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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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den Hof eines Königs.
    Der König von Frankreich führte Krieg nördlich der Pyrenäen. Er würde einem kampferprobten Ritter nicht die Tür weisen. Jenseits der Alpen in den kalten deutschen Ländern regierte Heinrich, der Sohn Kaiser Friedrichs. Manfred fröstelte, wenn er an den Norden dachte. Und doch schien ihm der Weg über die Alpen der sicherste von allen. Nicht für immer, für ein paar Jahre vielleicht, bis Enzios Hass gemildert und seine Rache gestillt war. Der Gedanke gab ihm Trost.
    »He, Fabrissa, komm her zu mir«, rief er einer der jungen Küchenmägde zu. Als sie sich auf seinen Schoß setzte, fasste er ihr, ohne zu zögern, in ihr tief ausgeschnittenes Kleid und streichelte ihren Busen. Er kniff ihr spielerisch in die Brustwarze und flüsterte ihr zu: »Komm mit, meine Schöne, ich habe Grund zum Feiern.«

S eit Tagen segelte die Flotte durch ein freundliches Meer. Zarte Schleierwolken am blauen Himmel und kleine Schaumkronen auf den Wellen versprachen schon morgens einen weiteren sonnigen Tag mit genau dem richtigen Wind aus Westen, bei dem die Schiffe ihre beste und auch bequemste Reisegeschwindigkeit erreichten.
    Nachts war der Himmel sternenklar, und der Kapitän steckte zufrieden den neuen Kurs ab. Nichts deutete auf schlechtes Wetter, Regen oder gar Sturm hin. Eine ruhige Überfahrt, die eine glückliche Ankunft garantierte. Ein Kinderspiel für ein Schiff wie die Clara.
    Bianca schmeckte Salz auf ihren Lippen und spürte, wie der Wind ihre Haut streichelte. Dennoch empfand sie die strahlende Sonne und das einladend blaue Meer wie eine höhnische Antwort der Natur auf die Gefühle der Menschen an Bord.
    Eigentlich hätte der Himmel weinen, die See sich empören und der Wind heulen müssen. Keiner der Pilger blickte mit Freude nach Osten, dorthin, wo das Heilige Land lag. Die karge Schönheit der felsigen Inseln, die sie verstreut im Meer sahen, löste in niemandem Begeisterung auf jenes unbekannte Land aus, das sie gemeinsam entdecken und erobern wollten. Die schwarze Galle der Melancholie hatte von den Pilgern Besitz ergriffen, und selbst der hartgesottenen Schiffsbesatzung war die Lust auf ihre sonst üblichen groben Scherze vorerst vergangen. Auf allen Schiffen der Flotte herrschte eine unnatürliche Stille.
    »Sieh doch, Lorenzo«, sagte Bianca und deutete auf das Wasser. »Sind sie nicht wunderschön?«
    »Man nennt sie Delphine«, erklärte Lorenzo, der von der Besatzung der Clara inzwischen einiges über die vielfältigen Bewohner des Meeres erfahren hatte. Bestimmt zwanzig dieser eleganten Schwimmer tauchten in den Wellen auf und ab. Man konnte ihre Stimmen hören, ein hohes Singen, das in Biancas Ohren wie das Lachen verzauberter Seelen klang. »Die Delphine folgen den Schiffen und bringen ihnen Glück. Es soll Völker gegeben haben, die sie als heilige Tiere verehrten.«
    »Glaubst du, dass sie uns Glück bringen?«, fragte Bianca.
    »Was die Überfahrt angeht, scheint es so zu sein. Keine Regenwolke weit und breit. Aber sonst? Ich weiß es nicht. Ich bin nur ein einfacher Falkner.«
    »Und ein Mensch, auf den man sich verlassen kann«, sagte Bianca mit einem warmen Unterton in der Stimme. Sie sah ihn an, lächelte wehmütig und berührte zart seinen Arm. »Ohne dich wäre die Flucht nicht gelungen. Ich danke dir, Lorenzo. Und ich werde es dir niemals vergessen.«
    Lorenzo spürte, wie ihm die Röte in die sonnenverbrannten Wangen schoss, und vor Verlegenheit konnte er nichts erwidern.
    »Ist schon gut, Lorenzo. Ich weiß genau, wie viel du für mich getan hast.« Beide hingen für einen Moment ihren Gedanken nach. »Was macht ein Heer ohne Führer?«, unterbrach Bianca die Stille.
    »Wie?«
    Lorenzo, der durch Biancas Frage aus seinen Träumereien gerissen worden war, sah sie verständnislos an.
    »Ein Heer ohne Führer. Oder soll ich sagen: ein Kreuzzug ohne Kaiser.«
    »Ich verstehe nicht, Gräfin.«
    Bianca wurde ungeduldig. »Lorenzo, so denk doch nach. Hier sind wir, mit einer ganzen Flotte, mitten im Meer. Ritter, Pilger, Seeleute, alle wollen gegen die Heiden ziehen. Und wer gibt die Befehle?«
    »Nun, der Stellvertreter des Kaisers.«
    »Meine Güte, Lorenzo, bist du heute begriffsstutzig. Der Stellvertreter des Kaisers auf diesem Kreuzzug hieß Ludwig von Thüringen. Und was mit ihm geschehen ist, wissen wir doch.«
    »Ihr habt recht. Der Landgraf ist an der Seuche gestorben.«
    »Na endlich. Nun heißt es, der Kaiser sei ebenfalls tot. Die Schiffe, die seine Galeere

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