Die Maetresse bis Martini
Immer wieder schnupperte sie an der Seife, die er für sie ausgesucht hatte, und lächelte versonnen. Was für ein wunderbares Geschenk! Welche Freude musste sie dann erleben, wenn er ihr die Kette umlegte, die er bei einem Juwelier erstanden hatte! Am liebsten wäre er wieder in ihre Zimmer gestürmt und hätte sie zur Liebe aufgefordert, so erregt war er. Aber heute Nacht konnte sie ihm ausgiebig danken. Widerwillig kehrte er seiner verführerischen Mätresse den rücken und begab sich in den Fechtsaal.
Nach dem Bad ließ Katharina ihre frisch gewaschenen Haare vor dem Kamin trocknen. Es war herrlich, in solchem Luxus zu schwelgen. Nachdem Leni die Wanne geleert hatte, schoben beide Frauen sie neben den Kamin und stellten einen Paravent davor auf. Warum sollten die Diener sie ständig durch die Gegen tragen, wenn sie oft gebraucht wurde? Dann zog Leni ihre Herrin das Unterhemd an und schnürte darüber das Korsett fest. Nach zwei Unterröcken kam endlich das neue Kleid. Es war wunderschön geworden. Katharina hatte einen großzügigen Ausschnitt genäht, der ihren vollen Busen zur Geltung brachte. Auf dem Oberteil befestigte sie nun fünf große blassrosa Schleifen, zwei weitere jeweils am Ende der Ärmel. Während Leni das Kleid im Rücken schloss, stellte Katharina fest, dass sie vergessen hatte, sich eine passende Haube zu nähen.
„Madame, Schuhe und Strümpfe noch!“
Gehorsam hob Katharina die Röcke, so dass Leni ihr Strümpfe und Schuhe anziehen konnte. Diese waren neu. Karl hatte an alles gedacht! Die Schuhe waren eher feine Pantoffeln und eigneten sich für Tänze. Wenn sie reiten wollte, brauchte sie feste Stiefel.
„Madame sehen wunderbar aus!“, meinte Leni anerkennend. Schade, dass es keinen Spiegel gab. Dann setzte sich Katharina vorsichtig auf einen Stuhl, denn das Korsett hinderte sie am Atmen. Überhaupt war es ungewohnt, so eng geschnürt zu sein. Wie hielten das die Damen nur aus?
Mit gleichmäßigen Strichen bürstete Leni Katharinas Haar und steckte es Strähne für Strähne mit langen Nadeln zu einem Knoten hoch. Ein paar Mal fluchte sie leise, weil es sehr lang war.
„Du schneidest morgen meine Haare.“, ordnete Katharina an. „Wenn es kürzer ist, hast du weniger Arbeit.“
„Aber Seine Gnaden bestehen auf langen Haaren.“, widersprach Leni.
„Du schneidest es doch nicht komplett ab, sondern kürzt es ein wenig. Was ist daran schlimm?“
„Madame muss es wissen. Seine Gnaden werden toben und mich auszanken.“ Das Mädchen begann zu zittern.
Katharina drehte sich zu Leni um: „Mach dir keine Gedanken! Ich werde Seinen Gnaden alles erklären. Bin ich fertig?“
„Nein, Madame, nur einen Moment Geduld!“ Hastig steckte Leni die restlichen Strähnen fest und kontrollierte die Frisur mehrmals.
Als Karl eintrat, wartete Katharina in einem Sessel auf ihn. Ihre Verwandlung war unglaublich. Die abgearbeitete Schneiderin war verschwunden und eine reizende Dame saß vor ihm. Das Grau unterstrich ihre helle Haut und ließ ihre grünen Augen strahlen. Das dunkelblonde hochgesteckte Haar enthüllte einen schlanken Hals und ein interessantes Dekollete. Wenn es ja ihm gegangen wäre, hätte sie auf ein Korsett verzichtet. Jetzt fehlte nur noch eine passende Kette. Er reichte ihr die Hand und sie legte ihre in seine. Feuer! Verführte sie ihn mit Berührungen? Oder hatte sie nichts gespürt?
Karl zog sie hoch und drehte sie einmal um ihre Achse. Perfekt! Katharina war sein lebendes Kunstwerk, das er heute Abend der Welt vorstellte. Aus seinem Rock zog er die schmale Schachtel und legte sie schweigend in ihre Hand.
„Was ist das?“, fragte sie überrascht. Sie trug das Parfüm, das er ihr gekauft hatte. So duftete bestimmt das Paradies.
„Öffne Sie es!“, seine Stimme kratzte plötzlich im Hals. Was war mit ihm los?
Ungläubig starrte sie auf die Schachtel. Was war drinnen? Sie suchte den Verschluss und drückte den Deckel vorsichtig auf. Ein Feuerwerk empfing sie: Ein großer Anhänger mit grünen Steinen funkelte im Feuerschein. Befestigt war er an einer Goldkette. „Das ist wunderschön!“, sagte sie begeistert. „Das ist ein passendes Geschenk!“ Nach einem weiteren Blick schloss sie den Deckel wieder und streckte ihm die Schachtel hin.
„Was sollen Wir damit?“ Karl war völlig verdattert. „Das ist Ihre Kette!“
„Meine Kette? Eure Gnaden scherzen. Das ist eine Kette für eine besondere Frau.“
„Für Sie. Keinen Widerspruch! Drehe Sie sich um!“
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