenn man ihn im Mund
schmilzt, sondern er kühlt den Körper zusätzlich von innen her und schadet den lebenswichtigen Organen. Wir hatten keine Ahnung, wann und wie wir wieder Wasser bekommen würden. Also mußten wir so schnell wie
möglich die Grenze erreichen.
Der zweite und wichtigere Gesichtspunkt für diese
Planänderung war das Wetter. Wir befanden uns etwa 300 Meter über dem Meeresspiegel, und im Nordwesten war es noch höher. Der Abkühlfaktor durch den Wind war hier bedrohlich. Die Temperatur war ohnehin
niedrig, aber der eisige Wind drückte sie noch weiter nach unten. Wir mußten aus dem Wind heraus, und wir mußten unter die Schneefallgrenze gelangen. Doch die Chance, dem Wind zu entgehen, war gering, denn die Gegend bot keine natürliche Deckung.
Wie alle Wasserwege fließt der Euphrat durch
tiefliegendes Gelände. Der Fluß lag ca. 150 Meter unter uns. Wenn wir nach Norden gingen, würden wir nicht nur unter die Schneefallgrenze gelangen, sondern auch
Schutz vor dem Wind finden.
Wir gingen nach Norden. An Richtung Westen
konnten wir später denken. Es war einfach zwingend notwendig, daß wir von der Höhe runterkamen. Sonst würden wir alle draufgehen.
Drei Kilometer von unserem Mauerlager entfernt lag schon kein Schnee mehr. Ich war stinksauer. Hätten wir bereits am Morgen noch diese kurze Strecke
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zurückgelegt, hätten wir nicht den ganzen Tag im Schnee zu liegen brauchen. Wir hatten aber immer noch große Probleme mit dem Wind. Ich hatte mir ein Tuch um den Kopf gewickelt und hielt den Kompaß in der Hand vor mir. Der Daumen meiner linken Hand krümmte sich über den leuchtenden Teil des Geräts, und ich hatte das Hemd so weit wie möglich über die Hand gezogen, um die
Kälte abzuhalten. Die Waffe hielt ich in der rechten Armbeuge. Mein Überziehhemd war steifgefroren. Es
war gemustert wie die Oberfläche eines zugefrorenen Sees. Auch das Tuch um mein Gesicht war steif. Ich wollte es zurechtziehen, aber es war bretthart.
Die Hände wagte ich nicht zu bewegen, weil sie sonst noch kälter werden konnten. Wir mußten so schnell wie möglich marschieren, um Körperwärme zu produzieren.
Es war zum Verzweifeln: kein Licht, nur das Geräusch des Windes. Es war wie auf einem fremden Planeten, auf dem wir die einzigen Menschen waren.
Wir drängten nach Norden, die Köpfe gesenkt, die
Gesichter blau vor Kälte. Hin und wieder hörte man Fahrzeuge in der Ferne, wo die Schotterstraße verlief.
Die Bodenbeschaffenheit änderte sich. Der steinharte Sand ging in Fels mit losem Geröll über. Überall stießen wir auf Gräben, die Bulldozer für Panzer gezogen hatten, zur Deckung und Tarnung. Sie standen voll Wasser oder Eis, und frisch sahen sie nicht gerade aus.
Wir befanden uns nun etwa 60 Meter tiefer, aber es ging allen sehr schlecht. Ich dachte unter meinem
eisstarren Kopftuch, daß wir alle sterben würden, wenn das Wetter sich nicht bald besserte.
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Wir waren etwa drei Kilometer über die Straße
gegangen, als ich entschied, umzukehren. Der eisige Wind würde uns umbringen. Wir stolperten nur noch, zitterten heftig und wurden immer benommener. Wenn wir nicht sofort etwas unternahmen, waren das unsere letzten bewußten Handlungen. Das nächste Stadium hieß dann Koma. Wir mußten zurück über die Schotterstraße und weitere zwei Kilometer bis zu einem
ausgetrockneten Flußbett, das ungefähr parallel zur Straße verlief. Das war der einzige
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