Die Maetresse des Kaisers
Karren verladen werden.
Wachen mit krummen Säbeln trieben die Männer vor sich her. Fassungslos sah Bianca, wie die Gruppe sich immer weiter von ihr entfernte. Sie starrte auf Lorenzos Rücken, wollte ihm etwas zurufen, aber ihr Hals war trocken und heiser, und außer einem Krächzen, das er unmöglich hören konnte, bekam sie keinen Ton heraus. Stumm schickte sie ihm ein Gebet hinterher, und als er sich ein letztes Mal zu ihr umdrehte, sah sie Tränen auf seinem Gesicht.
»Leb wohl, Lorenzo«, flüsterte sie.
Ein grober Stoß traf sie in den Rücken, und sie stolperte weiter.
D er Teufel soll ihn holen«, brüllte der Kaiser und schmetterte seinen Weinkelch gegen die Wand. Der Leiter der kaiserlichen Kanzlei zuckte so sehr zusammen, dass das Pergament, das er in Händen hielt, zu Boden fiel. Friedrichs Temperament war ihm nicht unbekannt, aber selten wurde der Kaiser so von Zorn übermannt wie heute. Der Kelch war direkt gegen einen der bestickten Wandteppiche geprallt, und der Rotwein rann wie frisches Blut an ihm hinunter. »Raus hier«, herrschte Friedrich die Diener an, die vor der Tür gewartet hatten und nun mit Lappen zu Hilfe eilen wollten. »Raus. Ich brauche hier niemanden.«
Er drehte sich zu seinem Kanzleivorsteher, kniff die Augen zusammen und zischte: »Das gilt auch für Euch. Ich will allein sein.«
Der höchste Beamte des Hofes stammelte eine Entschuldigung, sammelte, so schnell es seine zitternden Hände zuließen, seine Pergamentrollen ein und verließ mit einer Verbeugung den Raum.
Der Kaiser sank auf einen Stuhl, stützte die Ellbogen auf dem Tisch auf und ließ den Kopf in seine Hände sinken. Er kochte vor Wut, und wenn eine Laune des Schicksals ihm in diesem Moment die Chance gegeben hätte, Papst Gregors habhaft zu werden – er hätte für nichts garantieren können. Bei seiner augenblicklichen Gemütsverfassung würde das Leben des Papstes an einem seidenen Faden hängen. Einen Moment lang gab sich Friedrich der Vorstellung hin, seine Hände um Gregors Hals zu legen und zuzudrücken. Er hatte in seinem Leben selten gehasst – jetzt tat er es.
Seit er Opfer dieser verdammten Fieberseuche geworden war, verfolgte ihn der alte Mann in Rom mit immer neuen Intrigen, politischen Ränkespielen und öffentlichen Anschuldigungen. Die Krankheit, die er sich weiß Gott nicht gewünscht hatte, war dem Papst willkommener Anlass, immer schwerere Geschütze gegen die Herrschaft des Kaisers aufzufahren.
Friedrich schlug mit der geballten Faust auf den Eichentisch, so dass der Krug mit dem restlichen Rotwein ins Schwanken kam. Er hatte nicht wenig Lust, auch diesen noch in Scherben gehen zu lassen, besann sich aber im letzten Moment. Und wenn er alle Weinkrüge in ganz Foggia zerschlug, so würde er den Mann in Rom nicht besiegen. Vor nicht allzu langer Zeit hatte er geglaubt, der Papst und er seien Gegner. Doch das stimmte nicht mehr. Der weltliche und der geistliche Herrscher der Christenheit waren längst erbitterte Feinde.
Friedrich erkannte, dass er leichtgläubig der eigenen Stärke vertraut hatte. Gregor war anders als sein Vorgänger Honorius. Er wollte Macht – politische Macht. Ein starker Kaiser stand ihm dabei im Weg, und diese verdammte Krankheit hatte ihm perfekt in die Hände gespielt. Ein leichtes Klopfen an der Tür unterbrach seinen Gedankengang.
»Raus«, brüllte er. »Habe ich nicht befohlen, mich allein zu lassen?«
»Federico, ich bin es«, sagte Karim, der nach dem aufgeregten Bericht des Kanzleivorstehers zum Kaiser geeilt war.
»Verschwindet. Lasst mich allein.«
»Wie Ihr wollt, Federico. Aber denkt daran, es ist besser, Sorgen zu teilen, als sie allein zu tragen. Sie wiegen weniger.«
»Also gut, kommt herein.«
Karim schloss die Tür hinter sich und trat langsam an den Tisch.
»Wer hat das Unglück, Euren Zorn zu erregen?«, fragte er vorsichtig.
»Ach Karim, ich habe Fehler gemacht und den Mann in Rom unterschätzt. Er nutzt jede meiner Schwächen.«
»Was ist passiert?«
»Meine Delegation von der Synode in Rom ist zurück.«
»Eure Worte klingen nicht so, als wäre die Mission erfolgreich verlaufen.«
»Schlimmer. Meine Abgesandten wurden gehört, aber alle Beschlüsse waren vorher schon getroffen. Das Ganze war eine Farce, eine öffentliche Demütigung von tapferen Männern. Aber glaubt mir, Karim, dies war das letzte Mal, dass ich mit dem Papst verhandelt habe.«
Karim sah den Kaiser verständnislos an. »Federico, ich bin ein Medicus, kein
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