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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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sie zu sehr, um ihren aufrichtigen Kummer kleinzureden. Mitleid, davon war Lorenzo überzeugt, war zwar das richtige Gefühl für einen verletzten Falken, aber das falsche für einen Menschen, der einem nahestand. Und auch wenn er nur der Falkner und damit ein Diener im Haushalt der Lancias gewesen war, so war das Band, das zwischen ihm und Bianca entstanden war, inzwischen doch fest genug, dass er es wagte, sich ihr gegenüber als Freund zu sehen.
    »Werden wir zusammenbleiben können?«, fragte Bianca zaghaft. Der Gedanke, künftig ohne Lorenzo leben zu müssen, war zu schmerzhaft, um ihn mit allen seinen Folgen zu Ende zu denken.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Lorenzo, der Bianca nicht weiter ängstigen wollte. Insgeheim war er jedoch sicher, dass ihnen nicht mehr viel gemeinsame Zeit blieb. Allerhöchstens bis zum Einlaufen des Schiffes in den Hafen von Damiette.
    »Hast du dich je als Sklave gefühlt?«, fragte sie jetzt, und Lorenzo warf ihr einen erstaunten Blick zu.
    »Nein, ich war ja auch keiner.«
    »Aber du warst ein Diener.«
    »Ja, doch das ist ein Unterschied.«
    »Inwiefern?«
    »Ein Diener kann seinen Herrn wechseln, ein Sklave nicht.«
    »Aber auch du konntest nicht über die Freiheit bestimmen.«
    »Gräfin, wer kann das schon. Wart Ihr frei?«
    Bianca grübelte einen Moment, bevor sie antwortete. War sie jemals frei gewesen? Frei genug, um das zu tun, was sie für richtig hielt?
    »Ich weiß nicht, Lorenzo. Vielleicht waren wir beide schon damals gefangen. Du in deinen Pflichten als Diener im Hause meines Bruders. Und ich als Frau, die nicht das Recht hatte, sich ihren Mann selbst zu wählen.« Lorenzo nickte, und Bianca fuhr fort: »Ist es nicht eine seltsame Laune des Schicksals, dass wir erst als Gejagte die Freiheit kennengelernt und sie dann doch wieder verloren haben?«
    »Freiheit ist eben eine Frage der augenblicklichen Umstände«, antwortete Lorenzo.
    »Du meinst, die Freiheit hat uns nur vorübergehend verlassen? So wie du glaubst, dass Gott, der allmächtige Schöpfer, sich von uns abgewandt hat?«
    »Ich bin kein Mann der Kirche, nicht des Schreibens und Lesens kundig oder fähig, über die Dinge des Lebens und des Glaubens zu debattieren. Ich beobachte die Natur und ziehe meine Schlüsse. Ein Falke, der gefangen wird, verliert seine Freiheit. Aber verliert er seinen Lebensmut?«
    Bianca hörte gebannt zu.
    »Er tut weiter das, was er tun muss, Gräfin. Er kämpft, er jagt – er lebt.«
    »Und du meinst, was ein Falke kann, das können wir auch?«
    »Wir können zumindest weiterkämpfen.«
    »Ich weiß. Aber dieses grauenhafte Schiff, die Ratten, der Gestank, diese verzweifelten Menschen – all das nimmt mir den Mut. Und ist ein Leben, in dem wir nichts mehr selbst bestimmen können, wirklich eines Menschen würdig? Wir sind keine Falken, Lorenzo.«
    »Das ist eine Frage, Gräfin, auf die ich keine Antwort habe. Doch ich weiß, dass es noch zu früh ist, mit dem Leben abzuschließen.«
    »Aber hast du nicht selbst gesagt, dass Gott uns verlassen hat?«
    Lorenzo kam nicht mehr dazu, etwas darauf zu erwidern. Das Schiff hatte seine Fahrt verlangsamt, und sie hörten Rufe und hastige Schritte auf dem Deck.
    »Wir legen an«, stellte Lorenzo erstaunt fest.
    »Dann sind wir in Damiette.« Biancas Stimme war nur ein Flüstern.
    Die große Luke über den Gefangenen öffnete sich, und eine Leiter aus groben Stricken wurde hinuntergelassen.
    »Los, beeilt euch«, brüllte eine Stimme.
    Gierig nach frischer Luft krochen Männer und Frauen auf die Stricke zu, doch das Sonnenlicht, das nach tagelanger Dunkelheit endlich in den Schiffsbauch drang, war so grell, dass niemand es wagte, an Deck zu gehen. Diejenigen, die ihm zu nahe gekommen waren, drückten sich die schmerzenden Augen zu, die anderen blieben im Schatten, hielten den Wunsch, den stinkenden Schiffsrumpf zu verlassen, mit Macht im Zaum.
    Bianca und Lorenzo gehörten zu den Letzten, die an den Stricken ins Licht kletterten. Sobald sie das Deck betreten würden, wären sie zwar dem hölzernen Verlies, das sie über das Meer gebracht hatte, entronnen, doch das war ein schwacher Trost angesichts des drohenden Sklavenmarktes.
    Als die Gefangenen von Bord geführt wurden, fassten sich Bianca und Lorenzo wie Kinder an den Händen. Ein paar Schritte spürten sie die Wärme des anderen, und Lorenzo fühlte, wie ihre Hand in seiner bebte. Dann riss sie einer der Aufseher auseinander. Männer und Frauen sollten getrennt und auf zwei

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