Die Maggan-Kopie
dieser Situation möglich war. „Innerhalb einiger Stunden hatte ich eine neue Niere. Stell dir das vor! A n dere warten Jahre darauf. Ich begann nachzuforschen. Und ... kurz gesagt: Ich fand Svenja. Sie nannten sie K-Delta X2. Von ihr stammt meine Niere. ... Stell dir das mal vor. Sie klonen Menschen, damit reiche Schnösel wie ich, im Notfall ein perfekt passendes Ersatzteil haben.“
Mercedes nickte sprachlos mit dem Kopf.
„Irgendwann musste es ja soweit sein“, flüsterte sie.
„Ich konnte sie doch nicht dort lassen.“ Maggan war erschöpft.
„Wie kann ich euch helfen?“, fragte Mercedes besorgt.
„Ich weiß auch nicht. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen.“
„Wenn du Geld brauchst, dann gebe ich dir, was ich habe. Wir haben uns doch versprochen immer füreinander da zu sein.“
„Danke. Ich bin froh, dich als Freundin zu haben. Ich wüsste nicht, an wen ich mich sonst wenden kön n te. Wir sind wie Schwestern, seit ich in Karlskoga wohne.“
„Ja, ich bin deine Freundin. Ich werde dir helfen, wenn ich kann. Aber nun trinkt erst einmal etwas.“
„Möchtet Ihr etwas essen?“
„Nein“, erwiderte Maggan.
„Und du, Svenja?“ Svenja schüttelte den Kopf. Sie hatte sich wie ein kleines Kind in einer Ecke der Couch zusammengerollt und lutschte an einem Daumen. Mercedes deckte sie mit einer Wolldecke zu. Sie schlief fast im se l ben Moment ein. Maggan und Mercedes tranken den Kaffee und saßen fast die ganze Nacht auf der Couch. Maggan wusste nicht so recht, was sie Mercedes sagen sollte. Doch sie erzählte ihr noch einmal ganz ausführlich von ihrem Unfall, der Nierentransplantation und wie sie Svenja befreit ha t te.
„Das hört sich ja an, wie in einem Science Fiction Roman“, stieß Mercedes verblüfft hervor.
„Doch hier seid ihr vorerst sicher. Schlafen wir erst einmal aus und überlegen uns morgen, wie wir vorg e hen sollten.“
Maggan hatte eine unruhige Nacht. Sie träumte immer wieder von ihrem Sturz in die Tiefe. Sie fiel und fiel und landete plötzlich in diesem unterirdischen Lab y rinth, umringt von bleichen Gestalten, die ihre Hände nach ihr au s streckten und etwas murmelten. Sie wollte wegrennen, doch plötzlich stand ihr Vater hinter ihr und Harry und Kenny. Und sie lachten über sie, weil sie re n nen wollte und nicht aus dem Berg von Leichen herauskam. Sie wühlte sich durch die Leichen, wie ein Ertrinkender durch einen See voller Schlingpfla n zen. Und plötzlich stand sie in Messlingen in der Hütte. Sie war achtzehn und Mercedes stand draußen auf der Wiese. Sie trug ein langes Kleid und einen Strohhut und lachte glücklich. Die Sonne schien. Maggan streckte die Hände nach ihr aus, doch das Licht wurde immer heller und heller, wie in einer übe r belichteten Fotografie, bis alles weiß war. Dann wachte sie auf. Mercedes’ Lachen hallte noch in ihren O h ren wider.
Sie lag auf der Couch und hatte Svenja im Arm. Die Sonne schien durchs Fenster und blendete sie. Aus der Küche hörte sie Geschirrklappern. Es war Mercedes. Mit einem Tablett voller Tassen, Teller und jeder Menge leckerer Köstlichkeiten trat sie in den Raum. Sie stellte alles auf den großen, runden Es s zimmertisch.
„Ich hoffe ihr habt großen Hunger. Ich habe Pfannkuchen gebacken und fr i sche Hörnchen mit Butter und Marmelade“, lächelte sie ungezwungen ihre beiden Gäste an, die noch recht verschlafen auf der Couch l a gen.
„Wie spät ist es?“, fragte Maggan und rieb sich den Schlaf aus den A u gen.
„Gegen Mittag.“ Mercedes lachte. Maggan saß schlagartig au f recht.
„Verdammt. Wir müssen weiter!“
„Nun mal langsam, Maggan, Schatz. Hier seid ihr sicher. Ich bin eine unbedeutende Künstlerin. Ni e mand wird jemanden, der Landschaftsaquarelle malt, mit der Tochter von Rune Svenson in Verbindung bringen.“
„Doch. Mein Vater kennt dich“, erwiderte Maggan.
„Er kennt viele Leute. Er wird sich sicher nicht an ein kleines, dickes, sommersprossiges Mädchen e r innern. Essen wir erst einmal etwas.“
Es duftete verlockend.
„Ich habe Hunger“, erklärte Svenja und schaute Maggan an, als wartete sie auf die Erlaubnis, sich an den Tisch setzen zu dürfen. Maggan fuhr sich mit den Fi n gern durchs Haar. Sie fühlte sich verschwitzt.
„Okay, essen wir etwas, und dann würde ich gern duschen.“
„Na also“, freute sich Mercedes.
Maggan lächelte. Es war so schön wieder bei der Freundin zu sein. Sie ha t ten sich in letzter Zeit etwas aus den Augen verloren.
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