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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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und während seiner qualvollen Gefangenschaft hatte er es vergessen, aber jetzt fiel es ihm wieder ein. Bianca hatte von den Ehrwürdigen Schwestern gesprochen.
    Er bemühte sich, die Bruchstücke der Unterhaltung an jenem Tag im Haus des Tuchmachers in sein Gedächtnis zu rufen. Bianca hatte von einer Freundin ihrer Mutter erzählt. Wie war bloß ihr Name? Lorenzo suchte in den Tiefen seiner Erinnerung. Er kam nicht darauf, aber dann auf einmal fielen alle Bruchstücke in Form und ergaben das Mosaik ihrer Flucht.
    Die Freundin hieß Clara von Siena und war die Äbtissin im Kloster der Ehrwürdigen Schwestern von Bari. Er hörte wieder Biancas Stimme und sah ihre schönen Augen.
    Und Lorenzo sank auf die schäbige Holzbank der Hafenkneipe und weinte über verpasste Chancen und das Leben, das sie hätten haben können, wenn nicht die Gier eines einzigen Mannes alles zerstört hätte.

K arim ritt in gestrecktem Galopp, denn er spürte eine seltsame Unruhe und den Drang, sich zu beeilen. Er konnte das Kastell schon sehen, wunderte sich aber über seinen fast abweisenden Eindruck. Das Tor schien verschlossen, und aus keinem der Fenster fiel ein Lichtschein. Hier draußen war die Sicht trotz der hereinbrechenden Dämmerung noch ausgezeichnet, aber in den Räumen mit ihren dunklen Holzdecken ließ Bianca um diese Zeit schon Kerzen anzünden.
    Es war das erste Mal auf Gioia del Colle, dass er am Tor rufen und klopfen musste, bis einer der Stallburschen kam und öffnete. Bianca, die sonst immer in der Halle stand und ihre Gäste begrüßte, war nirgends zu sehen. Angst keimte in Karim auf, und seine Eingeweide schmerzten, als hätte er einen Faustschlag in den Leib erhalten. Normalerweise herrschte im Kastell eine heitere und freudige Stimmung, doch jetzt schien es hier düster, und Trauer lag in der Luft. Der Sarazene wusste von dem Streit zwischen Bianca und Friedrich. Der Kaiser hatte ihm davon erzählt, ohne allerdings Einzelheiten zu erwähnen.
    Karims feines Gespür für Zwischentöne sagte ihm, dass da mehr vorgefallen war, als Friedrich zugab. Dessen ungewöhnliche Schweigsamkeit und der Ausdruck von Zorn und Verlorenheit in seinen Augen ließen ihn das Schlimmste befürchten. Alles deutete auf ein Zerwürfnis zwischen den beiden hin, und Karim kannte Friedrich gut genug, um zu wissen, wie sehr er darunter litt. In all den Jahren ihrer Freundschaft hatte er es noch nie erlebt, dass Friedrich eine Frau so nah an seine innersten Gefühle und Gedanken herankommen ließ. Andererseits machte ihn das verletzlich, und dies wiederum wertete der Kaiser als Schwäche. Dass er nach einem Streit oder sogar einer Trennung den ersten Schritt zur Versöhnung machen würde, war daher ganz und gar undenkbar, und Karim hatte beschlossen, nach Gioia del Colle zu reiten, um Bianca zum Einlenken zu bewegen.
    Er hatte weder Bianca noch Friedrich von seinen Plänen unterrichtet, ahnte er doch, dass dieser eine solche Idee rundweg ablehnen würde, und auch Bianca war starrsinnig genug, keinerlei Hilfe anzunehmen. Also kam er unangemeldet nach Gioia del Colle und hatte zwar eine gewisse gedrückte Stimmung vermutet, aber keineswegs diese unheimliche Stille.
    »Wo ist die Gräfin?«, fragte er den Stallburschen, nachdem er abgesessen war und sein verschwitztes Pferd übergeben hatte.
    Der Bursche starrte ihn ängstlich an und brachte kein Wort heraus.
    Karim wurde ungehalten. »Was ist hier los? Ist jemand gestorben?«
    Der Stallbursche schüttelte müde den Kopf. »Noch nicht, Herr. Aber die Gräfin ist sehr krank.«
    Karim stürmte mit langen Schritten durch die Halle, nahm auf der Treppe zwei Stufen auf einmal und öffnete die Tür zu Biancas privaten Räumen.
    Das Zimmer war düster, es roch scharf nach Erbrochenem, und in dem Halbdunkel konnte er kaum etwas erkennen. Er rief nach den Dienerinnen und nach der Hebamme, doch nur die Köchin erschien und wischte sich mit dem Zipfel ihrer Schürze die Tränen aus den Augenwinkeln.
    Karim befahl ihr, Kerzen anzuzünden, damit der Raum besser beleuchtet war, und trat dann an das Bett an der Stirnseite. Die Vorhänge, die sonst das Lager vollkommen abschotteten, waren zurückgezogen, und erst jetzt sah er Bianca. Sie lag mit geschlossenen Augen in ihren verschwitzten Decken, ihre Haare waren verklebt, und als sein Blick auf eine ihrer Hände fiel, stellte er erschrocken fest, dass die Nägel bis auf die Fingerkuppen abgekaut waren. Ihr Bauch zeichnete sich grotesk unter den Decken ab, und ihre

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