Die Männer von Bravo Two Zero
windgeschützte Platz in dieser Nacht. Wenn wir nicht dorthin zurückgingen und uns erholten, konnten wir einpacken.
Wir drehten also um. Alle Taktik wurde wortwörtlich in den Wind geschlagen. Die Geheimhaltung war jetzt unwichtig. Wir mußten das nackte Leben retten. Wir taumelten in den Graben und hockten uns dicht
nebeneinander. Mark ging es am miesesten, aber wir alle brauchten Hilfe. Bob und ich legten uns auf ihn, um ihn mitzuwärmen. Dinger und Legs setzten Wasser auf.
Feuermachen gilt wohl als der größte Fehler, den man nachts begehen kann, aber was sollte es? Wenn man
stirbt, hilft das auch keinem. Es war besser, die Chance zu nutzen und weiterzuleben, um weiterzukämpfen.
Wenn man uns nicht entdeckte, würden wir uns
hoffentlich allmählich erholen. Wenn man uns schnappte, würden wir’s entweder überleben oder halt nicht. Aber ohne ein wärmendes Feuer starben wir mit Sicherheit.
Die beiden bereiteten zwei Runden heiße Getränke und reichten sie herum. Mark bekam etwas Warmes zu essen.
Er sprach inzwischen sehr undeutlich und war
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offensichtlich auf dem absteigenden Ast. Ich war jetzt überzeugt, daß wir alle sterben würden.
Wir blieben zwei Stunden und versuchten uns, so eng aneinandergedrängt wie möglich, aufzuwärmen.
Eigentlich wollte ich nicht weiter, denn wir waren immer noch eiskalt und durchnäßt. Aber wir wußten, daß wir uns auf den Weg machen mußten, sonst kämen wir nie vom Fleck. Immerhin hieß unser Ziel, einer
Gefangennahme zu entgehen.
Drei Aspekte machten uns Sorgen: das Wetter, unser körperlicher Zustand und der Feind. Aufgrund des
Terrains war es höchst unwahrscheinlich, daß wir dem eisigen Sturm entgehen konnten, der uns solche Probleme bereitete. Unsere physische Verfassung hätte schlimmer sein können, aber nicht viel. Ideal wäre es gewesen, hier vor dem Wind geschützt abzuwarten, bis er sich legte oder das Wetter insgesamt wärmer wurde. Aber wie
lange würde das dauern? Das fehlende Wasser würde
früher oder später ebenfalls zum Problem.
Es herrschte viel stärkere Feindaktivität in der Gegend, als man uns gesagt hatte. Irgend etwas war los. Wenn man uns entdeckte, würde alles sehr schnell geschehen, denn es lagen viele Truppen in der Gegend. Wußten sie inzwischen, daß wir hier waren, nachdem sie unser
letztes Lager entdeckt hatten?
Wir mußten weiter, aber in welcher Richtung? Wenn
wir nach Norden statt nach Westen gingen, hatte das den Vorteil, unterhalb der Schneegrenze bleiben zu können.
Dagegen sprach, daß wir länger dem Wind ausgesetzt 195
waren und näher am Fluß und damit an Wohnsiedlungen blieben. Die Geheimhaltung würde sehr schwierig. Wenn wir nach Nordwesten gingen, gerieten wir wieder in den Schnee, aber der Weg wäre kürzer und die Chancen,
nicht entdeckt zu werden, stünden besser. Die Höhe betrug etwa 350 bis 400 Meter, doch wenn wir das hinter uns hatten, kämen wir bis zur syrischen Grenze auf etwa 200 Meter hinunter. Außerdem konnten wir es in einer Nacht schaffen, solange es uns körperlich nicht
schlimmer ging.
Ganz gleich, in welcher Richtung wir gingen, der
Wind würde uns erwischen. Es war also am besten, keine Zeit zu verlieren. Wenn wir es nicht schafften, mußten wir einfach auf niedrigere Höhe heruntergehen und neu planen. Es wurde langsam Zeit, denn wenn wir nicht bald loszogen, bliebe nicht mehr genügend Dunkelheit. Je länger wir es hinausschoben, um so weniger Zeit war übrig, diese Höhe noch in der Dunkelheit zu überqueren.
Wir hatten gut und gern 25 Kilometer vor uns, daher mußten wir den Arsch hochkriegen und losziehen.
Das Flußbett verlief in nordwestlicher Richtung, und wir beschlossen, uns das zunutze zu machen. Einmal hatten wir hier taktische Deckung, zweitens bot es uns einen gewissen Schutz vor dem Wind. Der einzige
Nachteil würde bedeutsam werden, wenn wir uns
militärischen Einrichtungen näherten. Der Graben war eine gute Annäherungsroute für einen feindlichen
Angriff. Daher bestand die Möglichkeit, daß er durch Feuer und Beobachtung abgedeckt war. Aber dieses
Risiko mußten wir eingehen.
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Es war nun etwa Mitternacht, und wir waren zwei
Stunden gegangen. Wir hatten uns mit taktischer Vorsicht bewegt, weil wir vorher so viele Fahrzeuge in dieser Richtung beobachtet hatten. Wenn man sich so vorsichtig und langsam bewegt, kann man sich nicht so warm
halten, wie es einem heb wäre. Aber man stolpert auch nicht so schnell in etwas hinein, aus dem man dann
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