Die Maetresse des Kaisers
erleichtert aus.
Bianca stieß die Kirchentür auf und betrat das Gotteshaus der Ehrwürdigen Schwestern. Es roch nach Weihrauch, und sie sank auf eine der Bänke, um ein kurzes Gebet zu sprechen. Mit Gottes Hilfe würde sie auch diese Gefahr meistern, aber erst einmal brauchte sie eine kleine Pause und musste sich neu orientieren.
Sie schaute auf ihr schlafendes Kind und drückte Konstanze fest an sich. Dann stand sie auf und schritt langsam an der Seitenwand entlang zum Hauptaltar. Die Schwestern hatten ihn liebevoll geschmückt. Bianca sah herrliche Sträuße aus wilden Blumen.
Vor dem Altar blieb sie stehen und schaute zu Christus am Kreuz auf.
»Hofft Ihr auf Erlösung?«, hörte sie eine Stimme und schnellte herum. Hinter ihr stand niemand, aber aus einer der Bankreihen kam ein leises Lachen. »Ihr seid eine Beute, die ihre Jäger auf Trab hält«, sagte die Stimme, und spätestens jetzt wurde Bianca klar, dass Heinrich von Passau sie wieder einmal gefunden hatte.
»Wer hat mich dieses Mal verraten?«, fragte sie bitter. »Oder sagen wir besser: Wen habt Ihr dieses Mal bedroht, erpresst oder gefoltert, damit Ihr einen Weg für Enzios Rache findet?«
»Nun sagt bloß, das wisst Ihr immer noch nicht«, antwortete Heinrich von Passau höhnisch.
»Also war die Hebamme doch von Euch gekauft.«
»Wie kommt Ihr darauf?«
»Ich habe auf der Treppe ihre Hände im Rücken gespürt. Sie hat mich gestoßen.«
»Leider nicht kräftig genug. Aber dafür hat die kleine Sofia ihre Strafe bekommen.«
»Wie meint Ihr das?«
»Sie glaubte ein Gewissen in sich entdeckt zu haben und wollte Euch warnen. Ihr versteht, dass ich das nicht zulassen konnte. Nun wird sie für immer schweigen.«
»Sofia ist tot?«, fragte Bianca fassungslos. »Ihr seid kein Mensch, sondern die Ausgeburt des Teufels.«
»Das ist zu viel der Ehre, Gräfin.«
Bianca suchte in Gedanken fieberhaft nach einem Fluchtweg. Der Haupteingang der Kirche war versperrt, da der deutsche Baron vermutlich irgendwo zwischen Altar und Ausgang in einer Bank lauerte und nur darauf wartete, dass sie die Nerven verlor und kopflos aus der Kirche rannte. Den Gefallen würde sie ihm nicht tun. Sie tastete nach ihrem kleinen Dolch, den sie seit Gioia del Colle immer bei sich führte. Sie würde es ihm nicht leichtmachen, das schwor sie sich. Konstanze bewegte sich in ihrem Bindetuch, und instinktiv schaukelte Bianca sie ein wenig.
»Wollt Ihr mich ein Leben lang verfolgen?«, fragte sie mit fester Stimme und legte so viel Selbstbewusstsein hinein wie möglich.
Heinrich ließ ein schallendes Lachen hören. »Immer noch aufmüpfig, obwohl die Falle längst zugeschnappt ist. Das gefällt mir an Euch, Bianca.«
»Ich dagegen finde Euch nur widerlich.«
»Wir zwei werden uns schon arrangieren. Immerhin habt Ihr sogar den Kaiser becirct.«
»Lasst den Kaiser aus dem Spiel. Ihr seid es nicht wert, seinen Namen im Munde zu führen.«
»Ein Streit mit Euch ist höchst amüsant, meine Liebe, aber allmählich wollen wir zum Schluss kommen.«
Bianca hörte, wie er sich erhob, und dann konnte sie ihn auch sehen. Wie ein dunkler Schatten stand er in der Mitte der Kirche und bewegte sich langsam aus der Bankreihe heraus auf den Gang zu. Sie fragte sich, wo sein Begleiter sich versteckt hielt, und hoffte, dass Heinrich allein in die Kirche gekommen war.
Der Baron, für dessen lange Beine die Bänke zu eng waren, kam nur langsam vorwärts. Bianca nutzte diesen kleinen Vorteil und rannte am Altar vorbei zu einer niedrigen Tür, die in das Treppenhaus zum Glockenturm führte. Der Turm war ein paar Stockwerke hoch, und es ging nur diese eine Treppe hinauf.
Bianca erreichte die Tür vor Heinrich, der von ihrem Fluchtversuch überrascht worden war und stolpernd hinter ihr herjagte. Sie schlug die Tür zu und hastete die Treppe hoch. Konstanze war in ihrem Bindetuch erwacht und schrie aus Leibeskräften. Schrei weiter, dachte Bianca, dann weckst du die Schwestern. Die Wendeltreppe war schmal, und sie hörte das Keuchen des Barons hinter sich. Sie betete, dass sie nicht fiel und Konstanze dabei verletzte. Dann hatte sie die oberste Stufe erreicht und befand sich auf der Plattform des Turms, direkt unterhalb der Glocken.
In der Mitte des Turms hingen die Seile, die die Glocken in Bewegung setzten. Die Seile wurden durch ein Loch im Boden geführt, so dass die Schwestern nicht auf den Turm steigen mussten, um zu läuten.
Schwer atmend stürmte ihr Verfolger über die letzte Stufe,
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