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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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reglos liegen.
    Bianca wich mit einem entsetzten Aufschrei in das Zimmer zurück und stolperte rückwärts über den im tiefen Schlaf liegenden Neffen des Earls of Leicester. Sie ruderte mit den Armen, versuchte sich an der Tischkante des lädierten Möbelstücks abzufangen, fiel aber dennoch unsanft auf die Hüfte, die sie sich schon einmal bei ihrer Flucht vor Heinrich von Passau schmerzhaft angeschlagen hatte. Im selben Moment spürte sie, wie sie von kräftigen Armen hochgezogen wurde, sah, wie der Ritter abermals mit der Faust ausholte – und plötzlich innehielt. Seine Miene wechselte abrupt von Wut zu Schadenfreude, und während er Bianca im festen Griff hielt, riss er ihr die Kapuze vom Kopf und pfiff anerkennend durch die Zähne.
    »Sieh mal an«, sagte er grinsend, »eine Frau.«
    Bianca brauchte keine Kenntnisse des Englischen, um die Worte des Ritters zu deuten. Sie warf den Kopf zurück und versuchte mit aller Kraft sich zu befreien. Doch die Fäuste des Mannes hielten sie wie Fesseln aus Eisen. Je mehr sie sich wand, desto stärker schmerzten ihre Handgelenke. Und umso aussichtsloser wurde jede weitere Kraftprobe. Sie konnte nicht gewinnen, und da die Tür von dem zweiten Ritter blockiert war, hatte sie auch nicht die geringste Möglichkeit zur Flucht. Ihre Gedanken rasten, endeten aber ausnahmslos in Sackgassen.
    Es war aus. Ihre Flucht würde hier enden, in dieser schäbigen Kammer in einem Gasthaus am Ende der Welt. Bianca hätte schreien können vor Enttäuschung, doch das ließ ihr Stolz nicht zu. Da sie die Sinnlosigkeit jedes weiteren Widerstands einsah, gab sie es auf, sich zu wehren, richtete sich auf und sah dem englischen Ritter direkt in die Augen.
    Der Engländer richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf Bianca und schenkte dem am Boden liegenden Lorenzo keine weitere Beachtung. Er kannte die Folgen seiner eisenharten Faustschläge besser als jeder andere und wusste, dass der diebische Pilger noch eine ganze Weile nicht erwachen würde.
    Bianca hatte den kurzen Blick des Engländers auf Lorenzo bemerkt und hoffte inständig, dass dieser keine schlimme Verletzung davongetragen hatte.
    Der zweite Mann war inzwischen ins Zimmer getreten und hatte die Tür geschlossen. Die beiden Ritter begannen eine Unterhaltung, der Bianca nicht folgen konnte, aber sie versuchte zumindest aus ihren Gesten und Mienen zu lesen. Offensichtlich schienen sie sich nicht einig zu sein, was nun geschehen sollte, und die Tatsache, dass sowohl Lorenzo als auch sie noch am Leben waren, wertete sie als Zeichen, dass die Männer nicht ganz so barbarisch waren, wie sie zunächst befürchtet hatte.
    Bianca wagte kaum zu atmen, um den Wortwechsel der Männer nicht zu unterbrechen. Doch als Lorenzo leise zu stöhnen begann, verstummten sie abrupt und sahen sich kurz an. Während einer von ihnen Bianca auf einen Stuhl stieß, ergriff der andere einen Wasserkrug und schüttete den Inhalt Lorenzo über den Kopf. Dieser erwachte benommen, befühlte seinen schmerzenden Kiefer und sah sich verwirrt in dem Zimmer um.
    Als sein Blick den Biancas traf, schenkte sie ihm ein kleines aufmunterndes Lächeln, das in seltsamem Gegensatz zu ihren Gefühlen stand. Zwar schnürte ihr die Angst die Kehle zu, doch Lorenzo sollte wenigstens einen Funken Zuversicht spüren.
    Der Ritter riss Lorenzo auf die Füße und schubste ihn in Biancas Richtung.
    »Was ist mit ihm?«, knurrte er und deutete mit dem Kopf auf den schlafenden Robert.
    Bianca riss vor Überraschung die Augen auf.
    »Ihr sprecht unsere Sprache?«, erwiderte sie statt einer Antwort und erntete dafür einen eisigen Blick.
    »Was ist mit ihm?«, wiederholte der Ritter mit einem drohenden Unterton.
    »Er schläft.«
    »Habt ihr ihn vergiftet?«
    »Nein, es ist nur ein harmloses Schafmittel.«
    »Wer seid ihr? Diebe, als Pilger getarnt?«
    »Nein.«
    »Lüge. Ihr wolltet einen von uns bestehlen.«
    Bianca schwieg beschämt, und Lorenzo senkte stöhnend den Kopf. Vor Schmerz konnte er kaum seinen Mund öffnen, und notgedrungen überließ er Bianca die Ausreden für ein Vergehen, das in seinen Augen eigentlich unverzeihlich war.
    Erneut unterhielten sich die beiden Männer in der fremden Sprache. Und wieder schienen sie sich nicht einig zu sein. Der eine sandte ihnen giftige, hasserfüllte Blicke, der andere schien ein wenig gemäßigter.
    Als Lorenzo von dem brutalen Faustschlag getroffen zu Boden gesunken war, hatte Bianca jede Hoffnung, aus dieser Situation mit dem Leben

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