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Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Titel: Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Attilio Bolzoni
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Haftbefehl hatte Salvatore Curti Giardina unterschrieben, der Leitende Oberstaatsanwalt von Palermo, der in dieser Stadt bis dahin nicht einmal gegen einen Hühnerdieb einen Haftbefehl ausgestellthatte. Jetzt konstruierte er diese bizarre Tathypothese. Mit dem Vorwurf der »Beihilfe zur Unterschlagung im Amt« jedenfalls konnte er unsere Festnahme begründen. Mit dem Straftatbestand der »Verletzung des strafprozessualen Untersuchungsgeheimnisses« hätte er uns auf freien Fuß lassen müssen. Der Unterschlagung im Amt habe sich der – unbekannt gebliebene – Beamte schuldig gemacht, der uns die Dokumente zugespielt hatte; wir hätten uns der Beihilfe schuldig gemacht. Der Vorwurf der Unterschlagung im Amt zielte auch darauf ab, uns zu diskreditieren. Eine solche Anklage ruft bei der unachtsamen Öffentlichkeit sofort die Vorstellung von Korruption und Schmiergeld wach. Und in solche Machenschaften wären ausgerechnet zwei Journalisten verwickelt, die der »Antimafia« nahestanden, wie man damals mit einer gewissen Geringschätzung sagte.
     
    Die Anklage lautet auf eine Straftat nach Artikel 81, Absatz 1, Artikel 110 und Artikel 326 des Strafgesetzbuches in Tateinheit mit Unbekannten bei wiederholt ausgeführter Handlung in ein und derselben kriminellen Absicht. Es geht um die Veröffentlichung von Aussagen Antonino Calderones vor dem Untersuchungsrichter von Palermo, die dem Untersuchungsgeheimnis unterlagen […]. Angesichts auch der Gemeingefährlichkeit der Angeklagten, die sich aus der extremen Schwere der Tatbestände hinsichtlich der Notwendigkeit zum Schutz der Allgemeinheit ergibt, ordnen wir die Festnahme der genannten Beschuldigten an, die in eine Haftanstalt überführt und dort zu unserer Verfügung stehen sollen.
     
    Salvatore Curti Giardina, Staatsanwalt von Palermo,
    16. März 1988
     
    Der Staatsanwalt – derselbe, der ein paar Jahre zuvor als Vorsitzender des Schwurgerichts die Mörder des Carabinieri-Hauptmanns Emanuele Basile wegen »zu vieler Indizien« zu Lasten der Angeklagten freigesprochen hatte – wollte uns ins Gefängnis stecken. Er wollte uns einsperren. Nachdem wir die Namenvon Salvo Lima, dem mächtigsten Mann von Sizilien, und von Minister Aristide Gunnella im Zusammenhang mit der Mafia genannt hatten, verbrachten wir am 16. März 1988 die erste Nacht unseres Lebens in einer Gefängniszelle: in der Haftanstalt von Termini Imerese.
    Gegen die Staatsanwaltschaft machten die Juristen der Magistratura democratica mobil, der linken Strömung innerhalb des Verbands der Richter und Staatsanwälte. Seinen Unmut über unsere Verhaftung bekundete auch Justizminister Giuliano Vassalli. Untersuchungsrichter Falcone verteidigte uns in einem Interview, und der Vorsitzende des parlamentarischen Antimafia-Ausschusses, Gerardo Chiaromonte, besuchte uns im Gefängnis.
    Unser Fall kam vor das Haftprüfungsgericht, und nach einem regelrechten Eiertanz (um es sich mit niemandem zu verderben und weder die Staatsanwaltschaft komplett ins Unrecht zu setzen noch in einen sich zunehmend verschärfenden Streit hineingezogen zu werden) wurden wir schließlich auf freien Fuß gesetzt. Ein Jahr nach unserer Verhaftung sprach uns ein Ermittlungsrichter definitiv von der Anklage wegen Beihilfe zur Unterschlagung im Amt frei.
    Wenige Wochen vor meiner Verhaftung hatte ich Curti Giardina aufgesucht, um Informationen zu laufenden Ermittlungen einzuholen. Noch heute, zwanzig Jahre später, erinnere ich mich an seine Worte: »Journalisten wie Sie sind fast so etwas wie Schnüffler.«
    Es gibt viele Möglichkeiten, Journalisten, die über die Mafia schreiben, zum Schweigen zu bringen. Und nicht immer geht die Bedrohung von den Bossen aus. Manchmal erledigen auch andere die »Drecksarbeit«.
    92. Haben Fernsehserien wie La Piovra (Allein gegen die Mafia) mehr der Mafia oder mehr dem Ansehen Italiens geschadet?
    Wenn im Fernsehen oder im Kino Mafiafilme gezeigt werden, liegen in Italien bei einigen Leuten die Nerven blank. Ihre Sorge gilt mehr dem »guten Ruf« Italiens als dem, was den Italienern durch ihre Mafia angetan wird. Die Heuchelei ist ungeheuerlich. Jeder Roman und jeder Film dieses Genres löst bei diesen Leuten einen konditionierten Reflex aus.
    Alles begann mit
La Piovra
. 1984 drehte der Regisseur Damiano Damiani die erste Staffel der Serie mit einem brillanten Michele Placido als Kommissar Corrado Cattani.
La Piovra
brachte erstmals die mafiosen Machenschaften auf die Fernsehschirme: Finanzdelikte,

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