Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
Vom Netzwerk:
dem Paradies vertrieben worden waren, und klammerten sich aneinander fest.
    »Du weißt, was sie vorhaben?«, flüsterte Bianca schließlich.
    Lorenzo nickte. »Sie werden uns als Sklaven verkaufen. Auf dem Markt von Damiette.«

Z amira, die derzeitige Favoritin des Sultans, war sich bei allem, was sie tat, ihrer betörenden Wirkung bewusst. Hinter ihrem Schleier beobachtete sie die Männer, sah das Begehren in ihren Augen und spürte förmlich, wie der Herzschlag selbst der tapfersten Krieger bei ihrem Anblick zu galoppieren begann wie ein durchgehendes Pferd. Sie empfand den zarten Schleier, der außer ihren Augen ihr gesamtes Gesicht verhüllte, als perfekte Tarnung ihrer Gedanken. Denn Zamira war zwar eine Kadine des Sultans, eine Frau, die er selbst erwählt hatte und die ausschließlich ihm gehörte, doch auch wenn ihr ganzer Lebenszweck in der Erfüllung herrschaftlicher Liebes- und anderer Wünsche bestand, leistete sie sich den Luxus eigener, manchmal sogar aufrührerischer Gedanken. Von denen selbstverständlich niemand je etwas erfuhr. Zamira lebte seit mehreren Jahren im Harem des Sultans und hatte es in der Kunst der Verstellung zur Meisterschaft gebracht.
    Sie lag auf einem bequemen Polster, kniehoch über dem Boden, der aus hellen Fliesen bestand, bemalt mit mannigfaltigen Figuren in leuchtendem Blau. Hunde und Löwen waren zu sehen, Hasen und Pferde, auch Männer und Frauen und sogar Mischwesen aus Mensch und Tier. Bäume und Blumen waren zu erkennen, und in manchen Gärten trafen sich Liebende zu einem innigen Kuss.
    Gegenüber an der anderen Wand standen weitere Bänke und Liegen, dazu Stühle und hüfthohe Lampen aus kunstvoll getriebenem und verziertem Messing. Mehrere dieser dreiflammigen Ölleuchten sorgten abends für genau das richtige Licht, das Zamiras Schönheit überirdisch erscheinen ließ.
    Die Kadine knabberte an einer Dattel. Sie genoss das süße, weiche Fruchtfleisch, lutschte den schmalen, länglichen Stein im Inneren der Dattel sorgfältig ab und warf ihn in eine kleine Schale, die zwar den Kernen und Stielen des Obstes vorbehalten, aber dennoch kein schlichtes Geschirr, sondern ein Meisterstück ägyptischer Handwerkskunst war.
    Der Favoritin des Sultans waren nur die allerschönsten und allerfeinsten Dinge vorbehalten. Sie trug kostbarste Seide, aß die edelsten Früchte und benutzte so viel Rosenwasser, wie sie es für richtig hielt. Trotzdem langweilte sie sich. Den größten Teil des Tages verbrachte sie entweder mit Körperhygiene in ihrem luxuriösen Bad, mit träger Muße im Garten oder – wie jetzt – liegend auf einem ihrer Polsterbetten.
    Sie seufzte und nahm eine der auf Hochglanz polierten Bronzescheiben, um ihr Antlitz eingehend zu betrachten. Sie sah ein ebenmäßiges Gesicht mit fast schwarzen Mandelaugen, eine etwas zu lang geratene Nase und ein herrisches Kinn. Das Schönste aber war ihr Mund. Eine sinnliche Verlockung mit vollen Lippen, der mit seinen Küssen den Sultan schier um den Verstand brachte. Ihr Hals war lang, und wenn sie ihn im Tanz bog, sah der Sultan vom Busen bis zu ihrem Ohr eine perfekte Linie. Ihre Haut hatte einen ganz leichten Olivton, und dieser Teint war ihrer Meinung nach ihr einziger Makel. Sie wünschte sich sehnlichst die blasse Hautfarbe der Sklavinnen aus dem Norden jenseits des großen Meeres. Im Harem des Sultans lebten viele dieser weißhäutigen Frauen, und die schönsten von ihnen machte er zu Odalisken, zu seinen persönlichen Dienerinnen, die er manchmal auch in sein Bett ließ.
    Zamiras Körper war weich und einladend, ihre Hüftknochen genau richtig gepolstert, um für einen Mann wie ein bequemes Kissen zu sein. Sie badete jeden Tag in einem Badehaus, das ihr persönlich zugewiesen worden war und in dem sie von ihren Dienerinnen geseift, geölt und massiert wurde. Ihre Haut wurde mit Rosenwasser besprengt, und an Stellen, die der Sultan besonders gern erforschte, tupften sie einen Duft aus Sandelholz.
    Es gab keine einzige rauhe Stelle an Zamiras Körper, selbst ihre Füße wurden täglich mit einem Stück Keramik zart gerieben. Um ihre dunklen Augen noch geheimnisvoller zu machen, zog sie einen schwarzen Strich am oberen und am unteren Lid. Und ihre Haare wurden geölt und gekämmt, bis sie glänzten wie das Gefieder eines seltenen und wertvollen Vogels.
    Zamira wusste, dass sie die schönste Frau im Harem des Sultans und er ihren Zärtlichkeiten so verfallen war, dass er ihr jeden Wunsch von den Augen ablas. Und doch

Weitere Kostenlose Bücher