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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Teller.
    »Oh.« Margaret ließ den Blick ratlos durch den winzigen Raum wandern und deutete schließlich auf die Kleidertruhe.
    Die Frau presste die Lippen zusammen. »Sehr wohl, Mʼlady«, murmelte sie säuerlich, stellte den Teller mit lautem Klappern auf der Truhe ab und stieß Margaret dann so heftig den Krug in die Arme, dass das Wasser überschwappte und ihr Kleid nass wurde. Es war kaltes Wasser.
    »Denk bloß nicht, dass ich deine Dienerin bin«, sagte sie mit breitem irischen Akzent. »Ich habʼ das Zeug hier schon drei Treppen hochgeschleppt, also kommandierʼ mich gefälligst nicht auch noch rum!«
    »Das habʼ ich doch gar nicht!« Margaret biss sich auf die Lippen und stellte den schweren Krug selbst neben die Waschschüssel. Dann blickte sie sich um und sah, dass das Mädchen feixend ihr Bett betrachtete.
    »Ich hoffe, du kannst das auch besser … sonst wirst du keine Woche hier sein.«
    Margaret trat heran, um die Bettwäsche glatt zu streichen.
    »Und bleib nicht zu lange auf. Es ist schneller halb sechs, als du denkst.« Damit drehte das Mädchen sich auf dem Absatz um und verließ das Zimmer, den Kopf zurückgeworfen wie eine Herzogin, die soeben jemandem eine Abfuhr erteilt hatte.
    Margaret setzte sich auf den harten Stuhl und aß das Brot, den Käse und die sauren Gurken, die das Mädchen ihr heraufgebracht hatte. Dann betrachtete sie wieder das zerknitterte Bett und dachte, wie einladend es doch aussah. Sie war schrecklich müde, innerlich völlig ausgelaugt. Es war wahrscheinlich erst sechs oder sieben Uhr abends, doch die Flucht in den Schlaf erschien ihr mit einem Mal allzu verlockend. Sie stellte den Teller ab, stand auf, trat zum Bett und blieb abrupt stehen.
    Wie sollte sie sich allein ausziehen? Sie hätte daran denken sollen, bevor das spitznasige, scharfzüngige Mädchen wieder gegangen war. Allerdings hätte sie die patzige Person nur ungern um etwas gebeten.
    Nun, sie würde es auch so schaffen. So schwer konnte es schließlich nicht sein. Sie band sich die Schürze ab und hängte sie an den Haken. Dann nahm sie die Haube und die Perücke ab und legte sie neben das Bett, damit sie beides gleich bei der Hand hatte. Das locker fallende Kleid mit dem weiten Ausschnitt war kein Problem. Sie streifte es erst über die eine, dann über die andere Schulter, dann drehte sie es, sodass sie die wenigen Bänder auf dem Rücken leicht lösen konnte, ließ es herunterfallen und trat heraus. Na also, da war doch nichts dabei , dachte sie. Und da hatte Joan angedeutet, dass Margaret ohne sie hilflos sein würde! Ha !
    Jetzt trug sie nur noch Korsett und Strümpfe. Es war schwierig, sich nach vorn zu beugen, solange sie das Korsett noch anhatte, da die starren Fischbeinstäbe zwischen ihren Brüsten begannen und bis zum Unterbauch reichten. Es gelang ihr, die Bänder zu lösen, mit denen die Strümpfe über den Knien befestigt waren. Dann musste sie das Bein anheben, um die Strümpfe herunterzurollen. Danach setzte sie sich hin, völlig außer Atem, weil das Vorbeugen im Korsett ihr die Luft abgeschnürt hatte.
    Sie putzte sich flüchtig die Zähne, wusch sich Gesicht und Hände mit kaltem Wasser und trocknete sie mit dem Handtuch ab, das die Haushälterin ihr gegeben hatte. Dann stellte sie die Kerze auf das kleine Nachttischchen, schlug die Bettdecke zurück und legte sich hin. Sie trug noch immer das Korsett und ein feines Baumwollunterhemd. Sie blickte kurz auf die Perücke, die als Lockenhäufchen auf dem Boden lag. Was, wenn jemand hereinkam? Die Tür hatte kein Schloss. Andererseits wollte sie auf keinen Fall mit der warmen, juckenden Perücke schlafen. Stattdessen setzte sie die Haube auf und stopfte ihr blondes Haar darunter. Das musste genügen. Sie blies die Kerze aus.
    Obwohl sie körperlich und seelisch völlig erschöpft war, warf sie sich ruhelos hin und her, machte sich Sorgen über ihre Zukunft, grübelte, wie ihre Mutter wohl auf ihre Flucht reagiert hatte und was im Moment in Berkeley Square geschah … bis endlich, endlich, der Schlaf sie überwältigte.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
7

    Das Erste, was eine Haushälterin ein neues Mädchen ­lehren
muss, ist, eine Kerze senkrecht zu halten. Sodann gilt es, ihr
all jene Anweisungen begreiflich zu machen, die mit ihrer ­Stellung
zu tun haben, wie zum Beispiel die korrekte Verwendung der
Bürsten und Besen, sodass kein Schaden angerichtet wird.
    The Housekeeping Book of Susanna Whatman,
Maidstone 1776
    Es klopfte. Wer um alles in

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