Die Maetresse des Kaisers
Andeutungen. Ihr wolltet mich sprechen, Ihr habt offensichtlich alles gesagt. Ihr dürft Euch entfernen.«
»Wenn Ihr glaubt, Ihr seid dem Kaiser ähnlich, nur weil Ihr einen Teil seiner Reichtümer gestohlen habt, dann irrt Ihr Euch sehr.«
»Ich verbiete Euch, auf diese Art mit mir zu sprechen.«
»Ihr habt mir nichts zu verbieten, Wolfelin. Und Ihr könnt Euch glücklich schätzen, dass Euer Geheimnis bislang auch eines geblieben ist.«
»Ihr wollt also einen Anteil«, stieß der Burgvogt unbeherrscht hervor.
»Ah, jetzt sind wir endlich einen Schritt weiter. Ihr leugnet also demnach nicht mehr, dass Ihr Euer eigenes Abgabesystem erfunden habt.«
»Und wenn es so ist? Nennt Euren Preis.«
»Ich will, dass meine Burg vor dem Verfall bewahrt wird.« Wolfelin nickte. »Und«, fuhr Manfred fort, »ich brauche Schutz vor dem Grafen von Tuszien.«
»Nie gehört. Ist der Mann so mächtig?«
»Das ist nicht Eure Sache. Ich habe meine Bedingungen genannt.«
»Und mein Vorteil bei diesem Geschäft?«
»Euer Vorteil bei diesem Geschäft? Wie wäre es damit: Ich verrate Euch nicht.«
Wolfelin dachte nach und kalkulierte seine Optionen. Wie immer im Leben blieben auch hier mehrere Möglichkeiten. Er konnte nein sagen und darauf hoffen, dass diesem Manfred Lancia niemand glaubte. Er konnte versuchen ihn mundtot zu machen. Er konnte auf seine Bedingungen eingehen oder sich den Kopf über weitere Auswege zerbrechen. Er entschied sich aus einem Impuls heraus, erstens dem Mann zu glauben und zweitens zumindest eine Zeitlang gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Alles weitere würde sich später finden.
»Nehmen wir an, ich sage ja. Wie würde sich unsere, nennen wir es Beziehung weiterentwickeln?«
»Ganz einfach. Ihr zahlt mir einen Teil in Gold aus, davon lasse ich die Burg meiner Väter instand setzen. Und Ihr schreibt mir eine Empfehlung an den Kaiser. Das ist mein Schutz gegen Enzio Pucci, Graf von Tuszien.«
»Und was gebt Ihr mir?«
»Mein Wort, dass ich die unterirdischen Gänge von Haguenau für alle Zeiten vergesse und dem Kaiser die absolut integre Buchführung in der Pfalz bestätige.«
»Was bringt Euch auf die Idee, dass der Kaiser auf Euer Urteil Wert legt?«
»Haltet mich nicht für einen Schwachkopf! Der Kaiser ist bezüglich seines Sohnes äußerst verärgert. Und zwar zu Recht. Dieser Flegel, der sich König nennt, stolpert von einem Fettnapf in den nächsten. Niemand hier glaubt noch daran, dass Heinrich lange regieren wird. Und wenn sein Vater Friedrich erst einmal anfängt diese Pfalz auseinanderzunehmen, dürften auch Eure Tage gezählt sein. Ihr braucht jede Stimme, die für Euch spricht, sonst seid Ihr verloren. Das wissen wir beide doch ganz genau.«
Wolfelin stand auf und kam langsam auf Manfred zu.
»Wie viel?«
»Den Inhalt der kleinsten Truhe in Eurem Versteck. Und ein Schreiben an den Kaiser.«
»Ihr seid nicht gerade bescheiden.«
»Wolfelin, lasst endlich die Maske fallen. Ich habe gesehen, was Ihr beiseitegeschafft habt. Und in Anbetracht dessen bin ich geradezu ein Vorbild an Bescheidenheit.«
»Nehmen wir an, ich gehe auf Eure Bedingungen ein. Wie geht es dann weiter? Sicher könnt Ihr nachvollziehen, dass ich Euch hier nicht mehr sehen will.«
»Ein verständlicher Wunsch«, erwiderte Manfred. »Aber ich werde mich nicht wie ein Dieb davonstehlen. Der Dieb in diesem Raum«, fügte er hinzu, »bin schließlich nicht ich.«
Wolfelin lenkte erneut ein. »Hört meinen Vorschlag. Der Kaiser wird einen Hoftag in Ravenna halten und wünscht seinen Sohn dort zu sehen. Ihr könnt den König begleiten und bei der Gelegenheit Euer Anliegen dem Kaiser vortragen. Ich werde das Schriftstück aufsetzen.«
Manfred zögerte einen Moment, räumte dann aber ein, dass dies die eleganteste Möglichkeit war, sein Geschäft mit dem Burgvogt zum Abschluss zu bringen.
»Ihr werdet sicher nichts dagegen haben, wenn ich das Schriftstück vorher lese«, sagte er, und der Burgvogt nickte.
Als Manfred den Raum verlassen hatte, bröckelte die Beherrschung, die Wolfelin mühsam aufrechterhalten hatte. Er schlug mit der Faust gegen die Steinquader der Wand, wieder und immer wieder, und spürte nicht, wie seine Haut aufriss und das Blut sich an seinem Gelenk sammelte und auf den Boden tropfte.
D ie Kirschbäume waren längst verblüht, und die Rosen zeigten die ersten Knospen. Biancas Bauch war deutlich sichtbar gerundet, und alle ihre Kleider waren ihr zu eng geworden. Die Gewänder, die ihr am
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