Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
Vom Netzwerk:
ihnen geführt.
    Der Kaiser war es nicht gewohnt, dass seine Frauen ihm widersprachen, und ganz besonders ärgerte es ihn, wenn Bianca nicht nachgab. In solchen Momenten wurde seine Stimme schneidend, und er warf ihr vor, dass er sie kaum wiedererkenne. Aus seiner hingebungsvollen und zärtlichen Geliebten sei eine kämpferische Frau geworden, die nicht im Geringsten daran dachte, sich seinem Willen zu beugen.
    Ihr war es bewusst, dass ihr Eigensinn zwar einer der Gründe für seine nicht enden wollende Bewunderung war und auch für die Lust, die sie in ihm entfachte, ihn dieses Verhalten aber zugleich ärgerte und die Debatten mit ihr, in denen sie ihren Standpunkt klarlegte, ihm die Zeit stahlen.
    Bianca hatte noch nie einen so wissbegierigen Menschen kennengelernt wie Friedrich. Er korrespondierte zum Beispiel unablässig mit einem Mathematiker namens Leonardo Fibonacci, der ein paar Jahre zuvor ein neues Rechensystem in Europa eingeführt hatte. Vor allem die Zahl Null hatte es ihm angetan, aber Friedrich wollte auch höchst komplizierte Dinge wie die Berechnung eines Kegels wissen. Bianca hatte zwar bei den Nonnen auch die Grundbegriffe des Rechnens erlernt, aber wenig Interesse an höherer Mathematik, und konnte dem Kaiser in seiner Begeisterung für Zahlen und Geometrie nicht folgen.
    Da Friedrich außerdem große Hochachtung vor den Leistungen arabischer Wissenschaftler hatte, schrieb er nach wie vor an den Sultan al-Kamil, der die kaiserlichen Fragen dann an seine Berater weitergab. Unter anderem wollte Friedrich wissen, warum ein Stern größer wirkte, wenn er aufging, als wenn er im Zenit stand, und zwar selbst dann, wenn – wie in der Wüste – keine Feuchtigkeit in der Luft lag. Ein anderes Problem, um dessen Lösung er den Sultan al-Kamil bat, war die Frage, warum ein Ruder, das ins Wasser getaucht wird, gekrümmt erscheint.
    Medizinischer Fortschritt fesselte ihn ebenso sehr, und er ließ sich von Karim regelmäßig davon berichten. Die beiden hatten neue Gesetze über die Ausbildung der Ärzte ersonnen und schrieben den Ablauf eines Medizinstudiums genauestens vor.
    Manchmal allerdings, fand Bianca, übertrieb Friedrich es mit dem Forschergeist, und die Sache lief aus dem Ruder. Die Findelkinder waren so ein seltsamer Auswuchs seiner Wissbegier gewesen, ebenso die dänischen Hölzer, die sie von Anfang an skeptisch beäugt hatte. Sie konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass daraus jemals eine Wildgans entstehen sollte, und würde jede Wette eingehen, dass sie am Ende recht behalten sollte. Aber Friedrich bestand mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit darauf, das Experiment fortzusetzen.
    »Ich weiß, dass du mich für einen Kindskopf hältst«, unterbrach Friedrich ihre Überlegungen, »aber würdest du trotzdem in meiner Abwesenheit das Holz weiter beobachten? Wer weiß, vielleicht haben wir kleine Wildgänse, wenn ich wiederkomme.«
    Sie hatte nicht gewusst, dass er eine Reise plante, und sah überrascht auf.
    »Du musst fort?«
    »Ja, mein Herz. Glaub es oder glaub es nicht, doch der Papst und ich werden uns zusammensetzen und ganz gesittet verhandeln.«
    »Ich denke, der Waffenstillstand ist längst in Kraft.«
    »Ist er auch, aber das Land braucht einen Friedensvertrag, der auch in vielen Jahren noch Bestand hat. Und außerdem bin ich immer noch ein Vogelfreier. Der Papst hat den Bann noch nicht zurückgenommen. Ich denke, es ist allerhöchste Zeit, geordnete Verhältnisse zu schaffen.«
    Bianca fühlte bodenlose Enttäuschung. Was Friedrich leichthin ankündigte, bedeutete schon wieder eine Trennung, vielleicht über Monate. Ihr erstes Kind war unterwegs, sie sehnte sich nach Friedrichs Zuwendung und Liebe. Er war so glücklich gewesen, als er es erfahren hatte. Doch ihr Bauch wurde runder und runder, sie fühlte sich hässlich und unförmig – und ausgerechnet jetzt ließ er sie wieder allein.
    »Mach nicht so ein trauriges Gesicht, Bianca. Ein Kaiser hat viele Verpflichtungen.«
    »Aber wir bekommen ein Kind.«
    »Deshalb kann ich doch nicht monatelang hier im Kastell herumsitzen. Sei vernünftig. Und wenn dir dein Zustand Probleme macht, so hast du eine gute Hebamme.«
    »Ich weiß, aber ich mag sie nicht.«
    Der Kaiser atmete tief durch. »Komm zu mir und küss mich. Im Morgengrauen breche ich auf.«
    Er nahm sie in die Arme, doch Bianca hatte Mühe, die Tränen hinunterzuschlucken.
    »Wann kommst du zurück?«, flüsterte sie.
    »Ich weiß es wirklich nicht. Es gibt viel

Weitere Kostenlose Bücher