Die Maetresse des Kaisers
besten passten, sahen ihrer Meinung nach aus wie Getreidesäcke, und diese triste Vorstellung wiederum entsprach ihrer gesamten Seelenlage.
Sie fühlte sich so verlassen wie nie zuvor in ihrem Leben und fragte sich, ob das ungeborene Kind in ihrem Leib die Trauer seiner Mutter spürte. Es tat ihr leid um den kleinen neuen Menschen, der in ihr wuchs, doch sosehr sie sich auch bemühte, sie konnte keine Freude über die bald bevorstehende Geburt empfinden.
Von Friedrich hatte sie nichts mehr gehört. Den Schlag ins Gesicht hatte er hingenommen wie eine Statue aus Stein, und seine blauen Augen waren so unergründlich gewesen wie das Meer an seiner tiefsten Stelle. Kein einziges Wort war mehr zwischen ihnen gefallen. Bianca war in ihr Schlafzimmer gelaufen, und Friedrich hatte das Kastell Gioia del Colle noch am selben Abend verlassen.
Seitdem herrschte Schweigen zwischen ihnen, und Bianca fühlte, dass Friedrich es von sich aus nicht brechen würde. Sie hatte seinen Stolz verletzt, das wusste sie, doch auch er hatte sie tief gedemütigt. Die Wunde, die er ihren Gefühlen zugefügt hatte, schmerzte noch immer, auch wenn der unbeherrschte Zorn, der sie dazu getrieben hatte, dem Mann, den sie mehr liebte als ihr eigenes Leben, ins Gesicht zu schlagen, inzwischen verraucht war.
Ihre Tage verliefen mit der gewohnten Eintönigkeit, die sie früher schon hassen gelernt hatte. Das, was ihr blieb, waren der Garten und das Buch über Falken, an dem sie mit Karim und manchmal auch mit Friedrich geschrieben hatte. Wenn sie die Falken beobachtete, warf sie zuweilen einen wehmütigen Blick auf die trockenen Hölzer, aus denen immer noch keine Wildgans geschlüpft war. Sie hatte recht gehabt, aber selbst diese kleine Genugtuung erfüllte sie eher mit Trauer als mit Triumph.
Seit Friedrichs Abreise war nicht eine Nachricht zu ihr gelangt, die ihr von ihm erzählte. Dass er selbst ihr nicht schreiben würde, war ihr inzwischen schmerzhaft bewusst, doch dass auch Karim sich nicht meldete, betrübte sie mehr, als sie gedacht hatte. Allerdings hatte Karim ihr eine neue Hebamme geschickt, nachdem sie die forsche Art der anderen, wesentlich älteren Frau nicht mehr ertragen hatte.
Die neue Hebamme war zwar noch jung, schien aber bei einer weisen Frau in die Lehre gegangen zu sein und meisterte ihre Aufgabe bisher gut. Bianca war froh, eine Frau, der sie zumindest ein wenig vertrauen konnte, in ihrer Nähe zu haben. Gerade jetzt sehnte sie sich nach dem Rat ihrer alten Amme Giovanna, die ihr, da war sie sich sicher, nicht nur über die schwierige Zeit der Schwangerschaft, sondern vor allem über die der Trennung von Friedrich erleichtert hätte.
Bianca hatte viele Tage auf ein Zeichen von Friedrich gehofft, auf irgendeinen kleinen Hinweis, dass eine Versöhnung möglich wäre. Doch als nichts geschah und die Wochen verstrichen, nahm der Gedanke, dass er sie verlassen hatte, mehr und mehr Gestalt an. Er liebte sie nicht mehr, und diese Gewissheit verursachte Bianca fast körperliche Schmerzen.
Sie hatte ihren Mut und ihre Zuversicht verloren, und selbst die Aussicht auf das Kind, dessen Vater Friedrich war, brachte ihre Lebensfreude nicht zurück. Sie aß wenig, denn sie hatte keinen Appetit, was ihrer Hebamme Sorgen bereitete, die Bianca ermahnte, mehr an das Kind zu denken.
Stattdessen dachte sie an Friedrich, malte sich aus, wo er sich aufhielt, und versuchte wohl zum hundertsten Mal ihm einen Brief zu schreiben. Sie konnte das Schweigen nicht länger ertragen. So wollte sie nicht weiterleben, und so durfte ihre Liebe nicht zu Ende gehen. Wenn es denn vorbei sein sollte, dann würde es Friedrichs Entscheidung sein. Bis dahin aber wollte sie kämpfen.
Sie schaute auf das Pergament auf dem Tisch. »Mein Liebster«, hatte sie geschrieben, dann waren ihr die Worte ausgegangen. Was sollte sie ihm sagen? Dass alles ihre Schuld war? Dass sie ihn um Verzeihung bat? Dass sie ohne ihn nicht leben konnte? Sie wusste ja nicht einmal, wie sie den ersten Satz beginnen sollte.
Sie wischte die Tränen aus den Augen und konzentrierte sich wieder auf ihren Brief. Ihr Leib schmerzte, und sie hatte das Gefühl, ihr ungeborenes Kind würde ihr von innen gegen die Bauchdecke treten. Vermutlich würde es niemals seinen Vater sehen, und dieser Gedanke schickte ihr eine neue Welle von Sehnsucht und Trauer.
Sie gab den Brief auf und begann, im Zimmer hin und her zu gehen. Erfahrungsgemäß beruhigte sich so das Kind, als würde es ihre Bewegung wie ein
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